Sonntag, 9. November 2025

Belém als Chance: Beim Klimaschutz muss die Weltgemeinschaft jetzt dranbleiben

RND hier   Kommentar von Andrea Barthélémy 07.11.2025, 

Warum der Klimaschutz-Gipfel in Belém neue Impulse setzen muss
Der Klimawandel schreitet weltweit voran, doch beim Klimaschutz gibt es vielerorts eine Rolle rückwärts. Der Gipfel im Amazonasgebiet kann neue Impulse geben - weil er die drohenden Gefahren greifbar macht.
 
Ja, auch der Klimaschutz erlebt eine Zeitenwende - speziell seit Anfang des Jahres, als sich die USA unter Donald Trump erneut aus dem Pariser Klimaabkommen verabschiedet haben. Gültig wird der Austritt zwar erst im Januar. Doch die Milliarden-Investitionen seines Vorgängers Joe Biden in nachhaltige Energieformen hat Trump längst gestoppt und unter der Devise „Drill Baby Drill“ die Rückkehr zu Gas und Öl ausgerufen.

Auch durch diesen Kurswechsel wird es immer schwieriger, das 1,5-Grad-Ziel beim Temperaturanstieg bis zum Ende des Jahrhunderts einzuhalten. Schließlich sind die USA der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen. Tun wir jedoch nicht deutlich mehr als bisher, wird es 2,8 Grad wärmer werden, warnte jetzt ein UN-Bericht.

Belém bietet eine Chance

Dennoch liegt eine Chance in dem diesjährigen Klimagipfel, zu dessen vorgelagertem Treffen der Staats- und Regierungschefs auch der Bundeskanzler angereist ist. Denn die brasilianische Stadt Belém bietet einen völlig anderen Schauplatz als die beiden vorhergehenden Klimagipfel, die in den Erdölländern Saudi-Arabien und Aserbaidschan stattfanden. Allein der Ort Belém, umgeben von tropischem Regenwald, ist wie gemacht dafür, um Perspektiven zu erweitern.

50.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden dort vor Ort sein. Auch Tausende Indigene, die für den Bestand des bedrohten Ökosystems Regenwald kämpfen. Denn der ist nicht nur ihr angestammter Lebensraum und ein wichtiger weltweiter Treibhausgas-Speicher, sondern auch wohl der nächste Kipppunkt beim Weltklima. Mit einem neuen Milliardenfonds, in den neben staatlichen auch private Gelder fließen sollen, will Brasiliens Präsident Lula den Erhalt des Regenwalds langfristig sichern. Das ist ein erfreuliches, innovatives Werkzeug - und auch Deutschland wird seinen Beitrag dazu leisten.

Noch mehr Zusammenarbeit ist nötig

Auch um die weltweite Klimafinanzierung müssen die Beteiligten in Belém ringen. Denn schon jetzt ist klar, dass die bisher gesammelten Gelder für die Ausgleichszahlungen an die Länder, die vom Klimawandel besonders betroffen sind, längst nicht ausreichen. Zentral wird es in den nächsten zwei Wochen deshalb sein, den Multilateralismus wieder zu stärken. Denn wenn sich immer mehr Staaten aus der weltweiten Verantwortungsgemeinschaft zurückziehen, sieht es schlecht aus.

Eine Zwitterrolle spielt hier China - es macht immense Fortschritte bei erneuerbaren Energien und E-Mobilität, aber baut gleichzeitig viele neue Kohlekraftwerke. Dabei war schon vor zwei Jahren auf dem Gipfel in Dubai der schrittweise Ausstieg aus den fossilen Energien beschlossen worden. Dies global tatsächlich umzusetzen, wird weitaus schwieriger werden, als ein weiterer Beschluss aus Dubai: Die Erneuerbaren bis 2030 zu verdreifachen und ihre Effizienz zu verdoppeln. Hier zumindest ist man unterwegs.

Dranbleiben und Weiterverhandeln ist beim Klimaschutz deshalb die Devise. Eine Alternative gibt es nicht.



