Was passiert, wenn sich Deutschland komplett von der Atomkraft trennt? Die Bundesnetzagentur stellt nach einem Monat fest: so gut wie nichts. Saisonal bedingt schließen die Erneuerbaren die Lücke und werden diese bei planmäßigem Ausbau auch langfristig nicht wieder entstehen lassen.
Einen Monat nach der Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke sieht die Bundesnetzagentur kaum Auswirkungen auf dem Strommarkt. An der Börse seien keine Preissteigerungen festzustellen, Strom sei im Gegenteil sogar billiger geworden, sagte die Vizepräsidentin der Behörde, Barbie Kornelia Haller, dem Bayerischen Rundfunk. "Die Auswirkungen sind extrem gering", stellte sie fest.
Offensichtlich werde der Wegfall des deutschen Atomstroms überlagert von anderen Effekten, sagte Haller. So steige der Anteil erneuerbarer Energien im Frühjahr an. Ähnlich äußerte sich in dem Sender der Energieexperte Bruno Burger vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE). Im Vergleich zur gesamten Stromproduktion in Deutschland und Europa sei der Effekt der drei im April abgeschalteten Atomreaktoren so klein, dass er schwer zu erkennen sei.
Rund 30 Terawattstunden jährlich hätten die drei Atomkraftwerke produziert, rechnete Burger vor. Ein Drittel davon könne in diesem Jahr im Vergleich zum letzten eingespart werden, weil wegen der abklingenden Krise der Kernkraft in Frankreich nicht mehr so viel Strom dorthin exportiert werden müsse. Die verbleibenden 20 Terawattstunden werden nach der Prognose Burgers bereits im Laufe dieses Jahres vollständig durch erneuerbare Energien ersetzt, jeweils zur Hälfte durch den Zubau von Fotovoltaik und Windenergie. Ähnlich sei dies auch bei den vorherigen AKW-Abschaltungen gewesen.
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sieht damit CSU-Chef Markus Söder widerlegt, der mit Blick auf die AKW-Abschaltungen von massiven, drohenden Preissteigerungen gesprochen hatte. Nun zeige sich, dass es weder Auswirkungen auf den Preis noch auf die Versorgungssicherheit gebe, schrieb Haßelmann auf Twitter. "Ich fürchte, Markus Söder muss jetzt ganz stark sein", erklärte Ko-Fraktionschefin Katharina Dröge ebenfalls auf Twitter mit Blick auf die Angaben aus der Bundesnetzagentur.
Der Strommarkt im 1. Quartal 2023 hier
Großhandelsstrompreis gesunken
Im ersten Quartal des Jahres 2023 lag der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bei 49,6 Prozent. Der Stromverbrauch war insgesamt um 8,3 Prozent geringer als im Vorjahresquartal. Der durchschnittliche Großhandelsstrompreis lag mit 115,82 Euro/MWh unter dem Vorjahreswert. Im kommerziellen Außenhandel blieb Deutschland Nettoexporteur.
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