Es ist schon erstaunlich, wie hoch die bereits bestehende Heimspeicherkapazität ist. Diese Zahlen muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen.
Und ich glaube, dass jede PV- Anlage, die ihren eigenen Strom speichert und vor Ort nutzt, nicht von Nachteil sein kann für das öffentliche Stromnetz. Dieser Strom wird schließlich erst gar nicht in die überlasteten öffentlichen Netze eingeleitet.
Möglicherweise könnte die Win-Win-Situation für alle aber noch deutlicher gestaltet werden.
Die Diskussion um die geforderte Netzdienlichkeit der Heimspeicher macht ein ganz neues Fass auf ....
Gut dass sich hier eine Lösung abzeichnet: Variable Netzentgelte (siehe unten).
Das Riesen-Potenzial der Speicherzwerge
Wie Heimspeicher nicht nur für ihre Besitzer, sondern auch für die Netze Vorteile bringen könnten.
In dieser Ausgabe geht es weiter im Speicherschwerpunkt und ich werfe einen Blick auf die kleinsten, die zusammen genommen aber ganz groß sind: Heimspeicher. Die These steht im Raum, dass sie der Energiewende mehr schaden als nützen. Was ist da dran?
Ich habe mit dem Energieökonomen Lion Hirth gesprochen, der das Thema öffentlich aufgegriffen hatte und zeige, was Speicherbesitzer tun können um ihre Anlagen trotz allem netzdienlicher laufen zu lassen.
Heimspeicher sind gut für ihre Besitzer, aber nicht per se fürs Netz
die These von Lion Hirth
„Es ist absolut nichts gegen Speicher an sich zu sagen. Speicher sind toll. Sie sind die Nerds unter den optimierten Anlagen, die können alles“, sagt Lion Hirth, Gründer der Energieberatungsagentur Neon Energy, als wir telefonieren. „Das Problem ist, dass sie den falschen Anreizen ausgesetzt sind.“
Berechnungen seiner Agentur zufolge mindert jeder Heimspeicher die Stromrechnung seines Besitzers im Schnitt um 340 Euro im Jahr, aber Kraftwerke und Netz werden nur mit umgerechnet 26 Euro entlastet. Und die Differenz gehe zulasten der Kunden ohne Speicher.
„Die Speicherbenutzer haben einen finanziellen Vorteil,
aber der kommt ja nicht daher, dass es einen gesellschaftlichen Nutzen gibt.
Ich spare Netzentgelte und Stromsteuern,
aber das Geld fehlt im Netzentgelt-Haushalt bzw. im Bundeshaushalt.“
Pointiert und sicher auch bewusst provozierend nannte Hirth Speicher deswegen ein „Steuersparmodell“ und fügt hinzu, dass hier eine Umverteilung von unten nach oben stattfinde, weil die Ärmsten keine Speicher besitzen, aber Steuern und Netzentgelte zahlen.
Die Diskussion, die Hirth angestoßen hat, ist wichtig, weil Heimspeicher eine bisher nicht voll genutzte Reserve im Netz bilden können. Zusammengerechnet liefern sie so viel Leistung wie ein Drittel der deutschen Gaskraftwerke.
Wie groß das aktuelle Heimspeicher-Potenzial ist
Grob lassen sich die Batteriespeicherpotentiale in Deutschland in vier Kategorien einteilen:
- Großspeicher
- Gewerbespeicher
- Heimspeicher und
- die Batterien der E-Autos.
Am 15. Dezember waren 1,6 Millionen Heimspeicher im Marktstammdatenregister gemeldet. Dem stehen 11.000 Gewerbespeicher und 270 Großspeicher gegenüber. Nicht in diesem Register aufgeführt, aber natürlich trotzdem zählbar: 1,6 Millionen E-Autos sind in Deutschland zugelassen.
Quelle: Battery-Charts
Die Heimspeicher liefern zusammen knapp 14 GWh Speicherkapazität, das siebenfache der derzeit arbeitenden Großspeicher. Sie tun das mit einer durchschnittlichen Kapazität von knapp 9 kWh.
Der Kapazitätsvorsprung der Heimspeicher wird sich verringern, weil immer mehr Großspeicher zugebaut werden, die verschiedene Funktionen im Netz erfüllen (hier habe ich eine Einführung geschrieben). Die aktuell wichtigste: Lastspitzen abfangen und so extreme Preissprünge verhindern, wie sie etwa in der Dunkelflaute am 12. Dezember 2024 auftraten.
Diese Funktion erfüllen Heimspeicher derzeit nicht, jedenfalls nicht direkt.
