Dienstag, 24. Dezember 2024

Ich wünsche uns allen viel Zuversicht für die kommenden Jahre: "Wenn wir uns anstrengen, kann Veränderung gelingen"

 DER STANDARD / Klimaklartext  hier

Was genau ist eigentlich Zuversicht und wie schützt man sie?

In Zeiten, in denen globale Konflikte, soziale Ungleichheit, Rechtsruck und die Klimakrise das Nachrichtengeschehen maßgeblich dominieren, fällt es manches Mal schwer, positiv in die Zukunft zu blicken. Zumindest mir. Wie soll man denn auch positiv bleiben, wenn es scheint, als würde die Welt immer schlechter werden? 
Die Ergebnisse meiner Recherche will ich in diesem Newsletter mit Ihnen teilen.

Die deutsche Psychotherapeutin Franca Cerutti beschreibt Zuversicht als die innere Überzeugung, dass es gut werden kann – trotz aller Herausforderungen. Zuversicht ist ihrzufolge so wichtig, weil sie uns hilft, nicht aufzugeben, sondern dranzubleiben. Im Gegensatz zum Optimismus sei sie nicht blauäugig, nicht naiv. Sie orientiere sich etwas mehr am Realismus, betone aber gleichzeitig die Möglichkeiten, die es gibt. Zuversicht habe auch immer etwas Aktives und bedeute, dass wir etwas für eine gute Zukunft tun müssen. Das unterscheide sie zum Beispiel auch von Hoffen oder Beten. 

Diese aktive Komponente betonte auch die prominente Klimawissenschafterin Helga Kromp-Kolb, als ich mit ihr gesprochen habe. Sie sagt: „Zuversicht ist nichts, bei dem man sich zurücklehnen und zuwarten kann. Zuversicht bedeutet nicht einfach 'Es wird schon'. Sondern: Wenn wir uns anstrengen, kann Veränderung gelingen.“ Kromp-Kolb hat im Vorjahr auch ein Buch zu dem Thema geschrieben. Es heißt Für Pessimismus ist es zu spät und ist im Molden Verlag erschienen. 

Doch was kann man tun, wenn man sich gerade so gar nicht zuversichtlich fühlt? Wie gewinnt man neuen Mut? "Wichtig ist, dass man sich nicht nur anschaut, was nicht funktioniert", sagt Kromp-Kolb. Die eigentliche Kunst bestehe darin, Wege zu finden, wie es trotzdem funktionieren kann. Die Wissenschafterin zieht einen Vergleich: "Beim Bergsteigen sollte man auch nicht immer nur zum Gipfel schauen, der ewig entfernt scheint, sondern auch honorieren, wie viele Meter man schon zurückgelegt hat."

Ihr gebe es Zuversicht, in die Vergangenheit zu schauen, denn es habe bereits mehrere Situationen gegeben, in denen alles aussichtslos erschien – die aber dann doch noch zum Guten gewendet wurden. "Ein Beispiel aus Österreich wäre der Kampf gegen die Kernenergie. Das Kraftwerk Zwentendorf ist nie in Betrieb gegangen, obwohl es kurz davor gestanden ist. Da ist etwas gelungen, womit niemand mehr gerechnet hat." Auch ein Blick in die Natur, zu sehen, wie widerstandsfähig sie ist, helfe ihr. Während der Coronapandemie habe sich gezeigt, wie schnell die Natur zurückkehrt. "Wenn wir die richtigen Maßnahmen setzen, kann sie sich wieder erholen."

Wenn es einmal gar nicht mehr geht, muss man womöglich auch bewusst Pause von den schlechten Nachrichten machen. Das empfiehlt zumindest die Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke. Wir haben es heute mit sehr vielen Krisen gleichzeitig zu tun. Doch im Gegensatz zu früher wissen wir heute auch zu jeder Zeit, was in allen Ecken und Enden der Welt gerade Schreckliches passiert. Dabei ist unser Gehirn gar nicht dafür gemacht, mit einer solchen Masse an beunruhigenden Nachrichten umzugehen. Sie lösen in uns eine Art Dauer-Alarmzustand aus. Uhl-Hädicke, die in ihrer Arbeit selbst tagtäglich mit negativen Fakten konfrontiert ist, greift deshalb abends gerne auch mal zu einem guten Roman, um sich mit anderen Themen zu beschäftigen.

Studien legen übrigens nahe, dass eine zuversichtliche Haltung auch mit positiveren Ergebnissen verbunden ist. Im psychologischen Fachjargon wird das Phänomen als "selbsterfüllende Prophezeiung" bezeichnet. Demnach begünstigen Menschen, die davon ausgehen, dass sich etwas zum Guten wendet, eher die Umstände dafür. Umgekehrt produzieren jene, die vom Schlimmsten ausgehen, die schlimmen Ereignisse gewissermaßen mit. Psychotherapeutin Franca Cerutti sagt: "Wenn die Zukunft schon ungewiss ist und nicht erfreulich erscheint, können wir uns auch ein bisschen Mühe geben, unsere Kräfte zu bündeln und zu sehen, was noch möglich ist." Würden alle nur in Mutlosigkeit versinken, wäre ohnedies niemandem geholfen. 

Demnach ist Zuversicht also zugleich heilsam und hilfreich, aber ebenso eine pure Notwendigkeit. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein schönes restliches 2024 – und viel Mut und Zuversicht für das neue Jahr 2025!


Alles Liebe aus der STANDARD-Redaktion

Lisa Breit

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