Freitag, 4. Oktober 2024

Am heimischen Markt ist die Nachfrage nach E-Autos aus China stark gestiegen....

Standard hier András Szigetvari  4. Oktober 2024

Kurz bevor EU-Zölle greifen: Boom bei E-Autos aus China in Österreich

Am Freitag dürfte die EU wohl endgültig grünes Licht für die Einführung von Importzöllen geben, auch wenn Deutschland bis zuletzt dagegen war

Alle Vermittlungsversuche dürften vergeblich gewesen sein: Die geplante Einführung von Zöllen auf Elektrofahrzeuge aus China in der EU rückt näher. Am Freitag wird erwartet, dass Vertreter der Mitgliedsländer in einem Beschluss in Brüssel grünes Licht für die Einführung der Zölle geben. Die EU-Kommission empfiehlt, die Tarife einzuheben, bis zuletzt wurde aber vergebens zwischen Brüssel und Peking versucht, eine Verhandlungslösung zu finden.

Die 27 EU-Länder hätten die Möglichkeit, mit qualifizierter Mehrheit gegen die Strafzölle zu stimmen, dafür müssten sich 15 Staaten zusammentun, die 65 Prozent der Einwohner repräsentieren. Aber eben diese Mehrheit ist nicht absehbar, weil sich Frankreich, Italien, Polen und Griechenland laut Nachrichtenagentur Reuters allesamt für die Zölle aussprechen dürften. Die Staaten repräsentieren fast 40 Prozent der EU-Bevölkerung. Wie Österreich entscheidet, blieb bis zuletzt offen, Deutschland ist gegen die Maßnahme.

Ob es nun mit dem bevorstehenden Schritt zusammenhängt oder nicht: Am heimischen Markt ist die Nachfrage nach E-Autos aus China stark gestiegen. Im ersten Halbjahr 2024 hat die Zahl der Neuzulassungen bei chinesischen Pkws um 50 Prozent zugelegt, auf insgesamt 7200 Fahrzeuge. Damit kein Missverständnis entsteht: Der Anteil von Autos aus der Volksrepublik bleibt weiter klein. 4,2 Prozent der neuen Fahrzeuge stammen aus China. Die Volksrepublik belegt bei den beliebtesten Herstellerländern der Österreicher Platz sechs, etwa gleichauf mit Rumänien (Dacia). Unangefochten an der Spitze bei den Herkunftsländern der Fahrzeuge steht Deutschland. Die Pkw-Zulassungen sind insgesamt leicht, um fünf Prozent gestiegen.

Der große Sprung nach vorn
Der Sprung bei Pkws made in China ist dennoch beachtlich und geht zu einem guten Teil auf einen Hersteller zurück: BYD. Die Neuzulassungen der Marke legten im ersten Halbjahr 2024 um 430 Prozent zu. Unter E-Autos rangiert BYD damit bereits auf Platz drei hinter Tesla und BMW, aber vor VW. BYDs Anteil in dem Segment: fast neun Prozent. Das entspricht rund 2400 Fahrzeugen, auch BYD ist damit über alle Marken hinweg nur ein kleiner Player. Noch eine Einschränkung: Die Zulassungsstatik ist keine Wissenschaft, weil Händler auch Kurzzeitzulassungen nutzen, um ihre Zahlen zu schönen, sie gibt aber doch Anhaltspunkte über die Marktentwicklung.

Bisher hat sich bei den Preisen für die Fahrzeuge aus China nichts getan. Die EU-Kommission hatte zunächst vor dem Sommer angekündigt, provisorisch Zölle auf Fahrzeuge aus China einzubehalten, davon dann allerdings Abstand genommen. Die EU-Behörde verweist auf rechtliche Abwägungen, ohne nähere Begründung. Die E-Auto-Importeure müssen nur nachweisen, dass sie den Betrag hinterlegt haben, sie erhalten ihn dann zurück.

Die geplanten Zollsätze sind je nach Hersteller unterschiedlich hoch und kommen zu einem schon bestehenden zehnprozentigen Importtarif dazu. Für BYD gibt es einen Aufschlag von 17 Prozent, für den Hersteller Geely 18,8 Prozent, für SAIC sind es 35,3 Prozent. Betroffen sind auch europäische Hersteller, die in China produzieren: Knapp 21 Prozent gibt es für VW und BMW, der seinen Elektrowagen iX3 in China bauen lässt. Größter Hersteller von E-Wagen in China ist Tesla. Die Zölle für den Konzern sollen sich auf moderate 7,8 Prozent belaufen.

Fünfjahresplan
Die Kommission hatte im Herbst 2023 eine Prüfung gegen die E-Auto-Bauer aus eigenem Antrieb eingeleitet. Die großen europäischen Autokonzerne wie BMW oder VW sind gegen die Tarife. Die Kommission argumentiert, dass hohe Subventionen in China die europäische Autoindustrie schädigen würden. Die chinesischen Mitbewerber können ihre Fahrzeuge derart billig in der EU anbieten, dass Europas Hersteller mit ihren Preisen selbst runtermussten und Verluste bei jedem verkauften E-Auto einfahren. China gewähre für E-Auto-Hersteller alle möglichen Zuschüsse, so die Kommission. Der Staat sorge dafür, dass die Hersteller an künstlich verbilligte Kredite kämen, dazu kommen noch Steuernachlässe.

Gegenargument: Europas Autobauer haben zu spät auf E-Mobilität gesetzt und sind beim Marktauftritt nicht aggressiv genug gewesen, weshalb ihnen nun der Staat aushelfen muss.
Sicher ist: Der Verkauf von E-Autos aus China hat stark zugelegt. Laut Zahlen der Kommission machten sie 2020 3,5 Prozent der Neuzulassungen in Europa aus. Im zweiten Quartal 2024 stammten bereits 27 Prozent der E-Autos, die in der EU zugelassen wurden, aus China. Auf chinesische Marken entfallen dabei 14 Prozent der Zulassungen.

Was mit den Preisen passiert, bleibt abzuwarten. Eine Analyse des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel gemeinsam mit dem Wifo kommt zu dem Ergebnis, dass die Zölle zu einem Einbruch bei der Zahl der verkauften chinesischen E-Fahrzeuge in Europa führen werden. In Österreich sollen die Verkäufe um 43 Prozent einbrechen. Bei den Preisen geschehe wenig bis nichts, für E-Autos in Österreich wird ein Anstieg um 0,3 Prozent erwartet. Die Hersteller würden den Aufschlag zu einem hohen Teil selbst schlucken. Sollten die Zölle greifen, würden sie für fünf Jahre gelten. (András Szigetvari, 4.10.2024)

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