Samstag, 19. Oktober 2024

Kehrtwende für ein gutes Leben: Es komme entscheidend darauf an, soziale und ökologische Probleme gemeinsam anzugehen

hier  Spiegel  14.10.24

Klimakrise: Club of Rome legt Leitfaden für Deutschlands Zukunft vor

Der Club of Rome ist seit Jahrzehnten für seine lauten Warnungen vor einem Kollaps der Welt bekannt. Nun gibt der Thinktank konkrete Vorschläge für Deutschlands Kampf gegen die Klimakrise aus.

Vor gut 50 Jahren rüttelte der »Club of Rome« mit seinem Bericht »Die Grenzen des Wachstums« zur drohenden Überlastung unseres Planeten die Welt auf. Auch heute lautet die zentrale These des Thinktanks: Klimawandel und Überlastung lassen sich nur durch tiefgreifende Veränderungen eindämmen – auch in sozialen Bereichen. In einer von der Organisation getragene Initiative, Earth4All, hat nun einen Bericht mit Vorschlägen vorgelegt, was Deutschland nach Ansicht der Organisation tun sollte.

Wirtschaftlicher Fortschritt müsse mit ökologischer Gesundheit und sozialer Gerechtigkeit in Einklang gebracht werden, heißt es im Vorwort zu »Earth for All Deutschland«.

Bereits 2022 hatte die Organisation in einem Bericht zentrale Maßnahmen für eine lebenswerte Zukunft der Menschheit genannt: Beendigung der Armut, Beseitigung der eklatanten Ungleichheit, Empowerment der Frauen, Aufbau eines für Menschen und Ökosysteme gesunden Nahrungsmittelsystems und Übergang zum Einsatz sauberer Energie.

»Radikale Veränderung« eingefordert

An diesen Kernthesen ziehen sich auch die aktuellen Vorschläge für Deutschland entlang, die nun als Buch erschienen sind. Zu den Hauptautoren gehören Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, einer Denkfabrik für Nachhaltigkeitsforschung, weitere Experten der Forschungseinrichtung in Wuppertal und Till Kellerhoff, Programmdirektor des Club of Rome.

Das Buch handle »von radikaler Veränderung«, heißt es zu Beginn. Das sei keine unerreichbare Utopie, sondern eine Vision. Bei der Energiewende liege die eigentliche Herausforderung durch die Verkehrs- und Wärmewende allerdings bis zur Jahrhundertmitte noch vor uns. »Nicht zuletzt, weil beide Bereiche direkt in den Alltag der Menschen hineinreichen.« Veränderungen seien unmittelbar spürbar und weniger abstrakt als bei der Umstellung auf erneuerbare Energien.

Betont wird im Buch auch, dass es bereits positive Trends gibt: sinkende Kosten für erneuerbare Energien (Fotovoltaik und Wind) und für Stromspeichertechnologien zum Beispiel, weltweit wachsende Green-Tech-Branchen, die Bemühungen um Kreislaufwirtschaft in der EU und die wachsende Bereitschaft, Subventionen für fossile Energien abzuschaffen.

Oft noch zu wenig beachtet werde die extreme Ungleichheit der Weltgesellschaft mit schroffen Gegensätzen zwischen Reich und Arm. Auch die deutsche Politik behandele diesen Aspekt viel zu kurzsichtig. Denn nicht nur global zwischen Ländern, auch innerhalb Deutschlands tue sich ein Graben auf zwischen denen, die viel zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen beitragen, und denen, die wenig beitragen, aber stark unter den Folgen leiden.

»Vereinfacht gesagt: Wer wenig verdient, hat kein Auto und macht keine Fernreisen, wohnt aber beengt dort, wo die Luft besonders schlecht und der Lärm besonders laut ist.« Zu befürchten sei zudem, dass sich die Belastungen für diese Haushalte im Zuge des fortschreitenden Klimawandels noch verschärfen, da gerade in diesen Gegenden Probleme mit Hitzeinseln und wenig Zugang zu Grünflächen bestehen. Um soziale Gerechtigkeit gehe es auch, wenn wie in Deutschland seit Jahren zu wenig in den Erhalt von Schwimmbädern, Schulen und anderer öffentlicher Infrastruktur investiert werde.

Negativbeispiele gebe es auch im Bereich staatlicher Förderprogramme – etwa dem für den Kauf und die Installation einer Ladestation für Elektroautos (Wallbox) in Kombination mit einer Fotovoltaikanlage und einem Solarstromspeicher. »Davon profitierten nämlich vor allem Eigenheimbesitzende, die sich ein Elektroauto leisten können.« Eine ohnehin wirtschaftliche Investition sei für diese wohlhabende Klientel noch wirtschaftlicher gemacht worden.

Weitere Kapitel sind Themen wie Gleichberechtigung, Bildung und Ernährung gewidmet. Erklärt wird zudem, dass die Kostenwahrnehmung beim Klimaschutz derzeit vielfach viel zu kurzfristig sei. Bei der Behauptung, dass die Bekämpfung des Klimawandels zu viel kostet, werde ausgeblendet, dass Untätigkeit am Ende viel mehr kosten würde.



RND hier  14.10.2024

Ökologische Krise: Wissenschaftler des „Club of Rome“ fordern Aufbruch statt Resignation

Mit einem gemeinsamen Konzept wollen das Wuppertal Institut und der Club of Rome eine ganzheitliche und nachhaltige Krisenbewältigung in Gang setzen. Im Kern steht insbesondere eine Forderung: ökologische und soziale Probleme zusammen zu betrachten.

Mit einem Aufruf zu ganzheitlicher Krisenbewältigung haben sich der Club of Rome und das Wuppertal Institut an die Öffentlichkeit und die Politik in Deutschland gerichtet. Sie stellten am Montag in Berlin ihr Konzept für einen ökologischen und sozialen Aufbruch vor. Resignation sei gerade jetzt fehl am Platz. „Wir müssen den Blick viel stärker auf die Chancen und immensen Potenziale richten“, erklärte der Präsident des Wuppertal Instituts, Manfred Fischedick. Es komme entscheidend darauf an, soziale und ökologische Probleme gemeinsam anzugehen. Nur dann sei eine nachhaltige Transformation möglich.

In ihrem Konzept „Earth for All Deutschland“ formulieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zentrale „Kehrtwenden“ für gute Lebensbedingungen innerhalb der ökologischen Grenzen. Zentrale Ziele müssten die Beseitigung der Armut und Verringerung der Ungleichheit sein. Gelinge dies nicht, werde die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zu mehr Klimaschutz und geringerem Ressourcenverbrauch auch nicht gelingen.

2030 sollte die Welt frei von Hunger sein – stattdessen wird es 2160

Um den Ressourcen-Verbrauch zu verringern, müssten das Ernährungssystem und die Energieversorgung umgebaut werden, hieß es in dem Konzept. Zugleich müsse dafür gesorgt werden, dass alle Bevölkerungsschichten Zugang zu gesunden Lebensmitteln und klimaschonender Energie haben. Andernfalls werde es enormen Widerstand geben. Für die Kosten müssten weit stärker als bisher die Reichsten herangezogen und höher besteuert werden, forderte Peter Hennicke vom Club of Rome, Ökonom, Energie-Experte und vormaliger Direktor des Wuppertal Instituts.

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