Montag, 9. Dezember 2024

Oberschwaben: Die Moorschutzstrategie müsste konsequent umgesetzt werden, weil die Maßnahme den größten Hebel hat

Jetzt geht es ganz konkret um Oberschwabens Moore. Eine einmalige Chance, endlich vorwärts zu kommen bei diesem umstrittenen Thema.

hier  Zeit  6. Dezember 2024, Quelle: dpa Baden-Württemberg

Agrarindustrie: Wie die Landwirtschaft Klimaziele erreichen kann

Der Moorschutz hat einer Studie zufolge eine zentrale Rolle beim Kampf gegen den Klimawandel im Sektor Landwirtschaft. Das Agrarministerium hat ein Gutachten bei der Universität Hohenheim in Auftrag gegeben, um zu sehen, welche Maßnahmen in der Landwirtschaft welche Minderungspotenziale für Treibhausgase haben.
Der Rat der Wissenschaftler: Auf den Moorschutz und die Renaturierung von Mooren setzen. 
«Der Moorschutz nimmt eine Schlüsselfunktion ein», sagte Studien-Co-Autor Christian Sponagel in Stuttgart. Die Moorschutzstrategie müsste konsequent umgesetzt werden, weil die Maßnahme den größten Hebel habe. Die Kosten seien vergleichsweise moderat. Es gehe um zwei Prozent der landwirtschaftlichen Fläche - vor allem in Oberschwaben, sagte Sponagel. 

Agri-Photovoltaik besitze ein Reduktionspotential von 2,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente - 99 Prozent der Einsparungen würden aber nicht auf den Agrarsektor angerechnet, sondern im Energiesektor, so der Wissenschaftler. Agri-Photovoltaik verknüpft die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte mit der Solarstromproduktion auf derselben Fläche. 

39 Prozent weniger Treibhausgasemissionen bis 2030
Der Sektor Landwirtschaft muss seine Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2030 um 39 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Man habe bereits auf rund vier Millionen Tonnen CO2 pro Jahr reduziert, sagte Agrarminister Peter Hauk (CDU)  (Womit denn? Siehe unten im Deutschlandfunk). Er sprach von einem «langjährig abnehmenden Trend». Man sei aber noch nicht am Ziel.

Der Sektor habe lediglich einen Anteil von sieben Prozent an den Gesamtemissionen in Baden-Württemberg, betonte Hauk - deutlich weniger als etwa die Sektoren Verkehr (32,4 Prozent) oder Energiewirtschaft (22,6 Prozent). Eine vollständige Reduzierung der Emissionen in der Landwirtschaft sei nicht möglich, aber auch nicht sinnvoll, so Hauk. Kleinstrukturierte Landwirtschaft mit ihren bäuerlichen Familienbetrieben und ein Grad an Selbstversorgung müsse erhalten werden.


Deutschlandfunk hier

Uni Hohenheim zu Klimaschutz und -Anpassung in der Landwirtschaft

Gutachten der Uni Hohenheim wurde im Landtag Stuttgart präsentiert.

Siehe dazu die Infos ganz unten mit Links zum Download des Gutachtens





Schwäbische Zeitung  hier  06.12.2024

Landwirte in Baden-Württemberg sollten noch viel mehr fürs Klima tun

Die Landwirtschaft im Südwesten tut einiges für den Klimaschutz. Das geht aus einer Studie der Universität Hohenheim hervor. Doch es müsste noch mehr passieren, etwa beim Thema Moore.

Wo liegen die Potenziale für eine klimafreundlichere Landwirtschaft? Was wurde bisher schon erreicht? Und warum stimmt nicht das Bild vom Bauern, der vor allem der Umwelt schade, das manche pflegen? Um diese Fragen zu beantworten, hat Südwest-Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) bei der Universität Hohenheim ein Gutachten zu Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft in Auftrag gegeben, das am Freitag vorgestellt wurde.

„Natürlich entstehen in der Landwirtschaft auch Treibhausgasemissionen“, so Hauk in Stuttgart. „Sie entstammen unter anderem aus der Verdauung der Wiederkäuer oder der Nutzung der landwirtschaftlichen Böden.“ Aber: „Die Treibhausgasemissionen im Sektor Landwirtschaft weisen einen langjährig abnehmenden Trend auf.“ Allein, das geht aus der Studie hervor, sanken seit 1990 die Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft in Baden-Württemberg von 6,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent auf 4,5 Millionen Tonnen. Hauptursache für den Rückgang ist die Abnahme in der Tierhaltung.

Viehhaltung nimmt stetig ab
Bei Rindern fiel die Zahl von zwei Millionen im Jahr 1980 auf jetzt eine Million, bei Schweinen sind es inzwischen ebenfalls rund 50 Prozent weniger. Positiv auf die Bilanz wirken sich laut Hauk auch ein effizienter Einsatz von Düngemitteln und verschiedene Schutz- und Ausgleichsprogramme aus. Und trotzdem: Damit die Landwirtschaft ihre Klimaziele erreicht, fehlen noch immer rund 1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Was also tun?

