Bei einer großangelegten Razzia durchsuchte die Polizei 15 Wohnungen und Geschäftsräume der Klimaschutzgruppe. Und das alles wegen ein bisschen Klebstoff. Ein Kommentar.
Es nervt, im Stau zu stehen. Besonders, wenn Menschen sich absichtlich an die Straße kleben, um diesen Stau zu provozieren. Eine Razzia gegen die Aktivisten der Letzten Generation als „richtiges Signal eines wehrhaften Rechtsstaates“ darzustellen, so wie es der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt macht, ist trotzdem falsch.
Es ist auch unrühmlich, Kunstwerke oder Bauwerke zu beschmieren. Aber ziviler Ungehorsam, der nicht nervt, auffällt und in einigen Fällen wehtut, ist keiner.
Dass einfache Demonstrationen in puncto Klimaschutz wenig bewegt haben, zeigt sich an den Demos von Fridays for Future. Durch Talkshow-Auftritte von Luisa Neubauer bleiben sie zwar im Gespräch. Aber den politischen Diskurs bewegen sie schon lange nicht mehr.
Die Letzte Generation geht jetzt einen Schritt weiter. Sie stört. Aber sie tut es mit Erfolg: die Öffentlichkeit diskutiert wieder.
Das Verkehrschaos verursacht Kosten, klar. Wirklich Sorgen machen sollten wir uns aber über die Kosten des Klimawandels. Und über die Folgen für unsere Wirtschaft, wenn sie den Sprung in die Nachhaltigkeit nicht schafft.
Dass sich Bundeskanzler Olaf Scholz hinstellt und die Aktionen als „bekloppt“ beschreibt, trägt auch nicht zu einem Diskurs auf Augenhöhe bei. Vor allem, da er sich im Wahlkampf selbst als der Klimakanzler hinstellte. Ist es nicht ein Widerspruch? Und wo bleibt der Respekt, den der Kanzler sonst einfordert?
Mündet der Respekt etwa in dieser Razzia? Das bayrische Landeskriminalamt (LKA) wirft sieben Mitgliedern die Bildung oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung vor. Die öffentlich bekannten Anhaltspunkte dafür sind eher dünn. Zur Last wird den Beschuldigten gelegt, dass sie eine Spendenkampagne auf der Webseite der Letzten Generation bewarben.
Zudem wirft das LKA zwei Aktivisten und Aktivistinnen den Versuch einer Sabotageaktion an der Ölpipeline Triest-Ingolstadt vor. Ob die Aktion allerdings im Namen der Letzten Generation geplant wurde, ist nicht bekannt.
Straftaten, wenn sie denn geplant waren, müssen geahndet werden. Das ist klar. So funktioniert ein Rechtsstaat. Eine bundesweite Razzia wegen überwiegend friedlichen zivilen Ungehorsams durchzuführen, hat aber nichts mit Rechtsstaatlichkeit zu tun. Haben wir nicht andere Probleme als ein paar Menschen, die sich an der Straße festkleben? Und Klebstoff bunkern?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen