Mittwoch, 19. November 2025

"Es geht um den Schutz der tropischen Regenwälder, der Lunge unserer Welt"

Zeit hier  20. November 2025,Quelle: DIE ZEIT, AFP, dpa, Reuters, vsp

UN-Klimagipfel: Deutschland gibt eine Milliarde Euro zum Schutz der Regenwälder


Der neue Waldfonds TFFF belohnt Länder, die ihre Regenwälder schützen. Brasilien hat das Projekt gestartet – und nun auch die Bundesregierung als Unterstützer gewonnen.

Die Bundesregierung hat bei der UN-Klimakonferenz in Brasilien eine Milliarde Euro für einen neuen Fonds zum Schutz des Regenwalds zugesagt. Deutschland werde sich in den kommenden zehn Jahren mit dieser Summe beteiligen, teilten Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) und Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) am Mittwochabend im brasilianischen Belém mit. "Es geht um den Schutz der tropischen Regenwälder, der Lunge unserer Welt", sagten beide SPD-Politiker. 

Der Fonds namens Tropical Forest Forever Facility (TFFF) belohnt Länder finanziell, die ihre Regenwälder erhalten. Es ist ein neuartiger Finanzierungsmechanismus, den Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva im Vorfeld der UN-Klimakonferenz COP30 in Belém gestartet und Länder zum Mitmachen aufgefordert hatte.

Die brasilianische Umweltministerin Marina Silva reagierte erfreut auf die Ankündigung. Deutschlands Zusage zeige, dass es sich beim TFFF um ein "sehr gut konzipiertes, sehr gut strukturiertes Instrument" für den Klimaschutz handele, sagte sie in Belém.

Der Fonds sammelt bei Staaten Geld
Der TFFF funktioniert wie ein traditioneller Investmentfonds, mit Renditen zwischen vier und 5,5 Prozent, wobei ein Teil der Erträge an Regenwaldländer fließt. Diese erhalten vier Dollar pro Hektar geschützter Vegetation.

Für den Fonds werden insgesamt 125 Milliarden Dollar angestrebt. Brasilien selbst hat bereits eine Milliarde Dollar zugesagt, ebenso Indonesien. Portugal will eine Million Euro mobilisieren. Der Fonds hat bisher 47 politische Unterstützer, darunter neben Deutschland auch Großbritannien, China, Frankreich und die EU. Brasiliens Finanzminister Fernando Haddad hatte am Montag erklärt, das Ziel sei es, während der COP30 zehn Milliarden Dollar zu erreichen.

Wie viel Geld Deutschland genau geben würde, war mit Spannung erwartet worden. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte bei seinem Kurzbesuch in Brasilien zunächst nur eine "namhafte Summe" angekündigt, ohne konkrete Zahlen zu nennen. 

Wer den Wald erhält, wird belohnt
Für Brasiliens Regierung ist der neue Waldschutzfonds ein Prestigeprojekt, dem sie als Gastgeber der UN-Konferenz öffentlichkeitswirksam zum Erfolg verhelfen will. Länder, die ihre Wälder erhalten, sollen nach dem neuartigen Modell belohnt werden. Umgekehrt sollen sie für jeden zerstörten Hektar Wald Strafe zahlen. Überprüft würde dies mit Satellitenbildern. 

Regenwälder sind für den Klima- und Artenschutz sehr wichtig, da sie große Mengen klimaschädlicher Treibhausgase binden, das Klima durch Verdunstung von Wasser kühlen und zudem Heimat sehr vieler Tier- und Pflanzenarten sind. Sie sind vielerorts von Abholzung bedroht, um Agrar- oder Weideflächen zu schaffen oder Gold zu schürfen.


Süddeutsche Zeitung hier 
Von Michael Bauchmüller, Belém

Deutschland gibt eine Milliarde Euro für den Regenwaldfonds

Seit den Äußerungen des Kanzlers zu Belém ist der Ruf Deutschlands beim Klimagipfel angeschlagen. Ein Beitrag zu Brasiliens Waldfonds könnte helfen, ihn zu reparieren. Doch andere Baustellen der Konferenz bleiben.

„Namhaft“, so hatte der Kanzler das genannt. Namhaft sollte der deutsche Beitrag zum Tropenfonds Brasiliens sein. Was dieses Wort bedeutet oder wie es sich vernünftig ins Englische übersetzen lässt, blieb nach Merz' Auftritt bei der Klimakonferenz in Belém knapp zwei Wochen lang ein Rätsel - bis jetzt. Eine Milliarde Euro, so wurde am Mittwochabend bekannt, wird Deutschland zum Fonds beitragen.