Die Universität hat dazu verschiedene Bereiche ausgemacht, in denen sich Treibhausgase einsparen lassen. Das größte Potenzial bieten demnach Moore. „Der Moorschutz nimmt eine Schlüsselfunktion ein“, sagte Studien-Co-Autor Christian Sponagel in Stuttgart. Die Moorschutzstrategie müsste daher konsequent umgesetzt werden, weil die Maßnahmen den größten Hebel bieten bei gleichzeitig eher geringen Kosten. Dabei gehe es immerhin um zwei Prozent der landwirtschaftlichen Fläche – die vor allem in Oberschwaben liegen.

Das Problem: In der Vergangenheit wurden Moore, moorähnliche oder feuchte Flächen häufig mit Drainagen trockengelegt, um sie für den Anbau nutzbar zu machen. Für eine Renaturierung bräuchten die Landwirte also Ausgleichszahlungen sowie alternative Einnahmequellen. Hier kommt der nächste Hebel ins Spiel, eignen sich diese Flächen doch gut für Agri-Photovoltaik, das laut der Forscher ein Reduktionspotential von 2,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente besitzt. Agri-Photovoltaik verknüpft die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte mit der Solarstromproduktion auf derselben Fläche.

Agri-Photovoltaik bisher zu wenig genutzt
Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Georg Heitlinger, kritisiert in diesem Zusammenhang allerdings: „Die Landesregierung versperrt der Agri-Photovoltaik seit Jahren den Weg. Unter dem Deckmantel der klima- und energiepolitischen Notwendigkeit pflastert sie lieber wertvolle Ackerböden mit Freiflächen-Photovoltaik zu“, Heitlinger. „Damit verschärft sie Flächennutzungskonflikte, schadet der heimischen Landwirtschaft, der Versorgungssicherheit mit regionalen Nahrungsmitteln, der Biodiversität und dem Klima.“

Nun soll sich hier jedoch etwas tun, wie auf einem Gebiet schon länger, bei dem die Forscher auch noch mehr Potenzial sehen: Beim Anbau heimischer Körner- und Futterleguminosen, also Erbsen, Bohnen oder Soja. „Da kann man dem Land wirklich ein Lob aussprechen“, erklärt auf Anfrage Jochen Goedecke, Referent für Landwirtschaft und Umweltschutz beim Naturschutzbund (Nabu) Baden-Württemberg. „Wir brauchen energiereiches Futter für unsere Tiere und wir wollen es nicht aus Südamerika einführen, sondern selbst anbauen“, so Goedecke. „Baden-Württemberg fördert das mit seiner Eiweißinitiative ganz stark.“ Andere Punkte sieht der Naturschützer dagegen kritisch.

„Die Uni Hohenheim sagt in ihrem Gutachten eindeutig, wir dürfen in der Tierhaltung nur so viele Tiere haben, wie wir Fläche haben“, erklärt Goedecke, was einem geschlossenen Nährstoffkreislauf entspräche wie im Ökolandbau. „Das erwähnt der Minister aber nicht mit keinem Wort. Wir haben schließlich riesige tierhaltende Betriebe, die erzeugen wahnsinnig viel Gülle.“

Strenge Gülleregeln abgeschwächt
Ärgerlich findet der Nabu-Experte auch, dass sich die Landwirtschaftsministerien in Baden-Württemberg und auch in Bayern erst kürzlich gegen Regeln zu einer verschärften Gülleausbringung des Bundes gestellt haben und nun ihren Landwirten Ausnahmen erlauben. „Es gab strengere Regeln, aber die hat man abgeschwächt”, so Goedecke. Alles in allem fällt sein Fazit in Sachen Klimaschutz negativ aus: „Es wurde einiges gemacht und es ist auch einiges erkannt worden – der ganz große Wille zur Veränderung aber fehlt. Beim Thema Stickstoffdüngung fehlt der Wille, beim Thema Moor und auch bei der flächenbezogenen Tierhaltung.“

Peter Hauk sieht das naturgemäß anders. „Der Sektor Landwirtschaft hat bei den Gesamtemissionen von Treibhausgassen in Baden-Württemberg einen Anteil von lediglich 7,1 Prozent“, betont der Minister – und damit deutlich weniger als etwa die Bereiche Verkehr (32,4 Prozent) oder Energiewirtschaft (22,6 Prozent). Was dem Minister aber besonders wichtig ist klarzustellen: „Die Landwirtschaft ist eben nicht nur Verursacher von Treibhausgasen. Sie ist auch Teil der Lösung.“ Und das zwangsläufig auf Dauer.



Universität Hohenheim  hier

ZKL-Bericht: Landwirtschaft der Zukunft braucht Nachhaltigkeit

Abschlussbericht der ZKL 2024
PRESSEMITTEILUNG DER UNIVERSITÄT HOHENHEIM

Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) legt Abschlussbericht vor. Prof. Dr. Regina Birner von der Uni Hohenheim ist Co-Sprecherin des hochrangigen Gremiums.

