Montag, 16. Dezember 2024

Die Menschheit hätte die Mittel, um darauf zu reagieren - hat sie auch den Willen dazu?

Die Konferenz in Dubai ging ohne Einigung zu Ende, der Bericht des UN-Übereinkommens zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) wurde trotzdem vorgestellt und dient - hoffentlich - als Vorlage bei der nächsten Konferenz.

Hier  Tagesspiegel Von Patrick Eickemeier  09.12.2024

Dürren enden, Trockenheit bleibt: „Dieser Wandel definiert das Leben auf der Erde neu“


Die Trockengebiete auf der Erde dehnen sich zunehmend aus. Im Gegensatz zu Dürren, die vorübergehen, handelt es sich bei Trockenheit um eine dauerhafte Veränderung. Auch Europa ist betroffen.

Drei Viertel der Landfläche der Erde wurden in den letzten drei Jahrzehnten dauerhaft trockener. Das geht aus einem am Montag vorgestellten Bericht des UN-Übereinkommens zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) hervor.



In dieser Zeit haben sich die Trockengebiete auf der Erde
um etwa 4,3 Millionen Quadratkilometer ausgeweitet.
Das entspricht zwölfmal der Fläche der Bundesrepublik Deutschland.
Trockengebiete bedecken nun 40,6 Prozent der Landfläche der Erde –
die Antarktis nicht eingerechnet.


Bekannte Ursache
„Diese Analyse räumt endlich mit einer Unsicherheit auf, die lange Zeit die globalen Trockenheitstrends umgeben hat“, sagt Ibrahim Thiaw, Executive Secretary, UN Convention to Combat Desertification (UNCCD). Im Gegensatz zu Dürren, die vorübergingen, sei die Trockenheit eine dauerhafte Veränderung. „Das trockenere Klima, von dem weite Gebiete auf der ganzen Welt betroffen sind, wird nicht mehr so sein wie früher, und dieser Wandel definiert das Leben auf der Erde neu“, sagt Thiaw.

 Knapp acht Prozent der weltweiten Landfläche wurden von Nicht-Trockengebieten zu Trockengebieten oder von weniger trockenen Trockengebieten zu trockeneren Gebieten.
Hinter dieser mühsam zu formulierenden Unterscheidung stehen meist feuchte Landschaften, die zu Trockengebieten wurden, mit schwerwiegenden Folgen für die Landwirtschaft, die Ökosysteme und die dort lebenden Menschen. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts könnten weitere drei Prozent zu Trockengebieten werden.

Hauptursache der zunehmenden Trockenheit sei der Klimawandel. Um die weitere Ausdehnung der Trockengebiete zu verhindern, müssten die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas gesenkt werden, schließt der Bericht des UN-Gremiums für die wissenschaftliche Bewertung von Landdegradation und Dürre.

Treibhausgasemissionen aus der Stromerzeugung, dem Verkehr, der Industrie und der veränderten Landnutzung und andere menschliche Aktivitäten erwärmen den Planeten und wirken sich auf Niederschläge, Verdunstung und das Pflanzenwachstum aus, wodurch die Bedingungen geschaffen werden, die die Trockenheit verstärken.

Hotspots der Aridifizierung
Zu den Gebieten, die besonders stark von der Trockenheit betroffen sind, gehören fast ganz Europa (96 Prozent der Landfläche), Teile des Westens der Vereinigten Staaten, Brasilien, Teile Asiens (vor allem Ostasien) und Zentralafrika.


Dürreperioden enden.
Wenn aber das Klima in einem Gebiet trockener wird,
geht die Fähigkeit verloren, zu früheren Bedingungen zurückzukehren.

Ibrahim Thiaw, UNCCD


Im Westen der USA und in Brasilien sind die Austrocknungstendenzen sehr deutlich, was Wasserknappheit und Waldbrände zu ständigen Gefahren werden lässt. Im Mittelmeerraum weiten sich die halbtrockenen Bedingungen voraussichtlich aus.

In Zentralafrika und Teilen Asiens bedrohen die Veränderungen der Ökosysteme und die Wüstenbildung zahlreiche Arten von Pflanzen und Tieren.

„Ohne dass wir gemeinsam etwas dagegen tun, droht Milliarden von Menschen eine Zukunft, die von Hunger, Vertreibung und wirtschaftlichem Niedergang geprägt ist“, sagt Nichole Barger, die Vorsitzende der UNCCD-Schnittstelle Wissenschaft-Politik. Die Menschheit hätte die Mittel, um darauf zu reagieren, die Frage sei, ob sie auch den Willen dazu habe.

„Indem wir Fachkenntnisse zusammenführen und neue Technologien nutzen, können wir den Wandel nicht nur messen, sondern auch einen Fahrplan für die Widerstandsfähigkeit erstellen“, sagt Narcisa Pricope, Co-Autorin des Berichts von der Mississippi State University, USA. Dazu gehöre, die Zunahme der Trockenheit weiterhin zu messen, und auch der UN-Prozess zur globalen Zusammenarbeit.

Der Bericht empfiehlt konkret, Landnutzungspraktiken nachhaltig zu gestalten, um die Auswirkungen der zunehmenden Trockenheit abzumildern, insbesondere in gefährdeten Regionen. Projekte wie die Great Green Wall, eine Initiative zur Wiederherstellung von Land in Afrikas Sahelzone, zeigten, dass die Bekämpfung der Trockenheit auch Potenzial habe, Arbeitsplätze zu schaffen und sich wirtschaftlich auszuzahlen.

Trockenheit verursacht dagegen große wirtschaftliche Schäden:
Die afrikanische Wirtschaftsleistung ist zwischen 1990 und 2015 wegen zunehmender Trockenheit um zwölf Prozent zurückgegangen.
Bis zum Jahr 2079 könnten es 16 Prozent sein, auch wenn Emissionen verringert werden.
Bei den weltweiten Ernteerträgen bis 2040 werden aufgrund zunehmender Trockenheit 20 Millionen Tonnen Mais, 21 Millionen Tonnen Weizen und 19 Millionen Tonnen Reis als Verluste erwartet.

Zudem sollte verstärkt in die Wassereffizienz investiert werden. Dazu gehöre, Regenwassersammlung, Tropfbewässerung von Feldern und das Abwasserrecycling weiterzuentwickeln. Programme zum Aufbau von Kapazitäten, finanzielle Unterstützung und Bildungsprogramme könnten den Menschen helfen, die am stärksten von der Trockenheit betroffen sind, sich schrittweise an die veränderten Bedingungen anzupassen – etwa mit dürreresistenten Nutzpflanzen und trockenheitstoleranten Nutztieren.

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