Update: hier Artikel von Tobias Schwaninger •27.11.24
Tödliche Falle im Garten: Schwere Zeiten für Igel
Der Igel ist das Wildtier des Jahres 2024. In Bayern gilt er als „potenziell gefährdet“. Es gibt viele Gründe für diese Entwicklung, einer hat mit Mährobotern zu tun.
.. Das stachelige Säugetier hat einen schweren Stand, leidet neben dem Klimawandel auch unter Mährobotern. In Bayern gilt das Wildtier des Jahres mittlerweile als potenziell gefährdet.
Zu spüren bekommt das auch Heinzinger. Sie kümmert sich um die einzige Igelstation im Landkreis.... Seit 20 Jahren hat sie einen Teil ihres Hauses und ihres Gartens zu einer Igelstation umfunktioniert. Um verletzte oder kranke Tiere – viele kommen mit Milben oder Pilzen zu ihr – wieder aufzupäppeln. Sie gibt ihnen Katzenfutter, Hühnerleber oder auch Rührei. Die Tiere brauchen ihre Hilfe immer öfter.
Das Weibchen, das Heinzinger vorsichtig in beiden Händen halt, bringt nicht einmal 300 Gramm auf die Waage. .... Für den Winterschlaf, der eigentlich längst hätte beginnen sollen, ist er zu schwach. „600 bis 700 Gramm sollten die Igel dafür wiegen“, erklärt Heinzinger. Wenn das Säugetier die Körperfunktionen während der kalten Jahreszeit herunterfährt, verliert es bis zu 40 Prozent an Gewicht.
All das gehört zum Lebenszyklus eines Igels, der zu den ältesten Säugetieren der Welt gehört. Doch es gibt etwas, das seinen natürlichen Rhythmus ins Wanken gebracht hat: der Klimawandel.
„Igel reagieren total sensibel auf Temperaturunterschiede“, sagt Heinzinger. Immer öfter passiert es, dass die Tiere viel zu früh aus ihrem Winterschlaf erwachen. Einfach, weil es ihnen zu warm ist. Das kann im Februar passieren, genauso aber auch schon im Dezember. Das große Problem dabei: Insekten, von denen sich die Igel ernähren, sind dann Mangelware. Sie finden schlichtweg nicht mehr genügend Futter. Im besten Fall findet sie jemand und bringt sie ins Tierheim. Andernfalls sind sie auf sich alleine gestellt. Ein Überlebenskampf, den die wenigsten gewinnen können.
Mähroboter im Garten: „Wenigstens über Nacht soll man sie doch ausschalten.“
Eine tödliche Gefahr lauert außerdem in den Gärten vieler Menschen. Um das Gras zu mähen, holen sich viele Roboter. Und die laufen auf Hochbetrieb, oft zu jeder Tageszeit. „Wenigstens über Nacht soll man sie doch bitte ausschalten“, appelliert Heinzinger. Sie weiß ganz genau, wie gefährlich die kleinen Maschinen für die Igel sein können. Die schlimmen Verletzungen hat sie oft genug mit eigenen Augen gesehen. „Igelmama“ zu sein, ist nicht immer einfach – oft bieten sich einem „schreckliche Anblicke“.
Trotzdem tut Heinziger das, was sie tut, sehr gerne. Es erfüllt sie mit „unglaublich großer Freude“, wenn sie einen Igel wieder gesund gepflegt hat. Wenn die Tiere bereit zum „Auswildern“ sind.....
So geschehen in Bayern - aber wie sieht es in unseren Kreisen aus? Ein Antrag der ÖDP in Friedrichshafen vom Mai wurde abgelehnt- zurecht?
Hier Merkur Artikel von Volker Ufertinger 28.11.24
Nachtfahrverbot für Mähroboter soll Igel schützen – Landratsamt lehnt ab
Der Bund Naturschutz wollte zum Schutz von Igeln ein nächtliches Fahrverbot von Mährobotern erwirken. Doch das Landratsamt sieht keine Notwendigkeit.
