Umfrage in neuem Klimafaktenpapier: Der Wunsch nach ambitionierterer Klimapolitik ist weltweit offenbar immens
Das neue Klimafaktenpapier zeigt, wie nah wir an den größten Risiken sind und warum entschlossener Klimaschutz jetzt entscheidend ist. Die öffentliche Meinung gibt Anlass zur Hoffnung.
Klimafaktenpapier: hier
Es besteht noch Hoffnung, zumindest wenn es nach den Menschen geht. Die Mehrheit hat den Klimaschutz noch nicht aufgegeben. Trotz schleppender Politik fordern weltweit 89 Prozent der Bevölkerung von ihren Regierungen ambitionierte Klimamaßnahmen.
Das zeigt eine repräsentative Umfrage unter rund 130.000 Personen in 125 Ländern, berichtet Thomas Hickler, Vorstand des Deutschen Klima-Konsortiums (DKK) und Professor am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt.
Die Ergebnisse stammen aus dem neuesten Klimafaktenpapier, das am 4. November veröffentlicht wird.
Es wird von sechs führenden Organisationen
der Klimaforschung und -kommunikation vorgelegt,
kurz vor der diesjährigen UN-Klimakonferenz in Brasilien
(10. bis 21. November)
Es wird von sechs führenden Organisationen
der Klimaforschung und -kommunikation vorgelegt,
kurz vor der diesjährigen UN-Klimakonferenz in Brasilien
(10. bis 21. November)
Die Forschenden ziehen in dem Paper eine ernüchternde Bilanz: Das Klimasystem verändert sich massiv. Mehrere Indikatoren erreichten in diesem oder im vergangenen Jahr Rekordwerte.
Europa erwärmt sich am schnellsten
Seit fast 50 Jahren liegt jedes Jahr über dem Durchschnitt des 20. Jahrhunderts. Die zehn global wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen fielen alle in die letzten zehn Jahre – mit 2024 als jüngstem Rekordjahr.
Laut dem Copernicus-Klimadienst ist Europa der am schnellsten erwärmende Kontinent. Die Folgen sind deutlich spürbar, unter anderem in Form von zunehmenden extremen Wetterereignissen.
„Wir beobachten weltweit, dass Meer- und Festlandeis schrumpfen, der Meeresspiegel schneller steigt und Wetterextreme wie Hitzewellen, Dürren und Starkregen zunehmen“, sagt Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Die aktuelle Klimapolitik bleibt deutlich hinter den Zielen des Pariser Abkommens zurück: Die 1,5-Grad-Grenze wird nach wissenschaftlicher Einschätzung innerhalb des nächsten Jahrzehnts überschritten.
Erste Erfolge des Klimaschutzes
„Zwar sehe man auch die bisher erzielten Erfolge des Klimaschutzes, auf die es aufzubauen gilt“, betont Andreas Becker, Leiter der Abteilung Klimaüberwachung beim Deutschen Wetterdienst. Doch bei weiter steigenden Temperaturen erhöhen sich die Risiken abrupt, unumkehrbarer und sich selbst verstärkender Veränderungen. Kipppunkte im Erd- und Klimasystem könnten überschritten werden.
„Die tropischen Korallenriffe haben wir vermutlich bereits verloren“, sagt der Meteorologe Frank Böttcher, Veranstalter des Extrem-Wetter-Kongresses. „Spätestens ab 1,5 Grad Erwärmung betreten wir auch bei weiteren Kippelementen – etwa den Eisschilden auf Grönland und der Antarktis oder der Atlantischen Umwälzzirkulation – den Hochrisikobereich.“
t-online hier dpa Aktualisiert am 04.11.2025
Klimakrise: UN sieht Erde auf "Weg zu katastrophaler Erwärmung"
Noch streitet die internationale Gemeinschaft über das 1,5-Grad-Ziel. Doch laut UN ist die Klimakrise schon deutlich weiter vorangeschritten.
Wenige Tage vor dem Beginn der Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém hat das UN-Umweltprogramm (Unep) vor einer katastrophalen Erderwärmung angesichts unzureichender Klimaschutzanstrengungen gewarnt. Selbst bei Einhaltung aller gegenwärtigen Klimaschutzzusagen steuere die Erde auf eine folgenschwere Erwärmung von 2,3 bis 2,5 Grad bis zum Jahr 2100 zu, heißt es im sogenannten Emissions Gap Report, den das Unep am Dienstag veröffentlichte. Damit wächst der Druck auf die Verhandler in Belém.
Bei der Umsetzung der selbst gesetzten Klimaziele hapert es dem Unep-Bericht zufolge stark. Tatsächlich steuere sogar auf einen Anstieg der Durchschnittstemperatur um 2,8 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zu.
Im Pariser Klimaabkommen von 2015 ist vereinbart, dass die globale Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden soll. In der Klimawissenschaft herrscht Einigkeit, dass eine stärkere Erwärmung katastrophale Folgen wie immer häufigere und heftigere Stürme und längere Dürren nach sich zieht.
