hier 6.12.2024, Frieder Kümmerer
Stuttgart 21 und Digitaler Knoten: Wird das Bahnprojekt noch später fertig?S21 und Digitaler Knoten: Streit um finanzielle Mittel auf Pressekonferenz
Nach der Lenkungskreissitzung ist klar: Die Projektpartner haben kein Verständnis mehr für das Vorgehen der Bahn beim Digitalen Bahnknoten.
Die Unstimmigkeiten zwischen Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Bahnvorstand Berthold Huber sind auch auf der Pressekonferenz des Stuttgart-21-Lenkungskreises am Freitag deutlich geworden. Es war an ihren Gesichtern abzulesen, dass nach der Sitzung niemand so ganz glücklich war. Verkehrsminister Hermann mahnte die Bahn eindringlich, schnellstmöglich die vom Bund bereitgestellten Gelder in Höhe von 825 Millionen Euro abzurufen. Denn ein Teil der Gelder würde sonst verfallen und stünde womöglich kommendes Jahr nicht mehr zur Verfügung. Damit drohe das Projekt Digitaler Knoten Stuttgart nicht beendet zu werden.....
Befürchtung: 825 Millionen Euro könnten verfallen
Das Unverständnis gegenüber der Bahn ist in den vergangenen Monaten immer mehr gewachsen. Denn 825 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt wären aus verschiedenen Budgettöpfen direkt abrufbar, um die Umsetzung des dritten Bausteins voranzutreiben. Durch die Mittel sei das gesamte Vorhaben durchfinanziert, heißt es vom Bundesverkehrsministerium seit Monaten. Erst durch diese Ausbaustufe sollen die eigentlichen Vorteile durch die digitale Technik, wie Kapazitätssteigerungen und zuverlässigerer Bahnbetrieb, zum Tragen kommen.
Digitaler Knoten Stuttgart auf der Kippe: Warum die Folgen gravierend wären
Doch seit einem Jahr geht es beim sogenannten DKS 3 nicht weiter. Ein Gremienvorbehalt bei der Bahn führt seit einem Jahr zum Streit zwischen Politikern des Landes, des Bundes und dem Bahnvorstand. Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Landesverkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne), der damalige Beauftragte der Bundesregierung für Schienenverkehr Michael Theurer (FDP) und zahlreiche Bundestagsabgeordnete, auch von CDU und SPD, schrieben nach Berlin und forderten ein Eingreifen der Bundespolitik oder ein Handeln vom Bahnvorstand.
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Die Uhr tickt also. Und die Sorge wird größer, dass sich der Streit auch auf die Umsetzung schon beschlossener und im Bau befindlicher Projekte auswirkt. Bereits im Juni schrieb Ministerpräsident Kretschmann an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): "Im Übrigen hätte eine Absage auch eine industriepolitisch fatale Signalwirkung für den gesamten Bahnsektor." So würde die Firma Hitachi Rail, früher Thales, erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen in die Ausstattung des Digitalen Knotens investieren, da weitere Digitalprojekte folgen sollen. "Sollten das Pilotvorhaben in Stuttgart und in dieser Folge die Digitalisierung weiterer Bahnknoten scheitern, birgt dies auch Risiken für die weitere Produktentwicklung im Bahnsektor", so Kretschmann weiter.
Stuttgart 21: Neuer Hauptbahnhof in Stuttgart wird später fertig
Eines dieser Risiken könnte laut Insiderkreisen des Projektes Auswirkungen auf die geplante Fertigstellung von Stuttgart 21 und den Tiefbahnhof im Dezember 2026 haben. Dieser neue spätere Eröffnungstermin ist erst im Juni dieses Jahres bekannt gegeben worden. Doch sollte der dritte Baustein des Digitalen Knotens nicht beschlossen werden, könnte laut Insidern die Firma Hitachi den Anreiz verlieren, zusätzliche finanzielle Mittel, Ressourcen und Personal in die rechtzeitige Fertigstellung der digitalen Stuttgart-21-Technik zu investieren. Nur sechs Monate nach der Verkündung des neuen Eröffnungstermins droht nun also auch dieser bereits wieder zu wackeln.
Versucht die Bahn den Bund zu erpressen?
Doch warum hebt die Bahn nicht einfach den Gremienvorbehalt auf? Gibt es tatsächlich Unklarheiten bei der Finanzierung, wie es zwischenzeitlich hieß? Einer der letzten Briefe von Landesverkehrsminister Hermann an den Bahnvorstand, der dem SWR vorliegt, gibt Aufschluss: "Uns wurde seitens des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) mitgeteilt, dass bei den Finanzierungsverhandlungen zwischen Bund und Bahn über die Mittelausstattung der DB AG bis zum Jahr 2027 der Vorstand der DB AG die Aufhebung des Gremienvorbehalts nur unter der Bedingung zugesagt hat, dass eine gefundene Einigung über ein Gesamtpaket der Bahn-Finanzierung bis zum Jahr 2027 auch verabschiedet wird.".....
Die Nicht-Aufhebung des Gremienvorbehalts erweckt bei uns den Eindruck, dass der Vorstand der DB AG den Bund erpressen will.
Land hat bereits in Digitalen Knoten investiert
Das Land Baden-Württemberg pocht also vehement auf die Umsetzung des dritten Bausteins beim Digitalen Knoten. Denn das Land selbst hat bereits in die neue Technik investiert. Der Großteil der Nahverkehrszüge muss auf das digitale Zugsicherungssystem umgerüstet werden - eine teure Angelegenheit. 2021 beauftragte das Landesverkehrsministerium die Umrüstung von 118 Regionalbahnzügen für 130 Millionen Euro. Später wurden zusätzlich moderne Doppelstockzüge nachbestellt - Kosten: 2,5 Milliarden Euro. Die Sorge ist also groß, dass die umgerüsteten und bestellten Züge nicht in der gesamten Region Stuttgart, sondern lediglich im neuen Tiefbahnhof, den S21-Tunnelanlagen und auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Ulm diese kostspielige digitale Technik brauchen werden....
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