WiWo hier 1.12.24
Wärmepumpe
ja oder nein?
Das Gebäudeenergiegesetz wird zum Spielball im Wahlkampf – mehrere Parteien wollen es reformieren oder gleich kassieren. Sollten Verbraucher noch schnell umrüsten?
Sie sollte die neue, klimaschonende Alternative zur konventionellen, fossilen Heizung werden. Und tatsächlich hat die Wärmepumpe einen kometenhaften Aufstieg hingelegt, zumindest zwischenzeitlich: 2022 und 2023 erhöhte sich ihr Absatz in Deutschland um jeweils 50 Prozent. Im Wärmepumpen-Rekordjahr 2023 wurden über 350.000 neue Geräte installiert.
Ihr Hochlauf ging auch einher mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Die trat in diesem Jahr in Kraft und hat das schon seit 2020 bestehende GEG merklich verschärft. Seit Jahresanfang müssen neue Heizungen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Und das kann die Wärmepumpe.
Die Novelle hat aber auch eine lange und erbittert geführte Debatte mit sich gebracht. Stichwörter: Heiz-Hammer und Heizungsgesetz. Letzteres ist in den Diskussionen immer häufiger gefallen, immer seltener wurde klar, ob damit nun die Novelle oder gleich das ganze GEG gemeint war. Der Streit ums Heizen beschäftigte die Politik, die Industrie, die Medien, die Bürger. Die Wärmepumpe wurde für viele sogar zum Symbolbild eines neuen Kulturkampfes.
Mit dem Jahr 2024 flachte die Debatte allmählich ab, genauso wie der kometenhafte Aufstieg der Wärmepumpe. 500.000 installierte Geräte pro Jahr hatte sich die Ampel-Koalition ab 2024 zum Ziel gesetzt. Die Branche aber winkt ab – sie erwartet für dieses Jahr mit rund 200.000 Geräten einen nicht mal halb so hohen Absatz. Das zeigen Zahlen des Bundesverbands Wärmepumpe.
Mehrere Parteien wollen „Heizungsgesetz“ abschaffen
Nun ist neben diesem auserkorenen Ziel auch die Ampel-Koalition selbst Geschichte. Im Februar wird gewählt. Der Wahlkampf läuft längst und die Debatte um das sogenannte Heizungsgesetz kocht wieder hoch. Einige Parteien würden die von der Ampel vorangetriebene Novelle am liebsten direkt wieder kassieren. Zum Beispiel das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) um die gleichnamige Gründerin, die mit ihrer Partei bei den diesjährigen Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen aus dem Stand zweistellige Ergebnisse einfuhr. Auch im Bund überspringt das BSW derzeit laut mehrerer Umfragen locker die Fünf-Prozent-Hürde.
Ein ähnliches, wenn auch etwas diffuseres Bild zeichnet sich bei der Union: Schon lange bevor die Ampel platzte, hatte CDU-Chef Friedrich Merz angekündigt, das Gesetz rückgängig machen zu wollen. Später hat er sich hinter die Wärmepumpe als Heizung der Zukunft gestellt. Seine Parteikollegen Carsten Linnemann und Jens Spahn hatten zuletzt ebenfalls verlautbart, das sogenannte Heizungsgesetz stoppen zu wollen, wenn die Union wieder in Regierungsverantwortung käme. Auch der mittlerweile zurückgetretene FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte, das Gesetz abzuschaffen.
Um für Klarheit in der Diskussion zu sorgen, erklärte Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) kürzlich in einer Mitteilung: „Das GEG kann gar nicht abgeschafft werden, es basiert in wesentlichen Teilen auf europäischen Vorgaben und muss sogar im Jahr 2026 von einer künftigen Bundesregierung wieder überarbeitet werden, um weitere europäische Vorgaben aufzunehmen.“ Bürger sollten sich laut ihm nicht von pauschalen Wahlkampfaussagen irritieren lassen. „Wer Heizungsgesetz sagt, meint wahrscheinlich nur den Paragraf 71 im GEG“, erklärt er. Also jenen, der unter anderem regelt, dass neue Heizungen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen müssen.
Die Branche brauche Kontinuität, keine Wahlkampftaktiken
Die Union schlägt stattdessen etwa vor, sich künftig stärker auf den CO2-Preis als zentrales Steuerungselement zu konzentrieren. Das geht aus der im November veröffentlichten Energie-Agenda der Partei hervor. Für Verbraucher kann der CO2-Preis spürbar werden, weil Produkte, die viele Emissionen verursachen, teurer werden. Wer etwa mit Öl oder Gas heizt, muss mehr bezahlen. Derzeit liegt der CO2-Preis bei 45 Euro pro Tonne, 2025 steigt er auf 55 Euro.