Vielleicht kann das helfen, den angeschlagenen Ruf Berlins zu reparieren. Denn seit Friedrich Merz bei einer Handelskonferenz ausgerechnet Belém („diesen Ort, an dem wir da waren“) hernahm, um im Vergleich die Schönheit Deutschlands zu unterstreichen, sind die brasilianischen Gastgeber nicht mehr ganz so gut auf ihn zu sprechen.

Die Milliarde, die Deutschland über die nächsten zehn Jahre bereitstellen will, fließt nicht direkt in den Schutz des Regenwalds. Sie geht in den Tropenwald-Fonds TFFF, den Brasiliens Präsident Luiz Ignacío Lula da Silva zu Beginn der Konferenz offiziell gegründet hat. Der Plan: Private und öffentliche Geldgeber zahlen gemeinsam 125 Milliarden Dollar in den Fonds ein, der mit diesen Mitteln arbeitet.

Die Rendite wiederum soll teils an die Investoren gehen, teils in den Schutz des Regenwalds fließen. Konkret sollen die Besitzer von Waldflächen, unter ihnen oft Indigene, für den Erhalt des Tropenwaldes entlohnt werden. Bisher hatte Lula gut fünf Milliarden Dollar an öffentlichen Mitteln einsammeln können. Nach seinem Plan sollen sie auf 25 Milliarden Dollar anwachsen. Umgerechnet in Dollars kämen aus Deutschland nun weitere 1,15 Milliarden hinzu.

Anders als erwartet wurde der Beitrag nicht von Deutschland verkündet, sondern von Lula selbst und seiner Umweltministerin Marina Silva - wohl auch, um das Gastgeberland wieder freundlicher zu stimmen. Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) hat derzeit alle Hände voll zu tun, die Wogen dort zu glätten.

Ein anderer Plan Brasiliens ging allerdings nicht auf. Lulas Anwesenheit sollte ursprünglich dabei helfen, die größten Streitpunkte der Konferenz bereits am Mittwoch zu lösen - obwohl die Konferenz offiziell bis Freitag laufen soll. Doch zunehmend kristallisieren sich Konflikte heraus, die nicht so einfach und schon gar nicht so schnell zu lösen sind.

Die nächste Klimakonferenz leitet Australien - in der Türkei
So verlangt eine Allianz von mittlerweile mehr als 80 Staaten einen Fahrplan für den Ausstieg aus fossiler Energie. Die Einigung der Klimakonferenz in Dubai vor zwei Jahren, sich von Kohle, Öl und Gas „wegzubewegen“, würde damit etwas konkreter. Allerdings sind 80 Staaten noch nicht die ganze Welt - und eine Klimakonferenz entscheidet stets einstimmig.

Daneben steht eine Reihe offener Finanzierungsfragen - etwa jene, wie viele Mittel künftig für ärmere Länder bereitstehen sollen, damit diese die Folgen des Klimawandels abfedern können. Ebenso unklar ist, wie groß der Kreis der Länder ist, die dieses Geld künftig aufbringen sollen. Bis vergangene Nacht lagen zu all diesen Fragen noch nicht einmal neue Textvorschläge vor. Die Frist, die sich die brasilianische Präsidentschaft der COP selbst dafür gesetzt hatte, war damit schon um fast 24 Stunden überschritten.

Ein anderer, sehr heikler Streit scheint dagegen nun beigelegt: der um den Austragungsort der nächsten Klimakonferenz. Sowohl die Türkei als auch Australien hatten sich beworben, keiner von beiden wollte nachgeben. Nach UN-Regularien wechselt die Ausrichtung reihum zwischen den Staatengruppen. Im kommenden Jahr ist die Gruppe der westeuropäischen Staaten dran, zu der sowohl die Türkei als auch Australien gehören.

Am Mittwoch einigte sich die Staatengruppe nach Angaben aus Verhandlungskreisen auf einen salomonischen Kompromiss: Der Ausrichtungsort werde zwar die Türkei sein, die Präsidentschaft aber übernehme Australien. Hätte sich dieser Konflikt nicht lösen lassen, hätte es nur einen Ausweg gegeben: Als Sitz des Klimasekretariats hätte wohl Deutschland die Ausrichtung der COP 31 übernehmen müssen.

Tagesspiegel  hier  20.11.25

Kampf gegen Klimawandel: Brasilien: Deutschland gibt eine Milliarde für Tropenfonds

Regenwälder sind extrem wichtig für das Weltklima. Um sie zu schützen, soll ein neuer Geldtopf entstehen - nun ist endlich klar, wie viel Deutschland einzahlt.

