Petra Pinzler LinkedIn
Bildet Banden!
Ich habe darüber geschrieben, wie Klimaschutz in Zukunft doch noch funktionieren kann.
Trotzallem https://lnkd.in/dn4hEdea
Zeit hier Ein Kommentar von Petra Pinzler 23. November 2025
COP30: Diese Klimakonferenzen können wir uns sparen
Die COP bindet zu viel Zeit und Kraft – ein ökologischer Aufbruch wird von ihr auch künftig nicht ausgehen. Es gibt da aber etwas, was dem Klima wirklich helfen würde.
Bisher war es auf den Klimakonferenzen üblich, dass Regierungsvertreter immer kompliziertere Texte formulierten, die immer weniger mit der Wirklichkeit zu tun hatten. Das können sie für absehbare Zeit einfach sein lassen.
Es ist bitter, wenn etwas zu Ende geht. Vor allem dann, wenn das Ziel noch nicht erreicht ist
Genau das ist am Wochenende in Belém geschehen. Die internationale Klimapolitik, in der sich Regierungen einmal im Jahr auf einen Minimalkonsens zum Schutz der Atmosphäre geeinigt haben, ist Vergangenheit.
Zwar haben die Regierungen es auf der 30. Klimakonferenz in der brasilianischen Metropole gerade noch geschafft, den diplomatischen Eklat zu verhindern. Inhaltlich aber ist das, was dann verabschiedet wurde, meilenweit von dem entfernt, was nötig wäre. Jedenfalls dann, wenn man nicht will, dass sich das Klima weiter rasant erwärmt.
Deswegen hilft jetzt nur, das Problem neu zu betrachten – und die Lösung anders zu organisieren. Und das wiederum wäre, so unwahrscheinlich das klingt, tatsächlich möglich. Die Bundesregierung und unsere Verbündeten müssten nur die Mechanismen der Weltpolitik anders nutzen.
Es gibt zwei kalte Arten von Macht: die der Anbieter und die der Kunden. Die erste Variante kennt man von der Tankstelle und der Opec. Erhöht das Kartell der Petrostaaten den Ölpreis, zittern weltweit die Autofahrer und alle, die den Stoff fürs Heizen des warmen Wohnzimmers brauchen. Die zweite Variante nutzt Donald Trump, indem er mit irren Zollforderungen viele Regierungen zu Bittstellern degradiert. Beides ist nicht nett. Beides gehört zu der Wirklichkeit, in der wir leben.
Es gibt noch eine dritte, eigentlich viel bessere Alternative. 30 Jahre lang haben die Regierungen auf Klimakonferenzen versucht, damit weiterzukommen: Mit Kooperation, guten Argumenten und langen Nachtschichten wollten sie den Öl- und Gasmarkt trockenlegen und die Welt aus der fossilen Abhängigkeit in ein neues klimafreundliches Zeitalter führen. Sie nannten das Ganze COP und es hat leidlich bis schlecht funktioniert. Leidlich, weil die globale Energiewende ohne diese Konferenzen längst nicht so weit wäre. Schlecht, weil der Wandel eben immer noch nicht schnell genug passiert, um den Anstieg der Temperaturen ausreichend zu bremsen.
Diese dritte Alternative ist nun am Wochenende endgültig an ein Ende gekommen. Die Petrostaaten haben jede Formulierung verhindert, die alle Staaten zu einem Ausstieg aus der fossilen Welt verpflichtet. Die Saudis blockierten hinter den Kulissen, die Amerikaner aus der Ferne und die Russen ganz öffentlich: Letztere haben dies zudem mit einem großen Maß an Verachtung getan. Der Satz, den die Russen Richtung Kolumbien adressierten, dokumentiert das perfekt. Sie sollten sich nicht wie Kinder verhalten, sagte der russische Vertreter zu seiner südamerikanischen Kollegin während des Abschlusspanels. Dabei hatte die nur inständig um mehr Engagement gebeten und noch mal an die Leidtragenden erinnert.
Eine Art Gegen-Opec der fossilen Konsumenten
Solche Klimakonferenzen braucht es künftig nicht mehr. Sie binden viel zu viel Zeit und Kraft. Bisher war es auf den Klimakonferenzen beispielsweise üblich, dass die Regierungsvertreter immer kompliziertere Texte formulierten, die immer weniger mit der Wirklichkeit zu tun hatten. Allein um die Formulierung, dass die Menschheit aus Gas und Öl aussteigen müsse, rangen hoch bezahlte Beamte tagelang. Das können sie für absehbare Zeit einfach sein lassen. Denn das sorgt nicht nur für Frust und Unverständnis in der Öffentlichkeit. Das wird auch so bald kein großes globales "Wir schaffen das" mehr erzeugen.
