Sonntag, 1. Dezember 2024

„Polemische Debatten um eine mögliche Rücknahme der sinnvollen Vorgaben für neue Heizungen im GEG schaden der deutschen Wirtschaft“

hier   Frankfurter Rundschau   26.11.2024, Von: Amy Walker

Heizungsgesetz wieder abschaffen? Branche gibt klare Empfehlung an Verbraucher: „Nicht irritieren lassen“

Im politischen Ringen wird das Heizungsgesetz (GEG) erneut aufgegriffen, die CDU beabsichtigt, das Gesetz zu kippen. Der Sektor bemüht sich, Hausbesitzer zu beruhigen: Das werde nicht eintreten.

Bild links: von NTV  hier

„Das Heizungsgesetz abschaffen? Bürgerinnen und Bürger sollten sich von solchen pauschalen Wahlkampfaussagen nicht irritieren lassen.“ Das sagt Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Sanitär, Heizung, Klima (ZVSHK) in einer aktuellen Mitteilung. Grund für die Stellungnahme ist ein neuerliches Aufflammen der Debatte um das Heizungsgesetz, eigentlich Gebäudeenergiegesetz (GEG). Wenige Wochen vor den Neuwahlen im Februar hat die CDU ihren Wunsch nach der Abschaffung des Gesetzes wieder bekräftigt. Und auch SPD-Ministerin Klara Geywitz spricht sich für eine Reform des GEG aus, wie auch die FDP. Die Heizungs- und Gebäudebranche hat da eine ganz andere Sicht auf die Dinge.

Heizungsgesetz „kann gar nicht abgeschafft werden“: Rücknahme des Gesetzes mache keinen Sinn
„Das Gebäudeenergiegesetz – kurz GEG – kann gar nicht abgeschafft werden“, so Bramann in seinem Statement weiter. „Es basiert in wesentlichen Teilen auf europäischen Vorgaben und muss sogar im Jahr 2026 von einer künftigen Bundesregierung wieder überarbeitet werden, um weitere europäische Vorgaben aufzunehmen. Das Ziel klimaneutral im Gebäude zu werden, bleibt und die Möglichkeiten, hierbei Fördermittel zu erhalten, werden nicht besser werden, als sie jetzt sind.“ Ganz abgesehen davon sei man aber grundsätzlich dafür, einzelne Aspekte des GEG schon früher zu überarbeiten – insbesondere die „unübersichtliche Detailvorgaben“ könnten aus Sicht des ZVSHK entschlackt werden.

Für den Pressesprecher des Verbands, Frank Ebisch, ist es unverständlich, dass die CDU nun diese Debatte wieder anstößt. „Für den ohnehin angeschlagenen Heizungsmarkt ist das eine fatale Begleitmusik. Wie sollen unsere Kunden wieder Vertrauen fassen und die Modernisierung ihrer veralteten Heizsysteme angehen?“ Aktuell seien die Förderbedingung gut, die Kapazitäten seien da und die Technologie sei verfügbar. „Der ZVSHK hat bereits klar zum Ausdruck gebracht, dass die Forderung nach der Rücknahme des Heizungsgesetzes sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus klimapolitischer Sicht nachteilig ist.“

Heizungsgesetz sollte laut Branche nicht abgeschafft werden: Das ist der Grund
Die Gebäudesanierung und der Heizungstausch werden aufgrund der kommenden finanziellen Belastung durch fossile Energien zunehmend diskutiert. Denn um die Klimaziele zu erreichen, hat die EU einen Pfad für die CO₂-Bepreisung eingeschlagen, die fossile Energien ab 2027 massiv verteuern wird. Wie hoch genau der Preis werden wird, ist schwer zu wissen – er hängt nämlich ganz maßgeblich davon ab, wie weit wir mit dem Klimaschutz bis dahin sein werden. Eine Untersuchung des Mercator Research Institutes vom April 2023 errechnete einen Preis von über 200 Euro pro Tonne CO₂ schon ab 2027. Bis 2045 entwickelt sich dieser dann bis auf 400 Euro/Tonne.

Das hat dann ganz spürbare Folgen für Verbraucher und Verbraucherinnen. Das Mercator Research Institute hat auch diese Kosten berechnet. So erwarten sie für Benzin ab Januar 2027 einen Preis von fast 2,50 Euro pro Liter, für Diesel etwas weniger, aber dennoch über die zwei-Euro-Marke. Bis 2045 steigt der Preis dann mit dem CO₂-Preis weiter an, über drei Euro pro Liter sind dann denkbar.