Welche Belege Hirth für seine These hat
Hirths These steht und fällt mir einem Datenpunkt: wann die Besitzer von Heimspeichern ihre Speicher vollladen:Tun sie es, sobald die Sonne auf die heimische PV scheint und Überschuss da ist oder warten sie auf einen Zeitpunkt, an dem Strom generell billig ist.
Hirths Daten zeigen, dass die meisten Heimspeicher direkt am Morgen anfangen zu laden, gegen elf, zwölf Uhr voll sind und dann zum Zeitpunkt der größten Stromproduktion der PV ins Netz einspeisen. Das ist ein Problem, weil zu diesem Zeitpunkt alle einspeisen. Im Sommer führt das regelmäßig zu einem Überangebot an Strom.
Ich hatte eine Umfrage unter Lesern dieses Newsletters durchgeführt und auch ihr habt mir geschrieben, dass ihr grundsätzlich diesem Muster folgt. Bei den Zuschauern des AkkuDoktor auf Youtube ist es ähnlich.
Hirths Beobachtung ist also korrekt. Die Mehrheit der Heimspeicher wird nicht netzdienlich, sondern zur Optimierung des Eigenbedarfs genutzt.
Die Frage ist allerdings, ob seine Schlussfolgerung auch korrekt ist, ob Speicher derzeit wirklich nicht mehr als ein Steuersparmodell sind.
Wie Netzdienlichkeit konkret aussehen würde
Hirth beschreibt es so:
Ein sinnvoll betriebener Speicher […] lädt nachts (auch ohne Sonne), entlädt am morgen (auch wenn ich noch schlafe) und lädt erst am Nachmittag (beim Solar-Peak). Abends entlädt die Batterie (und zwar auch, wenn ich selbst gar kein Strom verbrauche). Die Optimierung orientiert sich an Netz und Markt. Nicht an meinem eigenen Verhalten.
IM Newsletter zu finden: In ihrer Studie (PDF) haben er und seine Kollegen es auch schön grafisch aufbereitet:
Was Heimspeicher derzeit bereits leisten
Heimspeicher sind schon heute netzdienlich – aber nicht im engeren Sinne.
Es gibt mehrere bedenkenswerte Punkte. Zunächst ein prinzipieller, vielleicht der wichtigste Punkt: Niemand kauft einen Heimspeicher, um dem Netz zu dienen. Ein Auto ist auch nicht straßennützlich, sondern dient der eigenen Mobilität. Eigenes Geld fließt in die Anlagen, sie gehören den Menschen da draußen und nicht der Allgemeinheit.
Zudem helfen Speicher Last aus dem Netz zu nehmen. Strom, der zu Hause produziert, eingespeichert und später auch wieder zu Hause genutzt wird, ist Strom, der durch keinen Meter öffentliches Netz fließen muss. Die Netz- und Überschussprobleme wären auch noch größer, wenn die Menschen zwar PV, aber keine Speicher installiert hätten.
Zuletzt, nicht messbar in Euros, aber definitiv greifbar. Speicher sind genauso wie Balkonkraftwerke ein Teil der Energiewende zu Hause. Es macht einfach Spaß, sich in die Technik reinzufriemeln, seinen eigenen Strom zu produzieren und zu verbrauchen – und das steigert die Akzeptanz der Energiewende im Allgemeinen.
Man könnte das aber auch ökonomisch fassen: Speicher mobilisieren privates Kapital, um die generelle Flexibilitätsquote des Netzes zu erhöhen......
Zur Zeit “weiß” keine Wärmepumpe, kein Speicher, kein E-Auto, wie es um das Netz steht. Es wird stupide be- und entladen, was vielleicht annehmbar war als die ersten PV-Module installiert wurden, aber nicht in einer Zeit, in der ich in mein Handy spreche und es mir einen kleinen Aufsatz über das Steuersystem von Sri Lanka schreiben kann.
Da geht mehr......
bitte im Newsletter den ganzen Bericht lesen!
Was Heimspeicher-Besitzer jetzt schon tun können
Hirth hat zwei Empfehlungen für alle, die schon heute etwas mehr für die Energiewende tun wollen.
Wenn die technischen Vorraussetzungen da sind, in variable Stromtarife wechseln.
Ab April können Menschen mit Speichern, die vor 2024 angeschlossen wurden, zudem freiwillig variable Netzentgelte wählen. Speicher, die danach angeschlossen werden, sind so oder so Teil des Systems. Ich habe hier bei Sonnen die fundierteste Übersicht über die Reform gefunden; Details hängen natürlich vom jeweiligen Setup zu Hause ab.
Diese variable Netzentgelte sind ein erster Schritt in die richtige Richtung, entsprechen aber noch nicht ganz dem, was theoretisch möglich wäre, weil sie nur für bestimmte Jahreszeiten gelten müssen und nur zwei Tarife umfassen.
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