Donnerstag, 18. Mai 2023

Marokko: Wie Arganöl das Klima schützt

ZDF hier  von Mark Hugo  25.03.2023

Projekt mit deutscher Hilfe 

"Der Baum ist ein Schatz", singen die Frauen und zeigen dabei, wie Arganfrüchte geerntet werden. Erst, nachdem sie heruntergefallen sind, werden sie vom Boden aufgesammelt, denn zum Pflücken ist der Baum zu dicht und zu dornig. Was sie singen, meinen die Frauen sehr ernst, denn vom Arganbaum leben sie.

Sie alle kommen aus der Region Drarga bei Agadir und arbeiten in der Kooperative "Thighanimine El Baz". Khadija Zaakouk ist eine von ihnen. Nach ihrer Scheidung hat sie hier lesen und schreiben gelernt, erzählt sie. Jetzt hat sie ein stabiles Einkommen, kann die Ausbildung ihres Sohnes bezahlen und ihre Eltern unterstützen.

Arganbäume waren fast verschwunden

"Die Frauen können so Häuser bauen und Kleider für ihre Kinder kaufen", sagt auch Fatima Eddaroui und ergänzt mit einem Lächeln: "Und wir arbeiten hier an der frischen Luft."

Dass es so kam, ist dabei alles andere als selbstverständlich. Denn Arganöl hat im Südwesten des Landes zwar Tradition, allerdings war der nur hier heimische Baum bis 1990 nahezu ausgerottet.
"Man hatte den Wert des Arganbaums vergessen", erklärt Kaoutar El Rhaffouli, Expertin bei der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Marokko.
Damals glaubte man, dass eine intensive Landwirtschaft wichtiger sei - Obst und Gemüse für den Export.

Deshalb und wegen des immer trockeneren Klimas verschwand er mehr und mehr. Erst dann erkannte man, wie wertvoll der robuste Baum dabei ist. Denn die Wälder sind Lebensraum für Pflanzen, Insekten und Vögel.

Argan als Bollwerk gegen Wüstenbildung

Arganbäume wurzeln tief. Sie sammeln das Wasser und halten es in der Erde. "Das stabilisiert den Boden gegen Erosion und es erhält auch seine Fruchtbarkeit", so die GIZ-Expertin.

Die Bäume macht das zu einem Bollwerk gegen die fortschreitende Wüstenbildung. Daneben nehmen sie das Treibhausgas CO2 aus der Luft auf und speichern den Kohlenstoff jahrhundertelang.

In den 90er Jahre wurde deshalb wieder massiv aufgeforstet - auch mit Hilfe Deutschlands.


Und 1998 gelang es uns gemeinsam,
den Status 'Biosphärenreservat' für den Arganbaum bei der UNESCO durchzusetzen.
Kaoutar El Rhaffouli, GIZ


2,5 Millionen Hektar Wald stehen unter Schutz, eine Fläche, die größer ist als Mecklenburg-Vorpommern. Auch der Wald, in dem die Frauen der Kooperative ernten, gehört dazu.

Viel Handarbeit bei der Produktion des Arganöls

Der Prozess der Arganöl-Herstellung ist aufwändig: Das Fruchtfleisch wird mit der Hand entfernt, die Kerne werden aufgeklopft, die Samenplättchen herausgeholt. Erst dann kommen Maschinen zum Einsatz. Sie mahlen die Plättchen. Schließlich wird die Masse gepresst, bis das wertvolle Öl gewonnen ist.

Und das verkauft sich inzwischen gut - als Kosmetikprodukt für die Haut. In einer Variante, bei der die Samenplättchen geröstet werden, ist es fast überall auch als Speiseöl beliebt. Aus Sicht der GIZ eine Erfolgsgeschichte. Im Auftrag der Bundesregierung war sie nicht nur an der Aufforstung beteiligt, sondern hat auch die Kooperative Thighanimine ins Leben gerufen.

Hunderte Arbeitsplätze durch Wiederaufforstung gewonnen

Dort und in den sieben Tochter-Kooperativen arbeiten aktuell 456 Frauen. Neben Arganöl stellen sie zum Beispiel Couscous, Honig oder Kaktusfeigenöl her. Das Modell, beim Klima- und Umweltschutz auch einen Wert für die Menschen vor Ort zu schaffen, funktioniere auch anderswo auf der Welt, glaubt Kaoutar El Rhaffouli. "Mit anderen regionalen Produkten und Pflanzenarten."

Denn deutlich mehr Zusammenarbeit von reichen und ärmeren Ländern beim Klimaschutz hat vor wenigen Tagen auch der Weltklimarat gefordert. Viele hätten gar nicht die Ressourcen, "um sich im Klimawandel richtig aufzustellen, sich anzupassen", erklärt Prof. Hans-Otto Pörtner, Klimaforscher am Alfred-Wegener-Instituts (AWI) und Mitglied des Weltklimarates.

Deshalb sei es jetzt wichtig, Entwicklungsländer in die Lage zu versetzen, sich selbst nachhaltig aufzustellen, unter anderem durch den Transfer von Technologie und Know-how.

    Wir haben nur noch ein begrenztes Zeitfenster, um auf dieser Welt für die Natur,
für die nächsten Generationen eine lebenswerte Zukunft zu sichern.
Und die Verantwortung liegt bei der heutigen Generation.

Prof. Hans-Otto Pörtner, Mitglied des Weltklimarates


Die Frauen von Drarga arbeiten bereits daran - mit der Herstellung des nachhaltigen Öls. Und sie profitieren davon. Mit dem Arganbaum wollen sie selbst für immer eins sein. So jedenfalls singen sie es bei der Ernte in ihren Liedern.

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