Milliardenbahnsanierung: Bahnbeauftragter widerspricht Dobrindt
Durchs Tal der Tränen: Für 2023 und die Folgejahre hat die Deutsche Bahn zahlreiche Baustellen geplant.
Der Bahnbeauftragte der Bundesregierung Michael Theurer (FDP) kontert den Vorwurf des ehemaligen Verkehrsministers Alexander Dobrindt (CSU), die Bundesregierung interessiere sich nicht für die Bahn. Wegen der Vernachlässigung in der Vergangenheit gebe es jetzt keine Alternative zu Bauarbeiten und Streckensperrungen. Aber Theurer hat auch eine gute Nachricht.
Die Deutsche Bahn (DB) wird ein wichtiges Etappenziel des geplanten Deutschlandtaktes in rund zwei Jahren erreichen. Ab 2025/2026 werde es zwischen Köln, Frankfurt, Mannheim, Stuttgart und München einen Halbstundentakt geben, kündigt der Bahnbeauftragte der Bundesregierung, Michael Theuer (FDP), an. Auch zwischen München, Nürnberg, Halle/Leipzig und Berlin bis nach Hamburg sollen dann ICEs unterwegs sein.
Wann der Deutschlandtakt komplett umgesetzt wird, sagte Theurer nicht. In einem früheren Interview wurde ihm die Jahreszahl 2070 in den Mund gelegt. „Ich habe keine Jahreszahl genannt und werde auch jetzt keine nennen. Wir arbeiten kontinuierlich an der Beschleunigung des Deutschlandtakts und setzen ihn wie geplant in Etappen um.“
In den kommenden Jahren werden zentrale Bahnstrecken wie zum Beispiel zwischen Mannheim und Frankfurt sowie zwischen Berlin und Hamburg monatelang gesperrt. Theurer sieht keine Alternative zur Generalsanierung der Hochleistungskorridore: „Die Korridorsanierung ist die einzige Möglichkeit, der Lage in der gebotenen Eile Herr zu werden“, sagte er dem RND. „Das Schienennetz in Deutschland ist sanierungsbedürftig, es ist überlastet, weil es über Jahre hinweg auf Verschleiß gefahren wurde.“
Damit widersprach Theurer Äußerungen des CSU-Landesgruppenchefs im Bundestag, Alexander Dobrindt. „Wir haben einen FDP-Verkehrsminister, der sich nicht für die Bahn interessiert und bereit ist, in sie zu investieren. Deswegen ist heute die Pünktlichkeit nicht mehr annähernd so gegeben wie in der Vergangenheit“, sagte Dobrindt dem Nachrichtenportal, „t-online“. Das sei anders gewesen, als die CSU den Verkehrsminister gestellt habe. „Die Pünktlichkeit der Bahn lag jedenfalls unter CSU-Verkehrsministern bei 90 Prozent, und jetzt liegt sie bei 60 Prozent“, sagte Dobrindt, der von 2013 bis 2017 selbst Verkehrsminister war. Die realen Pünktlichkeitswerte im Fernverkehr lagen in den ersten vier Monaten 2023 um die 70 Prozent. (Welch eine arrogante Verdrehung der Tatsachen!)
Um das Schienennetz in Deutschland wieder fit und die Bahn damit attraktiver und zuverlässiger zu machen, braucht es aus Sicht der Bundesregierung bis 2027 Gesamtinvestitionen von rund 88 Milliarden Euro. Das geht aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage des Linke-Abgeordneten Victor Perli hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Auch die Deutsche Bahn geht von einem Bedarf in dieser Höhe aus. Für knapp die Hälfte dieser Summe – rund 43 Milliarden Euro – steht die Finanzierung im Bundeshaushalt bereits.
Der von der Bahn bezifferte Restbedarf von 45 Milliarden Euro war vor einigen Monaten auch in einem Beschlusspapier der Koalitionsspitzen aufgegriffen worden. Dieser Bedarf soll „soweit finanziell darstellbar“ bis 2027 auch gedeckt werden, heißt es in der Antwort an den Linken-Politiker Perli. Finanziert werden soll das unter anderem aus einer Erhöhung der Lkw-Maut. Dass das Geld wirklich fließt, ist aber noch nicht beschlossen. Die Finanzierung ist Gegenstand des laufenden Haushaltsverfahrens.
Neben der Finanzierung soll auch die Struktur geändert werden: Wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, sollen Netz und Bahnhöfe in eine neue gemeinwohlorientierte Infrastruktursparte innerhalb des DB-Konzerns überführt werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird noch vor der Sommerpause erwartet. „Wir halten am Zeitplan fest“, sagte Theurer dem RND. „Am 1. Januar 2024 soll die gemeinwohlorientierte Infrastruktursparte der DB gegründet werden.“
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