Donnerstag, 11. Mai 2023

Erste Schritte gegen Methan

DER STANDARD - Klimaklartext <klimaklartext@email.derstandard.at>  hier 

Diese Woche ist in Straßburg etwas gelungen, das sich durchaus sehen lassen kann: Das EU-Parlament hat sich auf eine Verhandlungsposition zur Methanverordnung geeinigt und will den bisherigen Entwurf deutlich schärfen. Zum Beispiel fordern die Abgeordneten ein verbindliches Ziel für die Verringerung der Methanemissionen aller Sektoren. Außerdem sollen die neuen Regeln ab 2026 auch für Importe von Gas, Öl und Kohle gelten – weil die EU über 90 Prozent ihres Erdöl und Erdgases importiert, könnte das Gesetz ziemlich große Wirkung zeigen. Zuerst müssen Parlament und Rat sich allerdings einigen. Einfach werden diese Verhandlungen wohl nicht.

Es ist das erste Mal, dass der Methanausstoß in der EU reguliert werden soll – eigentlich absurd, immerhin geht es um das zweitwichtigste Treibhausgas. Über eine Zeitspanne von 20 Jahren erhitzt es die Welt 80 Mal stärker als CO2, ständig werden neue Rekordwerte gemessen. Doch der Druck einiger Gasverbände gegen neue Gesetze war stets groß. Eine Recherche rund um das Lobbying gegen die Methanverordnung haben wir vor kurzem veröffentlicht.  

Auch die USA arbeiten daran, den Methanausstoß zu senken. Präsident Joe Biden hat dazu mit seinem großen Klima- und Sozialpaket, dem Inflation Reduction Act, eine neue Steuer auf Methan eingeführt. Außerdem gibt es ein Programm, mit dem alte Bohrlöcher, aus denen Methan strömt, geschlossen werden sollen. Was es damit auf sich hat, hat mein Kollege David Rennert hier aufgeschrieben. 

Standard  hier  Alicia Prager  9. Mai 2023

EU ringt um neue Regeln gegen Methanausstoß

Nachdem sich der Rat auf einen laschen Kompromiss zur Methanverordnung geeinigt hat, stimmte am Dienstag das Parlament ab. Im Raum steht die Frage, ob das Gesetz auch für Importeure von Erdöl, Erdgas und Kohle gelten soll

Nie zuvor stieß die globale Energieindustrie so viel Methan aus wie in den vergangenen Jahren – verbindliche Regeln für Methanemissionen gibt es in der EU bislang aber nicht. Dabei hat das Treibhausgas über eine Zeitspanne von 20 Jahren eine über 80-mal stärkere Klimawirkung als CO2 und verursachte seit Beginn der industriellen Revolution rund 30 Prozent der Erderhitzung. Jetzt verhandelt die EU erstmals eine Verordnung, welche den Methanausstoß der Erdöl-, Erdgas- und Kohleindustrie drosseln soll.

Im vergangenen Dezember einigten sich die EU-Mitgliedsstaaten im Rat auf eine gemeinsame Position zu dem Entwurf, den zuvor die Kommission vorgelegt hatte. Mit ihrem Kompromiss weichten sie viele Kriterien allerdings so weit auf, dass die zuständige Energie-Kommissarin Kadri Simson warnte, die geforderten Änderungen könnten verhindern, dass das Ziel schnell erreicht werde.

Etwa forderten die Staaten größere Zeitfenster für die Suche nach Lecks sowie Ausnahmen für ein Verbot für das routinemäßige Ablassen und Abfackeln von Erdgas – heute ist es in vielen Ländern Usus, dass überschüssiges Erdgas einfach verbrannt wird, anstatt es aufzufangen.

Parlament will 2026 Regeln für Importeure einführen

Jetzt ist das EU-Parlament am Zug: Die Abgeordneten in den Ausschüssen für Industrie und Umwelt erarbeiteten in den vergangenen Monaten einen Kompromiss, der in vielen Punkten deutlich mehr fordert als Kommission und Rat. Am Dienstag segnete das EU-Parlament diesen im Plenum wie erwartet mit einer Mehrheit ab. Was hier entschieden wird, ist dann die offizielle Position des Parlaments im sogenannten Trilog, den Verhandlungen mit dem Rat.

Das Parlament wird sich demnach unter anderem für das Verbot für das Ablassen und Abfackeln von Erdgas einsetzen, sowie dafür, dass neben der Energiebranche auch den petrochemische Sektor einbezogen wird. Außerdem sollen dieselben Regeln, die für die Energiebranche innerhalb Europas eingeführt werden, ab 2026 auch für Importeure gelten.

Die Kommission sieht in ihrem Vorschlag vor, dass Importeure im ersten Schritt nur Informationen vorlegen müssen, wie ihre Lieferanten Emissionen messen und berichten. Ihre Angaben sollen in einer Transparenzdatenbank veröffentlicht werden. 2025 will die Kommission die mögliche Erweiterung der Regeln für Importeure prüfen.

Den zuständigen Ausschüssen im EU-Parlament geht das zu langsam. Schließlich werden rund 90 Prozent der fossilen Energieträger aus Drittstaaten importiert. "Diese Verordnung hat das Potenzial, weltweit eine enorme Menge an Emissionen einzusparen", sagt die federführende Abgeordnete im Industrieausschuss, Jutta Paulus (Grüne).

IEA: Methanreduktion wäre einfach und günstig

Ähnlich wie die Abgeordneten argumentiert auch die Internationalen Energieagentur (IEA).
Die Organisation der Industriestaatenvereinigung OECD mit Sitz in Paris, kritisierte wiederholt, die Methanemissionen der Energiebranche seien unnötig hoch. Mit weniger als drei Prozent der Gewinne aus dem Vorjahr könnten Öl- und Gaskonzerne rund 75 Prozent ihrer Methanemissionen vermeiden, rechnet die IEA. Klimaschutz wäre hier demnach günstig zu haben. Immerhin sorgt die Energiebranche für rund ein Drittel der menschengemachten Methanemissionen.

Einige Staaten schärfen ihre Regeln bereits: Etwa führen die USA mit ihrem Inflation Reduction Act (IRA) erstmals eine Steuer auf Methanemissionen für Energieunternehmen ein. Nigeria verlangt von Unternehmen, dass sie ihre Infrastruktur häufiger auf Lecks prüfen müssen. Außerdem verbietet das Land das Ablassen von Erdgas, für das Abfackeln muss bezahlt werden. Und Kanada schreibt monatliche Prüfung vor und verhängt ein Verbot auf das Ablassen und Abfackeln von Erdgas.

Würde die EU Regeln für ihre Importe einführen, müssten viele weitere Staaten bald ähnlich Maßnahmen setzen, sagt die EU-Parlamentarierin Paulus. Die meisten der Staaten, die in die EU exportieren, hätten sich sowieso bereits zu Einsparungen verpflichtet. Sie haben auf der Klimakonferenz in Glasgow den sogenannten Global Methane Pledge unterzeichnet. Dieser will erreichen, dass die Methanemissionen im Jahr 2030 um 30 Prozent niedriger sind als 2020. Die neue Verordnung der EU könne ein wichtiger Heben sein, ist Paulus überzeugt. "Dieses wenig beachtete Gesetz könnte, in seiner weltweiten Wirkung betrachtet, zu einem der wichtigsten Elemente des Green Deal werden." (Alicia Prager, 9.5.2023)

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