Ab 2027 soll der nationale Emissionshandel dann noch in einen europäischen überführt werden. Dann sollen allerdings keine festen Preise mehr gelten, also könnten noch höhere Kosten auf Verbraucher mit fossilen Heizungen zukommen.
Bei Unternehmen sorgt die wieder aufgekommene Debatte teilweise für Unverständnis. Jan Ossenbrink, Chef des Wärmepumpen-Start-ups Vamo, hält die derzeitige Situation für politisches Schaulaufen. „Jetzt alles zur Disposition zur stellen ist verantwortungslos und hat mit politischem Opportunismus zu tun“, bemerkt er. „Das ist das Gegenteil von dem, was wir brauchen, die Branche muss zur Ruhe kommen und braucht Planungssicherheit – es geht am Ende auch um Arbeitsplätze und handfeste Investitionen.“
Immerhin könne Deutschland als Wärmepumpen-Standort auf absolute Spitzentechnologie bauen. „Beim Thema GEG sind wir zwar auch dafür, es zu optimieren, aber auseinanderpflücken? Nein – das bringt bei allen Akteuren nur noch mehr Unsicherheit rein“, meint der Vamo-Chef.
Auch Markus Meyer, Director Public and Regulatory Affairs bei Enpal, das unter anderem auch Wärmepumpen vertreibt, mahnt zur Kontinuität: „Die überhitzte Debatte hat zu lange die Menschen ohne Not verunsichert.“ Wichtig sei nun, wieder Ruhe in das Thema zu bekommen. „Das Klimaneutralitätsziel 2045 und die dafür notwendige Wärmewende können ohne die Wärmepumpe weder rechtzeitig noch effizient erreicht werden – wir gehen daher nicht von einer Abschaffung des Gesetzes aus, sondern von Nachbesserungen an konkreten Stellen“, sagt er.
Ein ähnliches Bild zeichnet Thermondo, der größte Wärmepumpen-Installateur Deutschlands. „Die Industrie hat Milliarden in den Hochlauf der Wärmepumpe investiert, die knapp 50.000 Handwerksbetriebe in Deutschland haben sich auf die Wärmepumpe eingestellt und mehr und mehr Eigenheimbesitzer verstehen, dass eine Wärmepumpe sich bei der aktuellen Förderung nach wenigen Jahren rechnet – diese Entwicklung abzuwürgen, kann nicht im Interesse einer neuen Regierung sein“, unterstreicht Richard Lucht, Vice President Brand und Communication bei Thermondo.
Dennoch bleibe Thermondo optimistisch. „In den vergangenen Wochen verzeichnen wir einen enormen Nachfrageanstieg“, berichtet Lucht. „Die Ankündigungen der Opposition haben offenbar einen positiven Effekt auf die Verkaufszahlen – viele Hausbesitzer möchten sich jetzt die geltenden Fördersätze sichern, bevor sich daran im nächsten Jahr möglicherweise etwas ändert.“
Verbände raten, die noch aktuelle Förderung einzustreichen
Die kurzfristig gestiegene Nachfrage nach Wärmepumpen nimmt auch Vamo-Chef Jan Ossenbrink wahr: „Aktuell schlägt die Unsicherheit in mehr Nachfrage um – viele wollen sich Wärmepumpe und Förderung jetzt sichern, weil sie nicht wissen, was in ein paar Wochen passiert“, erzählt er.
Aktuell fördert die KfW den klimafreundlicheren Heizungstausch mit bis zu 70 Prozent der förderfähigen Kosten von maximal 30.000 Euro. Noch. Jens Spahn kündigte zuletzt auch an, die Förderung massiv zusammenzustreichen oder ganz beenden zu wollen. Helmut Bramann vom ZVSHK rät dazu, bei der noch bestehenden Förderung zuzuschlagen: „Das Ziel klimaneutral im Gebäude zu werden, bleibt und die Möglichkeiten, hierbei Fördermittel zu erhalten, werden nicht besser werden, als sie jetzt sind – zu warten ergibt deshalb keinen Sinn“, kommentiert er.
Auch laut Richard Lucht von Thermondo seien Hausbesitzer gut beraten, auf die Wärmepumpe umzusteigen, so lange die aktuelle Rekordförderung von bis zu 70 Prozent steht. „Günstiger wird es nicht werden“; sagt er. „Eine reduzierte Förderkulisse hätte für Hausbesitzer höhere Anschaffungskosten für eine Wärmepumpe zur Folge – mit der Konsequenz, dass sich möglicherweise noch mehr Menschen wieder für eine in der Anschaffung günstigere klimaschädliche Gas- oder Ölheizung entscheiden.“
Die Entscheidung sei aber nicht wirtschaftlich. „Durch den steigenden CO2-Preis auf Öl und Gas drohen ab 2027 Kostenfallen für Millionen Menschen – ein längerfristiges Festhalten an fossilen Rohstoffen wäre außerdem ein fatales Signal für unsere Klimaziele im Gebäudesektor“, mahnt Lucht.