Für einen neuen Fonds zum Schutz des Regenwalds stellt Deutschland eine Milliarde Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren bereit. Dies teilten Umweltminister Carsten Schneider und Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan auf der Weltklimakonferenz in Belém mit. „Es geht um den Schutz der tropischen Regenwälder, der Lunge unserer Welt“, erklärten beide SPD-Politiker. 

Zuvor hatte auch Brasiliens Umweltministerin Marina Silva über den Beitrag Deutschlands berichtet. Ihre Regierung hat den Tropenwaldfonds an den Start gebracht und alle Staaten zu Einzahlungen aufgerufen. 

Wie viel Geld Deutschland genau gibt, war mit Spannung erwartet worden. Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte bei seinem Kurzbesuch in Brasilien nur eine „namhafte Summe“ angekündigt, ohne aber konkreter zu werden. 

Regenwälder sind als „grüne Lungen der Erde“ wichtig, da sie große Mengen klimaschädlicher Treibhausgase binden, das Klima durch Verdunstung von Wasser kühlen und zudem Heimat sehr vieler Tier- und Pflanzenarten sind. Sie sind vielerorts von Abholzung bedroht, um Agrar- oder Weideflächen zu schaffen oder Gold zu schürfen. 

Fonds wichtig für den Gastgeber
Für Brasiliens Regierung ist der Fonds namens Tropical Forest Forever Facility (TFFF) ein Prestigeprojekt, dem sie als Gastgeber der UN-Konferenz öffentlichkeitswirksam zum Erfolg verhelfen will. Länder, die ihre Wälder erhalten, sollen nach dem neuartigen Modell belohnt werden. Umgekehrt sollen sie für jeden zerstörten Hektar Wald Strafe zahlen. Überprüft würde dies mit Satellitenbildern. 

Jährlich könnte der Fonds mit einem angestrebten Volumen von 125 Milliarden US-Dollar (etwa 108 Mrd. Euro) nach einiger Anlaufzeit rund vier Milliarden US-Dollar ausschütten – so schwebt es zumindest der brasilianischen Regierung vor. Das wäre fast das Dreifache des derzeitigen Volumens internationaler Wald-Finanzhilfen. 

Norwegen hat schon angekündigt, über zehn Jahre drei Milliarden US-Dollar in den Fonds einzuzahlen. Brasilien wird selbst eine Milliarde US-Dollar dazugeben, auch Indonesien will eine Milliarde einzahlen. Beide Länder haben große Tropenwälder. Zu den Gründungsmitgliedern gehören neben Brasilien auch Kolumbien, Ghana, die Demokratische Republik Kongo, Indonesien und Malaysia.

Die Leitung des Fonds übernimmt ein Exekutivrat aus 18 Ländern – je zur Hälfte Tropenwaldländer und Industriestaaten. Als Treuhänder springt zunächst die Weltbank ein. Gemäß den Richtlinien des Exekutivrats überweist sie die Gelder an Länder mit tropischen Wäldern; sie stellt dazu auch ein extra Sekretariat. 

Profitieren könnten gut 70 Entwicklungsstaaten
 Die Empfänger dürfen selbst entscheiden, wie genau das Geld verwendet wird. Eine wichtige Verpflichtung dabei ist aber, dass 20 Prozent speziell für indigene Völker und traditionelle Gemeinschaften bereitgestellt werden. 

In der ersten Novemberwoche, zum offiziellen Start, wurde die Initiative nach Angaben Brasiliens bereits von 53 Ländern unterstützt, darunter 19 potenziellen Staatsinvestoren. Nach den Vorstellungen Brasiliens sollen reiche Staaten freiwillig anfänglich 25 Milliarden US-Dollar einzahlen. Mit diesem Grundstock sollen dann in den nächsten Jahren weitere 100 Milliarden US-Dollar aus dem Privatsektor mobilisiert werden. Die Manager des Tropenwaldfonds sollen das Geld möglichst nachhaltig anlegen, Projekte mit fossilen Brennstoffen sind dabei tabu.

Greenpeace lobt deutsche Unterstützung
Der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, begrüßte die deutsche Unterstützung. Dieses politische Signal könne helfen, die COP30 zum Erfolg zu bringen. Minister Schneider sei es gelungen, die Irritation um die fehlende konkrete Zusage des Kanzlers aufzulösen. 

Kaiser forderte, den deutschen Beitrag mit klaren Bedingungen zu versehen. So dürfe das Geld, das der Investitionsfonds für den Waldschutz erwirtschaften soll, nicht aus Klima- und umweltschädlichen Investitionen kommen. „Die direkte Unterstützung der indigenen Gemeinschaften muss garantiert und der Schutz intakter Wälder besser abgesichert werden.“

© dpa-infocom, dpa:251119-930-315545/3

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