Heizen wird besonders auf dem Land teuer: Mehrkosten für Gas, Öl und Verbrenner
Auch für Erdgas und Heizöl werden die Preise dann deutlich steigen. Heizöl und Erdgas würden demnach auf das Niveau der Energiekrise steigen, und zwar schon 2027 oder 2028. Das Institut hat hier anhand von Fallbeispielen berechnet, wie hoch die Mehrkosten in unterschiedlichen Haustypen ausfallen würden. So würden Bewohner von Einfamilienhäusern auf dem Land mit Gastherme über die kommenden 20 Jahre zwischen 15.300 und 16.800 Euro mehr für Energie ausgeben, mit einem Ölkessel sind es sogar bis zu 23.500 Euro an Mehrkosten. Stadtbewohner und Stadtbewohnerinnen, die eher in kleineren Wohnungen leben, müssten mit weniger Mehrbelastung rechnen.

„Hinzu kommen pro Verbrenner-PKW mittlere CO₂-Kosten von etwa 7000 Euro für Rentner:innen bzw. 12.000 Euro für Familien. Dadurch entstehen starke finanzielle Anreize, in Wärmedämmung, Wärmepumpen, Fernwärme und E-Mobilität zu investieren, sodass die CO₂-Preis-Belastung nicht anfällt oder reduziert wird.“

Abschaffung des Heizungsgesetzes wäre für die CDU problematisch
Aus diesem Grund sind Vertreter der Branche der Ansicht, dass eine Abschaffung des GEG nicht sinnvoll wäre. Denn die CDU – die viele Wähler und Wählerinnen in ländlichen Gebieten mobilisieren kann – müsste die sozialen Folgen der CO₂-Preise im Blick haben. Wenn sie einen Weg wählt, bei dem nur der Preis die Menschen zum Umdenken bringen soll, dann drohen zahlreiche Menschen finanziell von einem Tag auf den nächsten überfordert zu werden.

Im Oktober ist der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) daher sogar noch weitergegangen. So hat der Verband eine Pflicht zum Sanieren in seinen Maßnahmenkatalog aufgenommen, um dem Land wieder mehr Wachstum zu bescheren. Die Bürgerinnen und Bürger sollen mit anpacken: auf der einen Seite, indem sie von Verbrenner auf E-Autos umsteigen und indem Hauseigentümer ihre Gebäude sanieren und die Heizungen austauschen. „Der Bedarf an Energie bei Bestandsgebäuden muss halbiert werden, die energetische Sanierungsrate muss dafür graduell um 70 Prozent bis 2030 steigen“, so der BDI. Gebäude machen in Deutschland aktuell 30 Prozent der Treibhausgasemissionen aus, sind also ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Heizungsgesetz sollte „im Grundsatz unangetastet bleiben“ und durch Sanierungspflicht ergänzt werden
Ein hoher Anteil der Unternehmen, die in der Gebäudesanierung aktiv sind, seien laut BDI deutsche Firmen. Damit kann eine Sanierungswelle zum Treiber wirtschaftlichen Aufschwungs werden. Um das zu schaffen, sollte das Heizungsgesetz „im Grundsatz unangetastet bleiben“ und es sollte darüber hinaus eine Sanierungspflicht eingeführt werden. „Bis spätestens 2030 sollte für jedes unsanierte Gebäude in Deutschland ein individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) vorliegen müssen, in dem ein ‚2045-reifer Zielzustand‘ aufgezeigt wird, um den Gebäudeeigentümern mögliche Pfade zu einem klimaneutralen Gebäude zu weisen“, so die Forderung.

Aus Sicht der Industrie sollten auch die Förderprogramme zum Heizungstausch und zur Sanierung daher auch langfristig bestehen – mindestens für die kommenden zehn Jahre, wie der Verband vorschlägt. Das sollte auch kommuniziert werden. Generell ist das Thema Kommunikation dem Verband ein besonderes Anliegen: „Gebäudeeigentümer und -nutzer müssen in einer Informationskampagne ansprechend und adressatengerecht über Anforderungen und Wege zu mehr Klimaschutz bei Gebäuden informiert werden.“ Dabei sollten ihnen die Einsparpotenziale aufgezeigt werden.


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Wärmepumpen-Branchenstudie 2024: Nach Einbruch bald keine Förderung mehr?

Auf dem Forum Wärmepumpe hat der BWP die aktuellen Zahlen der Wärmepumpen-Branchenstudie vorgelegt. Nach dem Markteinbruch 2024 erwartet der Verband für nächsten Jahr einen Absatz rund 260.000 Geräten. Die positive Prognose ist unsicher, weil die Förderung im GEG wegen der vorgezogenen Bundestagswahlen unsicher ist.


BWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel zum bevorstehenden Wahlkampf der Parteien:

 „Polemische Debatten um eine mögliche Rücknahme
der sinnvollen Vorgaben für neue Heizungen im GEG oder
zu vermeintlich astronomischen Kosten
schaden der deutschen Wirtschaft, die auf Planungssicherheit angewiesen ist.“ 


Heizungsindustrie 3. Quartal: Markteinbrüche – zu wenig Wärmewende

Den im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnenden Marktrückgang um 45 Prozent begründet Bundesverband Wärmepumpe (BWP) am Mittwoch in Berlin mit einer starken Verunsicherung von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Vor allem die Ankündigungen zur kommunalen Wärmeplanung und die nicht ausreichende Bekanntheit der Förderprogramme sorgten für eine Kaufzurückhaltung. Hoffnung auf einen sich erholende Absatz gäben insbesondere die weiter steigenden Förderzahlen der KfW. Der BWP ruft dazu auf, sich in der Gebäudepolitik zukünftig nicht allein auf die Einführung des europäischen Emissionshandels (ETS 2) zu verlassen.

Förderpolitik 2025 mit Fragezeichen

„Die Branche hat hohe Erwartungen an die bevorstehenden Wahlen und einen möglichen Regierungswechsel. Die Ergebnisse unserer Branchenstudie zeigen, dass sich die neue Regierung nicht allein auf den CO2-Emissionshandel verlassen darf, der ab 2027 europaweit für die Sektoren Gebäude und Verkehr eingeführt wird und erwartbar zu höheren Kosten für fossile Energieträger führen wird“, so BWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel.

„Industrie, Handwerk und Gebäudeeigentümer benötigen positive Anreize zugunsten der erneuerbaren Alternativen, insbesondere der Wärmepumpe. Deshalb muss parallel die Entlastung des Strompreises, etwa im Bereich der Stromsteuer und Netzentgelte angegangen werden. Die Flankierung über die im vergangenen Jahr geschaffenen Rahmenbedingungen der Heizungsförderung (BEG) und im Gebäudeenergiegesetz (GEG) sollte stabil gehalten werden.“

Szenarien der Wärmepumpen-Branchenstudie

  • Das erste Szenario geht vom Fortschreiben der aktuell geltenden Rahmenbedingungen (BAU/“Business-as-usual“) aus. Die Autoren bilden darin auch jährlich wiederkehrende Unsicherheiten über die Finanzierung der BEG-Förderung und Debatten über die Zukunft der Heizungsregelungen im GEG ab, die weiterhin zu Verunsicherungen führen.

    Damit wäre der ab 2027 einsetzende europäische Emissionshandel in diesem Szenario das dominierende Lenkungsinstrument. Ohne positive Anreize für erneuerbare Wärmeerzeuger, führen der steigende Öl -und Gaspreis aber eher zu sparsamem Verbrauchsverhalten, während die Investitionen in neue Heizungen grundsätzlich zurückgingen. So würde die Zielmarke von 500.000 jährlich installierten Wärmepumpen erst in 2030 erreicht.

  • Das zweite „ambitioniertes Szenariobeinhaltet, dass die neue Bundesregierung die Öffentlichkeit transparent auf den bevorstehenden Emissionshandel und steigende Preise vorbereite. Dazu gehöre auch, die Verwendung der Einnahmen aus dem CO2-Preis frühzeitig zu klären. Zudem müsse der Strompreis sinken. Wenn zugleich verlässliche Rahmenbedingungen bei Förderung und Gebäudeenergiegesetz gelten, könnte der Wärmemarkt auf das Niveau von 2023 kommen, Wärmepumpe dann bereits 2027 die Marke von 500.000 erreichen.


Förderpolitik und Wahlkampf

Zusammenfassend sieht der BWP, dass der Gebäudesektor in der Wahrnehmung von Politik und Öffentlichkeit stark an Bedeutung gewonnen habe. „Bei aller Auseinandersetzung um die besten Konzepte für Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaft: Wir erwarten von den nun in den Wahlkampf einsteigenden Parteien, dass sie mit der gestiegenen Sensibilität verantwortlich umgehen. Polemische Debatten um eine mögliche Rücknahme der sinnvollen Vorgaben für neue Heizungen im GEG oder zu vermeintlich astronomischen Kosten schaden der deutschen Wirtschaft, die auf Planungssicherheit angewiesen ist. Die Parteien sollte das Ziel verbinden, dass Deutschland auch weiterhin zu den Vorreitern bei der Klimaschutztechnologie Wärmepumpe gehört“, fasst Dr. Sabel die Erwartungshaltung der Branche zusammen.


es scheint so, als würden gewisse Vertreter der CDU/CSU (Spahn, Söder,...) sich lieber für polemische Debatten entscheiden - um den Wahlkampf so richtig anzuheizen -  als verantwortungsvoll zu agieren. Das schadet uns allen, schlecht für Deutschland!

Focus hier

Hersteller flehen: „Macht keinen Scheiß!“: Spahn tritt vor Wärmepumpen-Branche auf - und sorgt mit Rede für Entsetzen


ARD  hier

Wie ernst nimmt die CDU den Klimaschutz?

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