Landwirtschaft mit dem Schutz von Umwelt und Biodiversität sowie Tierwohl zu vereinbaren ist ein zentrales Anliegen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL): In ihrem aktuellen Abschlussbericht mahnt das Gremium an, Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Resilienz gleichermaßen voranzubringen – und zwar weltweit.

„Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in schwierigen Zeiten“ lautet der Titel des einstimmig beschlossenen Berichts. Besonders im Fokus: die junge Generation.
Prof. Dr. Regina Birner betont außerdem die wichtige Rolle der Frauen im ländlichen Raum. Die Agrarökonomin von der Universität Hohenheim in Stuttgart ist gemeinsam mit Prof. Dr. Achim Spiller von der Universität Göttingen Sprecher:in des Gremiums, das die Bundesregierung bei ihrer Agrarpolitik berät.

Entwicklungszusammenarbeit und globale Ernährungssicherung gehören erstmals zu den zentralen Themen, die das ZKL in seinen Bericht aufgenommen hat. Damit setzt das Gremium nicht nur nationale, sondern auch internationale Impulse. Seine Empfehlungen sollen eine nachhaltige und resiliente Zukunft der Landwirtschaft sichern – im Einklang mit ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen.

„Wir freuen uns sehr, dass es den ZKL-Mitgliedern nach intensiven Beratungen gelungen ist, im Konsens gemeinsame strategische Leitlinien und Empfehlungen für eine nachhaltige Zukunft der Landwirtschaft zu entwickeln“, so Prof. Dr. Regina Birner und Prof. Dr. Achim Spiller.

Frauen als treibende Kräfte im ländlichen Raum

„Mit dem aktuellen Bericht betonen wir unsere globale Verantwortung“, erläutert Prof. Dr. Birner. Sie befasst sich in ihrer Forschung am Hans-Ruthenberg Institut der Universität Hohenheim auch mit der nachhaltigen landwirtschaftlichen Entwicklung in Ländern des globalen Südens – und mit der Rolle von Frauen in der Landwirtschaft.

Denn Frauen spielen eine entscheidende Rolle für die ländliche Entwicklung, nachhaltige landwirtschaftliche Produktion und Ernährungsresilienz. „Diese Rolle sollte in der Agrar- und Entwicklungspolitik künftig stärker berücksichtigt werden“, rät Prof. Dr. Birner. „Daher begrüße ich es auch vor dem Hintergrund unserer Forschung sehr, dass der neue ZKL-Bericht auf die wichtige Rolle der auf dem Land lebenden Frauen hinweist.“

Junge Generation im Fokus

Besondere Beachtung widmet der Bericht auch den Zukunftsperspektiven junger Menschen und weist auf die große Bedeutung nachhaltiger Agrar- und Ernährungssysteme für sie hin. Die ZKL empfiehlt, gerade junge Menschen sowohl aus Agrar- als auch aus Umweltorganisationen stärker in den Dialog einzubinden, um deren Konsensbereitschaft für künftige Entwicklungspfade zu stärken.

Prof. Dr. Sebastian Hess, Prorektor für Studium und Lehre an der Universität Hohenheim, sieht darin wichtige Impulse für die Lehre. „Der ZKL-Bericht bestärkt unser Ziel, eine neue Generation junger Führungskräfte genau in diesem Sinne auszubilden“, erläutert Prof. Dr. Hess. „Dafür haben wir als eine der führenden Unis für Agrarforschung mit dem artenreichsten Campus Europas besonders gute Voraussetzungen.“

Empfehlungen für zehn Handlungsfelder

Insgesamt gibt der Bericht einen strategischen Ausblick auf eine zukunftsfähige Agrar-, Umwelt- und Tierschutzpolitik und Empfehlungen für eine neue Kultur der Zusammenarbeit. Er deckt ein breites Spektrum von zehn Handlungsfeldern ab: 
  • die Gemeinsame Agrarpolitik und Marktordnung, 
  • Regulierungsabbau, 
  • Biodiversitätsschutz, 
  • Tierhaltung und Pflanzenbau, 
  • Digitalisierung und Technik, 
  • Resilienz landwirtschaftlicher Betriebe und 
  • Ernährungsresilienz in globaler Dimension.

Der ZKL-Bericht ist auf der Webseite des BMEL unter BMEL - Landwirtschaft - Zukunftskommission Landwirtschaft verfügbar    hier

HINTERGRUND: Zukunftskommission Landwirtschaft ZKL

Die Zukunftskommission Landwirtschaft ist ein Gremium, in dem die führenden Verbände aus Landwirtschaft und Wirtschaft, Umwelt-, Natur-, Verbraucher- und Tierschutz sowie der Entwicklungszusammenarbeit gemeinsam mit Wissenschaftler:innen daran arbeiten, tragfähige Lösungen im Konsens für die Zukunft der Landwirtschaft und Ernährung zu erarbeiten. Der aktuelle Bericht knüpft an den 2021 von der ZKL veröffentlichten Bericht „Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ an.

Mehr Infos: Abschlussbericht der ZKL 2024   hier

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