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Kann Deutschland sein Ziel von 500.000 Wärmepumpen jährlich erreichen?
Die Wärmepumpe steht symbolisch für die Herausforderungen der Energiewende in Deutschland. Sie ist effizient, klimafreundlich und zukunftssicher – doch ohne klare politische Unterstützung droht ihr Erfolg auf halber Strecke zu scheitern.
In den vergangenen Jahren stieg der Absatz von Wärmepumpen in Deutschland kontinuierlich an. Treiber waren die steigende Nachfrage nach umweltfreundlichen Heiztechnologien und Förderprogramme wie die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Die Wärmepumpe etablierte sich zunehmend als Alternative zu fossilen Heizsystemen, insbesondere in Neubauten. Doch auch im Altbau, wo oft zusätzliche Sanierungsmaßnahmen nötig sind, gewann sie an Bedeutung.
Der Rückgang 2023 kam überraschend. Mit fast 200.000 verkauften Geräten lag die Zahl deutlich unter den Erwartungen. Laut dem Bundesverband Wärmepumpe (BWP) war eine Hauptursache die Verunsicherung der Verbraucher. Unklare Rahmenbedingungen, Diskussionen um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und fehlende Transparenz bei Förderprogrammen haben viele potenzielle Käufer abgeschreckt.
2023 zeigt, wie fragil der Markt ist. Die politische Diskussion um die Wärmewende und die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung sorgt für Unsicherheit. Die Verbraucher halten sich zurück, obwohl die Förderzahlen der KfW ansteigen und die Technik selbst immer ausgereifter wird.
Ein weiteres Hindernis bleibt der hohe Strompreis in Deutschland, der die Attraktivität von Wärmepumpen schmälert. Trotz der Umweltfreundlichkeit und Effizienz der Geräte stehen Verbraucher vor der Frage: Können sie sich die langfristigen Betriebskosten leisten?
Die Zukunft: Zwei Szenarien – zwei Realitäten
Die Branchenstudie des BWP skizziert zwei mögliche Wege für die Wärmepumpe in Deutschland:
1. Das unveränderte Szenario
Wenn die aktuellen Bedingungen unverändert bleiben, wird die Wärmepumpe zwar weiterhin Marktanteile gewinnen, aber nur langsam. Der Europäische Emissionshandel (ETS 2), der ab 2027 für Gebäude und Verkehr eingeführt wird, dürfte den Preis fossiler Brennstoffe steigen lassen. Doch ohne klare positive Anreize, wie eine Senkung der Stromsteuer oder Netzentgelte, werden viele Verbraucher eher versuchen, ihren Energieverbrauch zu reduzieren, anstatt in neue Heizsysteme zu investieren. Das Ziel von 500.000 jährlich installierten Wärmepumpen könnte so erst 2030 erreicht werden – zu spät, um die Klimaziele im Gebäudebereich einzuhalten.
2. Das ambitionierte Szenario
Hier setzt die Politik auf positive Impulse: Eine transparente Kommunikation über den ETS 2, Entlastungen beim Strompreis und verlässliche Förderbedingungen könnten den Markt revolutionieren. Bereits 2027 könnte die Wärmepumpe 500.000 Installationen pro Jahr erreichen. Dieses Szenario verspricht nicht nur Fortschritte im Klimaschutz, sondern auch wirtschaftliche Vorteile. Eine starke Wärmepumpenbranche würde Arbeitsplätze sichern und Deutschland als Vorreiter im Bereich der Klimatechnologien positionieren.
Was muss passieren?
Der BWP fordert, die politischen Rahmenbedingungen stabil zu halten und die Öffentlichkeit frühzeitig auf kommende Veränderungen vorzubereiten. Besonders wichtig sei eine Entlastung der Strompreise, etwa durch die Absenkung der Stromsteuer und Netzentgelte. Diese Maßnahmen könnten die Wärmepumpe im Wettbewerb mit fossilen Heizsystemen deutlich stärken.
Zugleich muss die Debatte um Klimaschutzmaßnahmen sachlich und konstruktiv geführt werden. Polemik und Angstmacherei, wie sie in Diskussionen um das GEG zu beobachten waren, schaden nicht nur der Branche, sondern auch den Klimazielen Deutschlands. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Deutschland die Chance nutzt, mit der Wärmepumpe eine Schlüsseltechnologie der Energiewende zu etablieren – oder ob politische Unsicherheiten und verpasste Chancen den Ausbau weiter bremsen.
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