Donnerstag, 5. Dezember 2024

Klima-Anpassung passiert - Miniwälder in Chile

hier  Miya-Forest.de

hier Bundespreis 2022 Umweltbundesamt

Tiny Forests- von nachhaltiger Bildung zu klimaresilienten Städten

Im Angesicht der sozio-ökologischen Krise bietet das Konzept des Tiny Forest nach Akira Miyawaki einen vielversprechenden, ganzheitlichen Lösungsansatz. 

Die Miyawaki-Methode bezeichnet eine innovative, aus Japan stammende Pflanzmethodik. ..

Im Kern der Methode steht die Partizipation von Kindern und anderen Freiwilligen im Rahmen von Umweltbildungsprogrammen, in denen umfangreiches ökologisches Wissen vermittelt wird...


hier Stand:02.12.2024,  Eine Reportage von Malte Seiwerth.

Santiago de Chile: Den Wald in die Stadt holen

Innerhalb von Städten und auf kleinem Raum soll ein komplexes Ökosystem von Grund auf neu geschaffen werden.

In Santiago de Chile gelten vor allem die Armenviertel als urbane Wüste. Das birgt mit Blick auf die Klimakrise enorme Risiken. Die Metropolregion setzt auf grüne Innovation.

Manuela Bañados steht inmitten eines kleinen Waldes. Glücklich beschreibt sie die Art der Pflanzen, die rund um sie in die Höhe schießen. Als ein Vogel sich auf eine Baumkrone setzt, zeigt sie voller Freude auf ihn und sagt: „Nach nur einem Jahr kommt hier das Leben zurück.“

Der Miniwald, in dem Bañados steht, ist nach dem Miyawaki-Konzept auf einem ungenutzten Bolzplatz gepflanzt worden. Eine dichte vielseitige Bepflanzung soll hier einen Wald im Kleinformat von Grund auf nachbilden. Gepflanzt hat ihn das Unternehmen von Bañados im Auftrag der Gemeinde Independencia und der Regionalregierung von Santiago. Der Miniwald soll Vorbild für 33 weitere Wälder sein, die als Teil der Strategie zur Anpassung an den Klimawandel das Stadtklima von Santiago verändern sollen.

Santiago de Chile, das bedeutet in den Sommermonaten täglich Temperaturen von bis zu 36 Grad Celsius, eine auf der Haut brennende Sonne, mehr als sieben Monate fast ohne Regen und kaum Schatten. Während die Gemeinden der Oberschicht auf diese Situation mit großen Parks und grünen Alleen reagieren, verwandeln sich die Armenviertel in urbane Wüsten. Im reichen Vitacura kommen auf eine Person gut 50 Quadratmeter Grünfläche, während in ärmeren Gemeinden die Zahl in Richtung null geht. Das hat auch Auswirkungen auf die Hitzeentwicklung im Sommer.

Mauricio Fabry sieht darin ein Problem: „Schon heute können wir sagen, dass die Hitze in Santiago tötet.“ Die Statistik zeige, so Fabry, dass die Sterblichkeit von älteren und besonders jungen Menschen an Hitzetagen steige. Die Krankenhäuser rechneten jedes Jahr mit einer erhöhten Anzahl an Menschen, die wegen Kreislaufproblemen eingeliefert werden. Fabry leitet das Umweltbüro der Regionalregierung von Santiago. Er sitzt in seinem Büro im Stadtzentrum, während der Autolärm leise durch die Fenster dringt. Fabry meint, dass sich im Zuge des Klimawandels vor allem drei bisher schon existierende Probleme verschlimmern: Wasserknappheit, extreme Hitzeperioden und Brände in den noch existierenden Wäldern am Rand der Stadt.

Vor allem zur Bekämpfung der ersten beiden Probleme setzt die Regierung auf neue Methoden. Stolz zeigt Fabry auf seinem Handy Fotos einer frisch eröffneten Anlage, die das Versickern von Regenwasser erleichtern soll, „damit in den Regenmonaten im Winter sich das Grundwasser besser auffüllt“, so Fabry.

Doch vor allem würden Bäume gepflanzt, sagt Fabry entschieden. Mehr als 35 000 neue Bäume sollen bis zum Ende der Regierungsperiode des aktuellen Gouverneurs Claudio Orrego im März 2025 gesetzt worden sein. So sollen gerade in den Gemeinden, die historisch benachteiligt wurden, kleine Oasen entstehen. Neben traditioneller Straßenbegrünung setze die Regionalregierung auf gemeinschaftliche Projekte und innovative Bepflanzung wie die Miyawaki-Miniwälder.

In internationalen Vergleichen gilt Santiago als eine der schönsten Städte Lateinamerikas, um dort zu leben. Internetportale rühmen die Metropole für die vielen Parks und Grünflächen. Doch Santiago gehört gleichzeitig zu den Städten mit der größten sozioökonomischen Ungleichheit. Die Militärdiktatur zwischen 1973 und 1990 siedelte zahlreiche Menschen um, um die einzelnen Stadtviertel sozial zu segregieren. Da jedes Viertel eine eigene Gemeinde bildet und diese für den lokalen Gesundheitsdienst oder die meisten Parkanlagen verantwortlich sind, führt dies zu reichen Gemeinden mit ausufernden Parkanlangen und armen Gemeinden, in denen sich der Müll auf der kahlen Erde neben der Straße sammelt.

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Miyawaki-Konzept

Weltweit boomt derzeit die Miyawaki-Methode bei der Neubegrünung. Das Versprechen ist, innerhalb von Städten und auf kleinem Raum ein komplexes Ökosystem von Grund auf neu zu schaffen. Dieses soll möglichst einen ausgewachsenen Wald imitieren. Auch Frankfurt am Main beschloss, im kommende Jahr drei solcher Miniwälder zu schaffen, um das Stadtklima im Sommer zu verbessern. 

Namensgeber und Erfinder des Konzepts ist der im Jahr 2021 verstorbene Akira Miyawaki. Der Botaniker entwickelte in den 1970er und 1980er Jahren die Methode, um schnell wachsende, dichte Wälder auf engem Raum entstehen zu lassen.


Der kleine Wald in Independencia zeigt beispielhaft die Strategie der Regionalregierung: Bewässert wird die neue Grünanlage mit Grauwasser aus Waschbecken und Duschen einer benachbarten öffentlichen Grundschule. Expertin Manuela Bañados ist zuversichtlich, dass der Wald innerhalb von zwei bis drei Jahren ohne Bewässerung die trockenen Sommermonate überstehen kann. Gepflanzt wurden die Bäume teils zusammen mit der Nachbarschaft. Fabry erklärt, dies sei Teil der Strategie der Regierung: „Wir beziehen die Menschen ein und bilden sie im Umgang mit Pflanzen weiter. Nur so können wir sie für das Thema sensibilisieren.“ So habe man auch mehrere Tausend Bäume an soziale Organisationen und Anwohner:innen ausgegeben – gegen das Versprechen, die Bäume im öffentlichen Raum zu pflanzen und später auch zu pflegen.

Als Orte für die Miyawaki-Wälder habe man Flächen ausgewählt, die vorher brach lagen, als illegale Mülldeponien dienten und in Verbindung mit Kriminalität gebracht wurden, sagt Fabry. „Wir tragen also zu einer gesamtgesellschaftlichen Lösung bei.“....

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