Wie denn auch?
Täglich zerfällt die Welt stärker in Blöcke,
bei denen die kurzfristigen Interessen weniger Machthaber
so viel dominanter sind als die langfristigen der Menschheit.
Das alles bedeutet nun allerdings nicht, dass die komplette internationale Klimapolitik mit diesem Wochenende Geschichte werden sollte. Im Gegenteil: Wo kollektive Prozesse versagen, braucht es künftig kleinere, schnelle Gruppen, die gemeinsam etwas tun. Und zwar ganz praktisch. Schließlich, auch das muss man in diesen Tagen betonen, geht die Klimakrise ja nicht weg, nur weil Saudis foul spielen.
Der Zeitpunkt könnte günstiger nicht sein
Die Alternative zu den ritualisierten Klimakonferenzen ist ganz einfach: Die Kunden der fossilen Brennstoffe müssen sich besser organisieren. Sie müssen nicht wie Trump auftreten. Aber eine Art Gegen-Opec könnten sie schon bilden.
Oder alternativ: viele kleine Banden, die gemeinsam an unterschiedlichen Ideen arbeiten – die eines eint: Sie alle sollten den Ausstieg aus Öl und Gas und den Einstieg in die klimafreundliche Ökonomie beschleunigen.
Als Argument dafür braucht es längst nicht mehr nur die Ökologie, dabei helfen die Ökonomie und die Geopolitik. Denn wer morgen nicht mehr bei Putin, Trump und den Saudis einkauft, spart erstens viel Geld – allein die EU gibt jedes Jahr rund 400 Milliarden Euro für Öl und Gas aus. Und er ist zweitens politisch deutlich weniger erpressbar.
Der Zeitpunkt für so einen Shift könnte günstiger nicht sein: Schon heute sind erneuerbare Energien deutlich billiger als fossile, auch deswegen investieren Länder weltweit bereits mehr Geld in grüne Energieträger als in graue. Allerdings mangelt es in manchen Ländern noch am Know-how und an der Infrastruktur, um fossile Volkswirtschaften zu elektrischen zu machen. Da müssen Netze ertüchtigt und Batteriespeicher gebaut und die nationalen Lobbys der Gasindustrie entmachtet werden – auch in Deutschland ist das noch so.
Je mehr Regierungen begreifen,
wie sehr eine grüne Energiepolitik auch
ihren Außen- und Verteidigungsministern hilft,
desto mehr Innovationen wird es geben.
Und desto billiger und leichter wird die Transformation
Ganz nebenbei wird sie dann auch die Macht der Anbieter brechen, und zwar nicht nur die ökonomische, sondern auch ihre politische. Wenn Putin mit seinem Gas kein Geld mehr verdient, oder nur noch sehr wenig, schwindet auch seine Kriegsmacht.
Und die Klimakonferenzen selbst? Die können zu einer großen Börse für all diese Initiativen werden
Tatsächlich ist das auch diesmal schon passiert, es wurde nur wie in der Vergangenheit von diesem blöden Geschacher um die Abschlusserklärung überschattet. Aber in Belém wuchs die Gruppe der Länder, die CO₂-Märkte etablieren will. Es gab Initiativen, die Ländern beim Ausbau der Stromnetze helfen, bei der Wiedervernässung der Moore und dem Schutz der Urwälder.
"Deutschland wird diese Initiativen unterstützen", sagte Umweltminister Carsten Schneider. Und tatsächlich ist Deutschland einer der wichtigen Treiber. Was nun fehlt, sind die politisch aufgeladenen und prominent besetzten Signale, dass man das muskelprotzende Gehabe der fossilen Mächte nicht mehr mitmacht.
Eine erste Gelegenheit gibt es im April in Kolumbien. Dort lädt die Regierung zu einer Transformationskonferenz. Wäre doch klasse, wenn die 80 Regierungen, die auch in Belém mehr wollten, dort hochrangig vertreten wären. Nicht um Trump und Putin den Mittelfinger zu zeigen, sondern um sie höflich daran zu erinnern: Ihr seid mächtig, aber ihr seid nicht die Welt. Und schon gar nicht die Zukunft. In jedem Ende steckt ein Anfang – klingt wie ein Spruch aus dem Poesiealbum. Es wäre doch schön, wenn er beim Kampf gegen die Klimakrise stimmt.

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