Gauting – In der Bürgerversammlung Mitte Oktober hat eine Vertreterin des Bund Naturschutz einen Bürgerantrag gestellt. Sein Inhalt: Die Gemeinde möge ein Nachtfahrverbot von Mährobotern erlassen, weil zu viele Igel durch die Geräte verletzt oder gar getötet werden. Der Antrag bekam eine Mehrheit, also musste sich der Gemeinderat binnen drei Monaten mit der Materie befassen. In der Sitzung am Dienstag war das der Fall. Das Ergebnis: Die Gemeinde ist in dieser Angelegenheit gar nicht zuständig, sondern das Landratsamt. Und die Untere Naturschutzbehörde lehnt ein solches Verbot aus mehreren Gründen ab.
Naturschützer kritisieren die für Gartenbesitzer so bequemen Mähroboter schon länger. Diese sind eigentlich fahrende Computer mit einem angeschlossenen Mähwerk, die selbständig kontinuierlich eine vorgegebene Fläche ohne menschliches Zutun abmähen. Viele sind über eine App zu bedienen. Aber: Die rotierenden Klingen können Wildtiere wie Kröten, Eidechsen oder Schleichen schwer verletzten. Besonders Igel sind gefährdet, weil sie sich im Vertrauen auf ihre Stacheln zusammenrollen, anstatt davonzulaufen. Ein Verbot ist andernorts schon verhängt worden, etwa in Köln.
Wie Bürgermeisterin Dr. Brigitte Kössinger erläuterte, bräuchte es für ein Nachtfahrverbot eine naturschutzrechtliche Allgemeinverfügung, wie sie in Köln erlassen wurde. Diese aber könne nur die Untere Naturschutzbehörde aussprechen. Die Behörde aber hat in einer Stellungnahme deutlich gemacht, dass ein Erlass aktuell nicht erforderlich ist. Zu einem sei im Landkreis aktuell kein einziger Fall bekannt, in dem ein Tier zu Schaden gekommen ist. Zum anderen sei der nächtliche Betrieb von Mährobotern durch den Immissionsschutz schon jetzt verboten. Und drittens: „Es ist kaum vorstellbar, wie ein entsprechendes Verbot kontrolliert und vollzogen werden könnte.“ Sinnvoller sei es, den Weg über die Hersteller zu gehen und auch die Bürger aufzuklären.
Dr. Matthias Ilg (Grüne) zeigte sich über die Auskunft aus dem Landratsamt „ein bisschen entsetzt“. Der Igel stehe auf der roten Liste gefährdeter Arten, seit 1976 sei der Bestand deutschlandweit auf ein Fünftel gesunken. Schuld seien vor allem die Autos, aber auch die Mähroboter trügen ihren Teil bei. Die Tatsache, dass aus dem Landkreis keine Fälle bekannt sind, bedeute gar nichts: „Ich gehe von einer hohen Dunkelziffer aus.“ Kurz: „Ich sehe schon, dass wir da was machen müssen.“
Unterstützung bekam er von Fraktionskollegen Jens Rindermann. „Ich halte die Argumentation für falsch“, sagte er in Richtung Untere Naturschutzbehörde. „Die Nichtkontrollierbarkeit kann kein Grund sein, etwas nicht zu machen.“ Ihm pflichtete Dr. Jürgen Sklarek (MiFü) bei. „Man sieht ja überall, dass die Natur zugrunde geht. Wir sollten das unterstützen.“ Allerdings fürchtete er, dass sich das Landratsamt nicht bewegen wird. Auch Stefan Berchtold (MfG) wollte etwas für die Igel tun: „Das Thema ist wichtig, Igel sind potenziell gefährdet.“
Britta Hundesrügge (FDP) wies die Grünen darauf hin, dass der Kreistag der richtige Ort sei, um ihr Anliegen vorzubringen. „Ihr habt doch eine starke Fraktion, die können doch einen entsprechenden Antrag einbringen.“ Das stieß auf Zustimmung. Außerdem regte Ilg an, im Frühjahr auf der Homepage der Gemeinde einen Hinweis zu platzieren. „Das können wir gerne machen“, so die Bürgermeisterin. Den Text formulieren die Grünen.
hier SÜDKURIER Online Friedrichshafen 23. Mai 2024 Björn Spegel
ÖDP will Mähroboter-Verbot zum Schutz der Igel – wie stehen die Chancen?
Die Ökologisch-Demokratische Partei setzt sich für ein nächtliches Verbot ein. Dieses Mal soll es anders laufen, als beim Antrag gegen Seehasenfest-Feuerwerke, sagt eine Partei-Verantwortliche.