Euronews hier  Von Hannah Docter Loeb   07/11/2025 

COP30: Was steckt dahinter, warum ist sie wichtig und wer kommt zur UN-Klimakonferenz in diesem Jahr

Die jährliche Klimakonferenz findet in diesem Jahr vom zehnten bis zum einundzwanzigsten November in Belém in Brasilien statt.
Zehntausende werden sich in Belém, Brasilien, zur COP30 versammeln, der jährlichen Klimakonferenz der UN.

Der Druck ist groß: Hinter uns liegt eines der wärmsten Jahre seit Messbeginn, mit zahllosen Extremwettern und nie dagewesener Eisschmelze. Die UN warnt, die Emissionen ließen die globale Erwärmung sehr wahrscheinlich binnen des nächsten Jahrzehnts die Marke von 1,5 °C überschreiten.

In diesem Jahr fehlen Delegierte eines der größten Treibhausgasemittenten der Welt: der Vereinigten Staaten. Präsident Donald Trump leitete an seinem ersten Amtstag im Januar 2025 den Austritt des Landes aus dem Pariser Abkommen ein, das er als „Abzocke“ bezeichnete. Der formelle Austritt erfolgt im Januar.

Das müssen Sie über den Gipfel wissen
 
Was ist die COP30?
  • COP steht für „Conference of the Parties“, die Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC). Es ist die dreißigste Auflage, daher COP30. 
  • Der UN-Gipfel bringt Staats- und Regierungschefs, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Nichtregierungsorganisationen und andere Akteure zusammen, um über den weltweiten Klimaschutz zu beraten. 
  • Die diesjährige Konferenz markiert zehn Jahre seit der Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens auf der COP21. Damals verpflichteten sich knapp zweihundert Staaten, die Erderwärmung auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. 
Wann ist die COP30?
  • Das diesjährige Treffen findet vom zehnten bis zum einundzwanzigsten November statt. 
  • Die Staats- und Regierungschefs kommen am sechsten und siebten November im Rahmen des World Leaders Climate Action Summit zusammen. Das ist eine Vorphase, in der sich Staatsoberhäupter treffen können, bevor die eigentlichen Verhandlungen beginnen. 
  • Die Gespräche laufen bis zum einundzwanzigsten November. Oft zieht es sich jedoch, sodass der Gipfel überzieht. Die COP29 in Baku, Aserbaidschan, endete vergangenes Jahr offiziell 35 Stunden nach dem geplanten Schluss. 
  • Die längste Überziehung gab es bei der COP25 in Madrid im Jahr 2019: mehr als 40 Stunden.
Wo findet die COP30 statt?
  • Die COP30 ist in Belém, Brasilien. In Südamerika tagte die Konferenz schon, in Brasilien noch nie. Erstmals kommen die Delegationen zudem im Amazonas-Regenwald zusammen.

  • Die brasilianischen Organisatoren nennen die Konferenz „die Wald-COP“, und Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat dieses Jahr als „COP der Wahrheit“ ausgerufen.

Warum ist dieses Jahr so umstritten?

  • Der Ort wurde bewusst gewählt, damit Staats- und Regierungschefs „der Klimakrise direkt ins Auge sehen“, sagt der designierte COP30-Präsident André Corrêa do Lago. Belém liegt am Rand des Amazonas-Regenwalds, einer Region, die durch Klimawandel und Abholzung bedroht ist.
  • Die Stadt selbst ist hochgradig verwundbar: vierzig Prozent von ihr liegen unter dem Meeresspiegel, und die Mehrheit der Menschen lebt an Straßen ohne Bäume. Belém zählt zudem zu den ärmsten Regionen Brasiliens; die meisten seiner 2,5 Millionen Einwohner leben in Favelas.
Trotz zwei Jahren Vorlauf, um die Stadt auf den Gästeansturm vorzubereiten, gibt es Klagen über zu wenig bezahlbare Unterkünfte vor dem Gipfel. Einige Vermieter sollen Bewohnerinnen und Bewohner verdrängt haben, um mit COP30-Gästen Geld zu verdienen.
  • Anfang des Jahres sorgte zudem der Vorwurf für Ärger, ein Teil des Regenwalds sei für eine Straße gerodet worden, um den Zugang für die Verhandlungen zu verbessern. COP30-Verantwortliche bestritten, dass das Infrastrukturprojekt mit der Konferenz zusammenhängt.
  • Die brasilianische Regierung genehmigte kürzlich auch Ölbohrungen nahe dem Amazonas. Das stellt die Klimaglaubwürdigkeit des Landes vor dem Gipfel infrage.

