Donnerstag, 10. Oktober 2024

Auch tonnenschwere Muldenkipper fahren elektrisch

Hier sind es wieder andere Herausforderungen, die anstehen. Warum hört man eigentlich nichts von e-Traktoren, das stünde doch ebenfalls mal an?.

hier  Frankfurter Allgemeine Zeitung  Artikel von Benjamin Wagener 7.10.24

Großauftrag für Liebherr

Der oberschwäbische Mischkonzern Liebherr plant gemeinsam mit dem australischen Minenbetreiber Fortescue die Entwicklung von elektrischen Muldenkippern, Planierraupen und Baggern für den Einsatz im Bergbau. 

Dazu hat das Unternehmen auf der Messe Mine-Expo in Las Vegas eine Vereinbarung über eine Partnerschaft mit dem Konzern unterzeichnet, der in Australien, Afrika und Lateinamerika vor allem Eisenerz schürft. Der Vertrag umfasst die Lieferung von 360 Muldenkippern, 55 Baggern und 60 Planierraupen und hat ein Volumen von rund 2,5 Milliarden Euro. Für das Familienunternehmen, das vor allem in Süddeutschland beheimatet ist, den Sitz 1982 aber nach Bulle in der Schweiz verlegt hat, ist es der größte Auftrag in der Geschichte.

Wie wichtig die Partnerschaft mit dem australischen Unternehmen der Inhaberfamilie ist, zeigt die Tatsache, dass Willi Liebherr, Sohn der Gründers und Mitglied im Verwaltungsrat, persönlich nach Las Vegas reiste, um die Vereinbarung zu unterschreiben und die Ziele der Partnerschaft vorzustellen. „Durch unsere Partnerschaft mit Fortescue wird das Know-how von zwei führenden Technologieunternehmen kombiniert. Das erlaubt es, neuartige und technisch bessere Lösungen für den autonomen und emissionsfreien Einsatz von Muldenkippern, Hy­draulikbaggern und Planierraupen im Tagebau in kürzerer Zeit zu entwickeln und in den Einsatz zu bringen“, sagte der Siebenundsiebzigjährige, der den Verwaltungsrat des Unternehmens bis 2023 geleitet hat.

Das Zusammenführen der Expertise und der Erfahrung von Liebherr und Fortescue bringe die beiden Unternehmen an die Spitze in diesen Bereichen. „Durch das zeitnahe Bereitstellen dieser innovativen Lösungen als serienreife Produkte wird eine weltweite Beschleunigung der Dekarbonisierung des Übertagebergbaus um mehrere Jahre ermöglicht“, sagte Liebherr weiter.

Strom über Batterien und Kabel

Gemeinsam wollen Liebherr und For­tescue der erste Anbieter einer lokal emissionsfreien und zugleich autonomen Maschinenflotte für die Rohstoffgewinnung auf dem Mining-Markt werden. Während die Muldenkipper und die Planierraupen Batterien erhalten, bekommen die Elektrobagger ihre Energie über eine Kabelverbindung.

Die Muldenkipper sollen unter anderem durch ein dynamisches Ladesystem geladen werden, dabei wird die Batterie während der Fahrt an eine stromführenden Leitung über einen Energieabnehmerarm angeschlossen, wie eine Sprecher von Liebherr erläutert. Ein Teil der Energie werde zur Fortbewegung genutzt, das heißt direkt in die Elektromotoren geleitet, der andere Teil führe das System der Batterie zu und lade sie während der Verbindung mit der stromführenden Leitung auf – sodass der Muldenkipper bei Trennung von dem Leitungssystem auf Batterieleistung weiterfahren kann.

Die Elektrobagger, die Fortescue jetzt bestellt hat, hat das Unternehmen bereits in der Chichester-Mine in Westaustralien im Einsatz. Sie werden dort nach Angaben des Unternehmens schon jetzt größtenteils mit erneuerbarer Energie, vor allem mit Solarstrom, betrieben. Der Strom wird über ein 6,6-Kilovolt-Umspannwerk und ein mehr als zwei Kilometer langes Hochspannungsschleppkabel zum Gerät geführt. Bis zum Jahr 2030 will Fortescue alle Minen in dieser Region komplett auf erneuerbare Energien umstellen.

Fahrerlose Lastwagen im Übertage-Bergbau

In Las Vegas haben Liebherr und For­tescue jetzt den Muldenkipper T264 vorgestellt. Die Maschine wird mit einem von Fortescue bereitgestellten Batteriesystem sowie mit einer von beiden Unternehmen gemeinsam entwickelten Autonomielösung zum fahrerlosen Einsatz ausgestattet. Die Partner haben zudem die notwendige Infrastruktur für das Laden der Batterien präsentiert.

Die Bagger und Muldenkipper entwickelt und produziert Liebherr in den Fa­briken im französischen Colmar sowie in Newport News im US-Bundesstaat Virginia. Viele Komponenten für die schweren Minenfahrzeuge stellt Liebherr in Fabriken in Süddeutschland her – darunter die Werke in Biberach und Kirchdorf an der Iller in Oberschwaben sowie Lindau am Bodensee. Die Planierraupen baut Liebherr im österreichischen Telfs in Tirol.

Der 1949 im oberschwäbischen Kirchberg an der Iller von Hans Liebherr gegründete Mischkonzern stellt neben Minenfahrzeugen vor allem Krane, Planierraupen, Bagger und Betonmischer, aber auch Kühl- und Gefrierschränke sowie Komponenten für die Luftfahrt her. Wichtigste Geschäftsbereiche waren im Jahr 2023 die Sparte für Mobil- und Raupenkrane sowie die Produktion von Erdbewegungsmaschinen. Mit rund 54.000 Mitarbeitern hat Liebherr bei Umsätzen von 14 Milliarden Euro einen Nettogewinn von 367 Millionen Euro erwirtschaftet. Die Anteile an Liebherr sind noch immer vollständig in der Hand der Nachkommen des Unternehmensgründers.

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