Sie sind klein, süß – und vor allem wichtig für das Ökosystem. Eine „sehr gute Sache“ findet daher Manuela Abken vom Verein Welt der Igel die Initiative der ÖDP in Friedrichshafen. In einem Antrag an die Stadtverwaltung hatte die Partei Anfang Mai ein nächtliches Verbot für Mähroboter gefordert, um die sehr sensiblen Tiere zu schützen. Als Begründung nennt Parteimitglied Nicole Bittner in ihrem Antrag die häufigen Unfälle zwischen Mährobotern und Igeln.
Darum passieren die Unfälle
Die Sensoren vieler Mährobotermodelle erkennen die kleinen Tiere nicht oder verwechseln sie mit Pflanzenmaterial. Die Folge, so Manuela Abken von Welt der Igel aus Ravensburg: Alleine im Bodenseekreis seien Anfang Mai mehrere Tiere durch Mähroboter ums Leben gekommen. Nähere sich ein Mähroboter, liefen Igel nach Angaben des Vereins nicht davon, denn Igel seien keine Fluchttiere. „Bei Gefahr rollt sich der Igel ein, aber ein Mähroboter weicht nicht aus oder stoppt vor dieser Art Hindernis.“
Mähroboter sollten aus Sicht des Igel-Vereins nicht unbeaufsichtigt über die Wiesen fahren und ein Nachtfahrverbot wäre „mehr als sinnvoll“, um die Tiere vor unsäglichem Leid zu bewahren. Die ÖDP hebt in ihrem Antrag hervor, dass das Tier des Jahres 2024 bereits auf der Vorwarnliste der bedrohten Arten stehe, schildert das Elend, das Igel bei Verletzungen durch Mähroboter erleiden. „Inzwischen gibt es sogar wissenschaftliche Untersuchungen über dieses Elend“, so Marion Morcher von der ÖDP.
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) hat zuletzt dokumentierte Vorfälle mit Schnittvernetzungen bei Igeln analysiert. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Fälle häufen. Als Folge regten sie europaweite Sicherheitstests für Mähroboter an. Auch der Verein Welt der Igel berichtet von häufigen Igelverletzungen durch Mähroboter. „Die bei uns erfassten Tiere per Foto belaufen sich auf 46 Tiere im Jahr. Die Dunkelziffer ist aber weit höher“, sagt die Vorsitzende des Vereins, Heidrun Frank. Demnach führt der Verein aktuell keine genaue Liste über die Eingänge und kann daher keine genauen Zahlen pro Monat nennen.
Zahlreiche Experten und Igelhelfer setzen sich zum Schutz der Tiere dafür ein, dass Mähroboter wenigstens nichts nachts unterwegs sind. Ein nächtliches Mähroboterverbot gibt es seit dem 21. März beispielsweise im brandenburgischen Nuthetal. Dort ist der Betrieb von Mährobotern zwischen 20 und 7 Uhr untersagt. Auch im Hamburger Stadtteil Harburg wurde am 2. April ein Mähroboterverbot beschlossen, dort allerdings gilt es für einen längeren Zeitraum, nämlich von 17 bis 8 Uhr.
Auf eine SÜDKURIER-Anfrage antwortet eine Pressesprecherin der Stadt, dass es in Friedrichshafen aber aktuell kein spezielles Mähroboter-Verbot brauche. Die Polizeiverordnung würde sowieso ein Verbot von Rasenmähern und anderen motorbetriebenen Gartengeräten zwischen 20 und 7 Uhr vorsehen. Die Stadt schreibt weiter: „Zudem regelt die Bundesimmissionsschutzverordnung, dass Geräte und Maschinen in dieser Zeit nicht betrieben werden dürfen. Es bedarf deshalb keines speziellen Verbotes für Mähroboter.“
Die ÖDP macht indes deutlich: „Unser sachlicher Antrag, geräuscharme Alternativen für das Seehasenfeuerwerk zu finden, wurde so erbärmlich abgetan, dass wir das nicht nochmals hinnehmen wollen.“ Dank drastischer Worten zur Igel-Situation könnten die Verantwortlichen im Rathaus „unseren Antrag nicht nochmals derart aufweichen und als Banalität abschwächen, wie den vorherigen“, meint Marion Morcher.
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