Klimakrise: 1,5-Grad-Ziel droht zu scheitern
Nach immer neuen Temperaturrekorden zeichnet sich allerdings ab, dass die 1,5-Grad-Grenze in den kommenden Jahren dauerhaft gerissen wird. Daher muss es bei den internationalen Klimaverhandlungen nun darum gehen, das Überschreiten der 1,5-Grenze zumindest so weit wie möglich einzudämmen.
Dafür müssten insbesondere die größten Verursacher ihre Treibhausgas-Emissionen schneller und stärker verringern als bislang zugesagt. Der Aufforderung, ihre nationalen Klimaziele nachzuschärfen, kamen bis zum Fristende Ende September aber nur gut 60 der mehr als 190 Staaten nach, die dem Pariser Abkommen beigetreten sind.
"Der Ehrgeiz und die Maßnahmen reichen nirgends auch nur annähernd an den global benötigten Umfang heran", kritisierte Klima-Expertin Anne Olhoff, die maßgeblich an dem Unep-Bericht beteiligt war. Damit sind Experten zufolge mehr und heftigere Extremwetterereignisse wie Stürme, Dürren und Überflutungen zu erwarten.
Treibhausgas-Emissionen steigen weiter
Zudem drohen sogenannte Klima-Kipppunkte erreicht zu werden, an denen eine weitere Beschleunigung des Klimawandels in Gang gesetzt wird. So ist die Erde durch ihre bisherige Erwärmung bereits zu warm für ein dauerhaftes Überleben der tropischen Korallenriffe geworden. Wenn die Erderwärmung nicht auf deutlich unter zwei Grad begrenzt wird, dürfte dies schwere und dauerhafte Folgen für die Eisschilde an den Polen und den Amazonas-Regenwalds haben.
Trotzdem nehmen die globalen Treibhausgas-Emissionen weiter zu – 2024 war es laut dem UN-Bericht ein deutlicher Anstieg um 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dazu trug vor allem Indien bei, gefolgt von China, Russland und Indonesien. Die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) waren laut Unep für drei Viertel der Emissionen verantwortlich, und von den sechs weltgrößten Emittenten reduzierte 2024 nur die EU ihren Treibhausgas-Ausstoß.
In Belém beraten am Donnerstag und Freitag Staats- und Regierungschefs, darunter auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), über die Klimakrise. Die eigentliche UN-Klimakonferenz (COP30) beginnt am Montag in der im Amazonas-Gebiet gelegenen Millionenstadt Belém.
Deutscher Wetterdienst LinkedIn
Aktuellstes Klimawissen: führende Organisationen der Klimaforschung und -kommunikation präsentieren aktualisiertes Klimafaktenpapier
Unumstrittenes Wissen zum Klimawandel allgemeinverständlich zusammengefasst – das bietet das Klimafaktenpapier.
🤝 Erarbeitet ist es von sechs führenden Organisationen der Klimaforschung und -kommunikation, um den aktuellen Forschungs- und Wissenstand zusammenzufassen. Dazu zählen das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, das Deutsches Klima-Konsortium e.V. (DKK), die Deutsche Meteorologische Gesellschaft, der Deutscher Wetterdienst, ExtremWetterKongress & DeutscheKlimaManagementTagung, Helmholtz KLIMA und klimafakten.de.
📄 Seit 2020 wird das Klimafaktenpapier erstellt und regelmäßig aktualisiert. Die neueste Ausgabe erscheint anlässlich der diesjährigen UN-Klimakonferenz.
Die Einschätzung von Studien-Co-Autor Andreas Becker: „Wir sehen seit Jahren die Auswirkungen des Klimawandels wie etwa eine Zunahme von extremen Wetterereignissen. Wir sehen aber auch die bisher erzielten Erfolge des Klimaschutzes, auf die es aufzubauen gilt. Jedes vermiedene Zehntelgrad Erderwärmung hilft und leistet nicht zuletzt einen Beitrag zur Reduzierung der andernfalls enormen Kosten der Klimaanpassung.“
🗣️ Erstmals enthält die Ausgabe 2025 neben naturwissenschaftlichen Daten auch Befunde aus den Sozialwissenschaften, um die Forderungen der Bevölkerung stärker sichtbar zu machen.
So ergab eine repräsentative Umfrage unter rund 130.000 Personen in 125 Ländern, dass sich weltweit 89 Prozent der Menschen von ihren Regierungen eine ambitionierte Klimapolitik wünschen.
So ergab eine repräsentative Umfrage unter rund 130.000 Personen in 125 Ländern, dass sich weltweit 89 Prozent der Menschen von ihren Regierungen eine ambitionierte Klimapolitik wünschen.
Basis des Klimafaktenpapiers sind Synthesereports, etwa der Sechste Sachstandsbericht des IPCC, ausgewählte Studien aus der begutachteten Forschungsliteratur und Beobachtungsdaten von wissenschaftlichen Monitoringdiensten, u. a. von den im DKK und im Helmholtz-Forschungsverbund zusammengeschlossenen Einrichtungen, von meteorologischen Institutionen wie der US-amerikanischen NOAA: National Oceanic & Atmospheric Administration, der World Meteorological Organization oder dem DWD.

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