Focus hier FOCUS-online-Autor Stefan Grundhoff 10.10.24
Nicht nur E-Auto ist schuld
Gewinnwarnungen bei BMW, Mercedes, Volkswagen, Stellantis. Bei vielen anderen Herstellern sieht es ebenfalls nicht rosig aus. Liegt das nur am Umstieg auf Elektromodelle oder wo sind die Milliarden an Investitionen geblieben? Ein Blick hinter die Kulissen.
Die Autoindustrie kommt aus den Negativ-Schlagzeilen nicht heraus und viele Analysten sind sich sicher, dass einer der wichtigsten europäischen Branchen unangenehme Jahre bevorstehen . Oft wird der Umstieg auf die Elektromobilität als alleiniger Grund für die großen Probleme der Konzerne genannt; doch ganz so einfach ist die Rechnung nicht.
Elektro-Wende kostet Milliarden, doch Probleme gehen tiefer
Der Standort Europa hat seit vielen Jahren mit großen Problemen zu kämpfen, doch gerade die üppigen Gewinne im Boomland China ließen nicht nur bei den besonders beliebten Premiummarken viele Bruchstellen überdecken. Nachdem es in China für viele der europäischen Hersteller mächtig hakt und die lokalen Anbieter immer stärker werden, kommen Probleme ans Licht, die schon seit langem existieren.
Ein großes Problem sind die Werke und Belegschaften selbst. Die Produktion eines Fahrzeugs oder der entsprechenden Komponenten bei den Zulieferbetrieben in Europa und speziell in Deutschland ist teurer als irgendwo anders auf der Welt. Hohe Lohnkosten, hohe Energiekosten, stattliche Pensionen und üppige Sozialleistungen lassen sich jedoch nur erwirtschaften, wenn die Werke exzellent ausgelastet sind – bestenfalls über 80 oder gar 90 Prozent. Doch das ist in immer weniger Fertigungen der Fall.
Hohe Produktionskosten erfordern hohe Werksauslastung
Zudem verdienen die Mitarbeiter in der Automobilindustrie im Vergleich zu anderen Branchen exzellent. Selbst bei schlechter Werksauslastung oder Produktionsunterbrechungen haben die Gewerkschaften über die Jahrzehnte zum Beispiel Kurzarbeitergelder von oftmals über 80 Prozent ausgehandelt, obwohl die Leute nicht in die Arbeit kommen. Für andere Branchen sind das unvorstellbar gute Rahmenbedingungen
Da die Entwicklung vieler Module gerade bei deutschen Herstellern besonders aufwendig und damit auch personalintensiv ist, schlägt sich das hohe Lohnniveau nennenswert in den Fahrzeugkosten nieder. Bedeutet konkret: ein vergleichbares Fahrzeug – egal, ob Verbrenner oder Elektroauto – ist in einem Land wie China 25 bis 40 Prozent günstiger zu fertigen; und das bei längst vergleichbarem Qualitätsniveau.
China produziert 25 bis 40 Prozent billiger
Die Entwicklung eines neuen Fahrzeugs oder entsprechender Technologien kostet mitunter mehrere Milliarden. Wenn ein Autohersteller ein komplett neues Fahrzeug mit einer neuen Plattform entwickelt, kosten die Planungen inklusiv Werksauslastung, Design, Einbindung der Zulieferer, Entwicklung und dem Marktstakt nebst Händlerschulungen schnell zwei bis vier Milliarden Euro. Kommt das Fahrzeug auf die verschiedenen internationalen Märkte, hat mehrere weltweite Fertigungen und verkauft sich mit einer entsprechend hohen Marge für Hersteller und Händler, dauert es schnell drei bis fünf Jahre, ehe mit dem neuen Modell überhaupt Geld verdient werden kann.
Gewinn bei neuen Modellen erst nach frühestens drei Jahren
Unter Umständen musste sogar noch in Zulieferer oder neue Fertigungen investiert, was zum Teil bei den neuen Elektromodellen geschah. Sind die Investitionen in neue Produtionsanlagen, Technologien oder Antriebe besonders hoch und hakt es gleichzeitig bei den Verkaufsvolumina, dann stimmen die Deckungsbeiträge nicht. Das ist eines der Probleme, die der Umstieg auf die elektrifizierten Modelle mit sich bringt.
Bei einem Plug-in-Hybriden oder einem Elektrofahrzeug ist das Batteriepaket ein derart teurer Kostenanteil am Gesamtfahrzeug, das deutlich weniger beim Hersteller hängen bleibt oder dieser unter Umständen bei verschiedenen Fahrzeugen gar kein Geld verdienen kann.
Mit Elektroautos lässt sich schwerer Gewinn machen
Hakt es dann bei den Verkäufen, schlägt sich dies in doppelter Hinsicht wieder. Der Absatz stimmt nicht, die Deckungsbeiträge sind zu klein und so müssen manche Fahrzeuge mit entsprechenden Subventionen in die Märkte gedrückt werden. So verdienen Händler und speziell die Autohersteller gar kein Geld.
Zudem sorgen immer strengere Sicherheits- und Umweltvorschriften dafür, dass die Fahrzeuge schwerer, teurer und größer werden. Nicht alle Kosten lassen sich auf die Kunden umlegen, da sich einige Veränderungen – zum Beispiel bei Abgas- und Sicherheitssystemen - zumindest offensichtlich für den Kunden nicht bemerkbar machen und er daher auch kein zusätzliches Geld dafür ausgeben würde.
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