Wer ist bei der COP30 dabei?

  • Stand Samstag, dem zweiten November, hatten weniger als 60 Staats- und Regierungschefs ihre Teilnahme an der diesjährigen Konferenz bestätigt. Das sind weniger als in früheren Jahren; zur COP29 in Baku, Aserbaidschan, reisten vergangenes Jahr rund 100 an.

  • EU-Ratspräsident António Costa und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sind in Belém angekommen und sprachen in der Sitzung am Donnerstag. Auch der britische Premierminister Sir Keir Starmer und Prinz William (im Auftrag von König Charles) sind vor Ort. Weitere europäische Staats- und Regierungschefs sind Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz.
  • US-Präsident Donald Trump wird nicht teilnehmen, wenig überraschend nach seinen jüngsten Äußerungen, der Klimawandel sei „der größte Betrug“. Hochrangige Vertreter schickt er ebenfalls nicht. Die USA werden das Pariser Abkommen im Januar 2026 offiziell verlassen.

  • Chinas Präsident Xi Jinping reist ebenfalls nicht an, entsendet aber eine Delegation.

Worüber wird gesprochen?

  • Die COP30 findet zehn Jahre nach dem Pariser Abkommen statt – an einem entscheidenden Punkt für die Klimapläne der Unterzeichner. Ein Kernelement des Vertrags sind die national festgelegten Beiträge (NDCs), die alle fünf Jahre aktualisiert werden und festhalten, wie Staaten Emissionen senken und sich an den Klimawandel anpassen wollen.

  • Bis Februar sollten die NDCs für 2035 eingereicht werden, doch 95 Prozent der Regierungen verpassten die Frist. Danach empfahl man eine Einreichung bis Ende September. Trotzdem brachten nur 60 Parteien, die 63 Prozent der globalen Emissionen abdecken, ihre Pläne rechtzeitig ein. Die EU hat ihre Reduktionsziele diese Woche finalisiert.
  • Diese Einreichungen waren wohl die größte Hürde vor dem Gipfel. Wie ehrgeizig die Pläne sind, dürfte zu den Maßstäben seines Erfolgs in diesem Jahr zählen.
  • Eine Analyse des UN-Umweltprogramms (UNEP) vor der COP30 zeigt, dass das Pariser Abkommen zwar wirkt, aber breiteres Handeln nötig ist, um die Klimakrise zu verlangsamen.
  • „In Belém müssen die Staats- und Regierungschefs eine entschlossene globale Antwort auf diese Lücke vereinbaren“, sagt Melanie Robinson, Direktorin für Klima, Wirtschaft und Finanzen am World Resources Institute.
  • In Belém geht es darum, welche Anstrengungen nötig sind, um die globale Erwärmung zu begrenzen, welche neuen NDCs in diesem Jahr eingereicht wurden und wie es mit den Zusagen vom Vorjahresgipfel vorangeht.

Weitere Schwerpunkte sind Klimaanpassung, Ozeane, Finanzierung, fossile Energien und Wälder.

Zum Start der Gespräche ist die Botschaft klar: Die Zeit läuft davon, es braucht dringend Taten. Und die Abwesenheit der USA lässt für die Klimapolitik nichts Gutes erwarten.

„Das Zeitfenster, das wir zum Handeln haben, schließt sich rasch“, sagte Lula in einer Rede. „Extremistische Kräfte erfinden Unwahrheiten, um sich Wahlvorteile zu sichern, und zwingen künftige Generationen in ein überholtes Modell, das soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten sowie Umweltzerstörung fortschreibt.“

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