Montag, 16. Dezember 2024

Faktencheck durch Correctiv

Fake news und gezielte Kampagnen am laufenden Band - und das natürlich ganz besonders vor den baldigen Wahlen.

Correctiv  hier  von Max Bernhard  13. Dezember 2024

Gezielte Kampagne: Robert Habeck sollte mit Falschbehauptung diffamiert werden

Faktencheck: Über eine vermeintliche Nachrichtenseite und ein mutmaßlich KI-generiertes Video wird im Netz versucht, Robert Habeck zu diffamieren. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat bereits vor solcher Desinformation vor der Bundestagswahl gewarnt.

Behauptung
Die Webseite „Echo der Zeit“ habe über Missbrauchsvorwürfe gegen Robert Habeck berichtet. Das Opfer habe in einem Video ausgesagt.
Aufgestellt von: Beiträgen in Sozialen Netzwerken
Datum: 05.12.2024

Bewertung:Manipuliert
Das Video wurde offenbar mit Hilfe von KI erstellt. Bei der Webseite handelt es sich um keine seriöse Quelle, sie wurde erst wenige Tage bevor der Artikel veröffentlicht wurde, registriert. Auch die Polizei geht von einem Fake aus. Nach einer Anzeige gegen Unbekannt ermittele der Staatsschutz.
Im November warnte das Bundesamt für Verfassungsschutz vor möglichen Versuchen der Einflussnahme durch fremde Staaten auf die Bundestagswahl 2025. Vorstellbar sei unter anderem die „gezielte Diskreditierung ungewünschter Kandidatinnen und Kandidaten“.

Ein solcher Fall ist nun laut der Behörde eingetreten: Anfang Dezember verbreitete sich in Sozialen Netzwerken der Link zu einem vermeintlichen Nachrichtenartikel über Robert Habeck. Darin wird über ein Video berichtet, in dem eine junge Frau dem Kanzlerkandidaten der Grünen schwere Missbrauchsvorwürfe macht.

Wie der Verfassungsschutz auf Nachfrage von CORRECTIV.Faktencheck erklärt, handelt es sich um eine Desinformationskampagne. Mehrere Details sprechen dafür, dass es sich bei der Webseite und dem Video um Fälschungen handelt.



NTV  hier  Von Roland Peters, New York  14.12.2024,

Konzertierte Lügen-Kampagnen des Kreml fluten Netzwerke

Ex-Hilfssheriff als Marionette: Russland hebt die Desinformation in den USA auf ein neues Level: "Narrative" nennen Forscher die durchgeplanten Kampagnen des Kreml. Der überschwemmt die sozialen Netzwerke mithilfe künstlicher Intelligenz, Schauspielern und bezahlten Influencern.

Zwei Tage nach der US-Präsidentschaftswahl beobachtet der Sozialwissenschaftler Darren Linvill, wie ein prominenter Verfechter Donald Trumps ein Video mit seinen 1,1 Millionen Followern auf X teilt. Es zeigt Uniformierte mit ukrainischen Abzeichen, die auf einen Dummy mit roter "Make America Great Again"-Kappe schießen und ihn anzünden. "Wir finanzieren keine Kriege in Ländern mehr, die Amerikaner hassen", steht dabei. "Donald muss aufräumen und ihm keine Steuergelder mehr schicken", kommentiert ein anderes Konto mit mehr als 500.000 Followern.

Das Video ist eine Fälschung, wie Linvill, Leiter des Zentrums für Medienforensik an der Clemson University in South Carolina, später klarstellen wird. Trotzdem wurde es bis Anfang November mehr als 30 Millionen Mal angesehen, schrieb die "Kyiv Post". Seit zwei Jahren beobachten Linvill und sein Forschungsteam, wie Moskau mit solchen Inhalten die Unterstützung für den Verteidigungskrieg der Ukraine gegen Russland zu untergraben versucht. "Alles hat sich seit 2016 verändert, vor allem bei den Russen", sagt Linvill im Interview mit ntv.de: "Es ist ein konstanter Strom."

Durch die sozialen Netzwerke kursiert eine ganze Schwemme manipulierter oder generierter Inhalte. Das Video mit den Uniformierten kommt höchstwahrscheinlich von inzwischen prominenter Stelle, eine russische Desinformationseinheit, die Microsoft Storm-1516 getauft hat. Diese Einheit allein habe bis kurz vor der US-Wahl mindestens "52 verschiedene Narrative" im Netz platziert, hat Linvills Team festgestellt. Weshalb wird solch ein Aufwand betrieben, was bezwecken die Macher mit ihren Falschbehauptungen und Lügen? Wo und von wem werden sie verbreitet? Hatten sie Einfluss auf das Wahlergebnis?

Vorneweg: Es ist kaum festzustellen, welchen direkten Effekt die Desinformationskampagnen auf das Wahlergebnis vor einem Monat hatten. Aber das Ziel wurde erreicht. Donald Trump wird der nächste Präsident der USA und die militärische Unterstützung Kiews steht nun auf höchst wackligen Füßen. Der Sieg des Republikaners ist somit im Interesse Moskaus, das seit fast drei Jahren mit einem völlig enthemmten Angriffskrieg möglichst viel ukrainisches Territorium zu erobern versucht.

Die größten Lügenschleudern im Wahlkampf, das waren X von Elon Musk, der Trump im Wahlkampf unterstützte und dafür auch die Algorithmen anpasste, sowie Telegram und YouTube. Das Ziel der dortigen Attacken waren insbesondere die Demokraten, also insbesondere die Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris und ihr Vize Tim Walz. Noch einen Tag vor der Wahl, am 4. November, teilten der Direktor der US-Geheimdienste, das FBI und Cybersecurity-Behörde mit: "Russland ist die aktivste Bedrohung." Sie warnten auch vor noch umfassenderen Desinformationskampagnen nach dem Wahltag. Doch Trumps Sieg stand schon in der Wahlnacht so gut wie fest. Es blieb ruhig.

Breit geknüpftes Verbreitungsnetz
Schon vor acht Jahren hatte sich Russland in die Wahlen eingemischt, aber anders: über Troll-Konten und Werbung. Wie lief es diesmal ab? Zunächst veröffentlichten KI-Bots die Inhalte, mit technischen Hilfswerkzeugen erstellten Mitarbeiter gefälschte Websites en masse. Das über Jahre geknüpfte Verbreitungsnetzwerk brachte die manipulierten oder erfundenen Inhalte in Umlauf.

"Das hätte man früher mit unglaublich großen Mengen an Ressourcen auch machen können, aber es wäre viel, viel teurer gewesen", so Linvill. Videos für ihre erfundenen Geschichten drehten die Russen demnach häufig mit Schauspielern und westafrikanischen Einwanderern auf den Straßen von St. Petersburg, sagt Linvill. Sie gäben sich als Insider oder Opfer aus, die ihre Geschichte erzählen, ihre Gesichter würden mit Software verändert. Aus den Videos entstehen demnach die Artikel für Fake-Nachrichtenseiten, die echten nachempfunden sind. Sie heißen "DC Weekly", "New York News Daily" oder "The London Crier".

Die Websites werden laut US-Medien und Experten federführend von einem ehemaligen US-Hilfssheriff erstellt: John Mark Dougan. Er war jahrelang in Palm Beach als Hilfssheriff angestellt; dort befindet sich auch Trumps Anwesen Mar-a-Lago. Dougan wird in seiner Heimat wegen Vergehen im Job gesucht, inzwischen hat der US-Amerikaner auch die russische Staatsbürgerschaft. Experten glauben, Dougan sei nur ein Spielstein; ein williger, vorgeschobener Kopf, über den anstelle der wahren Drahtzieher berichtet werden soll.

Die Russen platzieren ihre Geschichten aber auch für ein paar Dollar sogar auf echten Nachrichtenseiten in afrikanischen oder arabischen Ländern. Dann kommen die Influencer aus Russland und anderswo, die sie verbreiten. Es sind Stimmen, denen auch in den USA viele Menschen zuhören. Ein bekannter Fall: Laut Anklage des US-Justizministeriums bezahlte Moskau im Wahlkampf mindestens 10 Millionen US-Dollar an prominente konservative Influencer, um Inhalte zu verbreiten. Die nehmen die Jobs an und lassen die Grenzen zwischen Desinformation und Parteilichkeit verschwimmen.

Das Ziel der Aktionen ist weniger die direkte Beeinflussung einer Wahl, sondern Misstrauen in Medien und die Demokratie zu erzeugen. Schon dass über etwas geredet wird, hat einen Effekt: Manche Menschen fangen an, zu zweifeln. Und sobald Wähler denken, sie könnten Mainstream-Medien nicht mehr glauben, wenden sie sich womöglich von ihnen ab. Deren Rolle nehmen Influencer, Podcaster und Meinungsmacher ein, die wesentlich einfacher beeinflussbar sind als ein Unternehmen oder öffentlich-rechtliche Medien......

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