hier FOCUS online Artikel von Von FOCUS-online-Redakteurin Jacqueline Arend 9.12.24
Energie-Experten warnen vor Heiz-Kehrtwende - und fordern dänisches ModellDer Betrieb alter Gas- und Ölheizungen ist erst ab 2045 pauschal verboten. Bis dahin gibt es viele Ausnahmen und Übergangsregelungen. Auch der Einbau von Gas- und Ölheizungen ist weiter erlaubt.
Die Ampel neigt sich dem Ende zu - und damit womöglich auch das Heizgesetz. Schafft die neue Regierung das GEG ab - oder reformiert sie es nur? Experten warnen vor den teuren Folgen einer Kehrtwende - und offenbaren, von welchen Ländern wir lernen sollten.
Die Ampel geht ihrem Ende entgegen - und damit möglicherweise auch ein Ampel-Gesetz, das mit einer heftigen Debatte die Nation in Aufruhr versetzt hat. Das Gebäudeenergie-Gesetz, auch Heizgesetz genannt. Unionspolitiker wie Jens Spahn hatten bereits mehrfach angekündigt, bei einem Regierungswechsel das Heizungsgesetz abzuschaffen. Obgleich der Kanzler-Kandidat der Union, Friedrich Merz, zuletzt bei Maybrit Illner wieder ein wenig zurückgerudert ist.
Denn: Selbst wenn Merz wollte, ersatzlos „abschaffen“ kann er das Gesetz nicht. Zu viele Regelungen der EU, die im Gesetz erfüllt werden, stehen dem im Weg. All die Subventionen sind an die Vorgabe gekoppelt, langfristig in Gebäuden klimaneutral zu heizen. Auch deshalb mahnt der Handwerkspräsident Dittrich die Union und FDP, das Heizungsgesetz nicht radikal zu verändern.
Ob und wie es mit dem Heizgesetz weitergeht, liegt in den Händen der nächsten Bundesregierung. Doch was braucht das Heizgesetz, um die Wärmewende ökologisch und ökonomisch sinnvoll in Deutschland umzusetzen? FOCUS online Earth hat mehrere Experten und Expertinnen gefragt, was für die Heizwende nötig ist - und was wir von anderen Ländern lernen können.
Energie-Experte Rosenow: „Weitere Verunsicherung kann sich das Land nicht leisten“
Jan Rosenow: „Das Gebäudeheizungsgesetz jetzt wieder zurückzunehmen wäre ein fataler Fehler. Was die Kommunen, die Industrie und die Bürgerinnen und Bürger jetzt brauchen, ist Stabilität und nicht eine erneute kontroverse Debatte zum Thema Heizen. Wir sehen in anderen Ländern, dass die Wärmewende nur dann gelingen kann, wenn die Rahmenbedingungen stabil sind. Sonst bleiben die Investitionen aus. Eine weitere Verzögerung der Wärmewende und Verunsicherung der Branche können wir uns nicht leisten.
Andere Länder sind ja bei der Wärmewende schon viel weiter als Deutschland. Der Schlüssel zum Erfolg ist die intelligente Kombination von preislichen Anreizen, Förderung, welche über die Zeit reduziert werden kann, und regulatorischen Mindeststandards. Polemische Debatten zum Thema Heizen finden sich in diesen Ländern nicht.“
Energie-Ökonomin Kemfert: „Beispiel an Dänemark nehmen“
Claudia Kemfert: „Eine Rücknahme des Gebäudeenergiegesetzes wäre falsch, kontraproduktiv und teuer. Die Union möchte vor allen Dingen die finanzielle Förderung für die Heizkunden aufgeben, damit würden die Heizkunden unnötig stark belastet und die Wärmewende würde unnötigerweise ausgebremst. Die Verunsicherung für Verbraucher würde eher zunehmen und die Gefahr steigen, dass sich Heizkunden für fossile Heizsysteme entscheiden, was das Heizen dauerhaft für die Kunden teuer macht. Deutschland würde zudem seine Emissionsminderungsziele im Gebäudesegment in Europa verfehlen, sodass weitere Strafzahlungen notwendig werden.
Das jetzige Gesetz sollte beibehalten werden, aber die finanziellen Unterstützungen insbesondere für Niedrigeinkommensbezieher aufgestockt werden, damit der Umstieg weg von fossilen hin zu emissionsfreien Heizsystemen gelingen kann. Die Union will den Umstieg über steigende CO2-Preise und eine Auszahlung eines Klimageldes regeln, das würde sehr teuer für Heizkunden werden und untere Einkommensschichten überproportional belasten. Der CO2-Preis würde sehr stark ansteigen und zu einer sehr starken finanziellen Belastung von Öl- und Gaskunden werden.
Deutschland sollte sich ein Beispiel an Dänemark nehmen. Dort setzt man seit Jahrzehnten eine effektive Wärmewende um, mit dezentralen Wärmenetzen, wo die Wärme aus erneuerbaren Energien mittels Kraft-Wärme-Kopplung gewonnen wird, und mit einem deutlich schnelleren Ausbau der Wärmepumpen. Dänemark hat dies erreicht über ein Verbot von Ölheizungen, welches 2016 eingeführt wurde."
Energie-Experte Bei der Wieden:
Malte Bei der Wieden: „Heizungen halten mindestens 20 Jahre. Ende 2044 sollen die letzten fossilen Heizungen außer Betrieb gehen. Wenn wir also funktionierende fossile Heizungen noch bis zu ihrem Lebensende betreiben wollen, sollten wir jetzt aufhören neue einzubauen: 2044 – 20 Jahre = 2024. Das ist der vernünftige Grundgedanke der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), auch „Heizungsgesetz“. Alle demokratischen Parteien haben sich den Klimazielen verschrieben. Wenn sie es damit ernst meinen, sollten sie dringend am GEG festhalten. Denn wenn weiter neue fossile Heizungen eingebaut werden, sind die Klimaziele nicht erreichbar. Jetzt ist es notwendig, dass wieder Ruhe einkehrt, damit Handwerk, Heizungsindustrie, Energieberatende und Eigentümer:innen vernünftig planen können.
Viele Länder haben Ansatzpunkte, aus denen wir für Deutschland etwas lernen können. Dänemark hat beispielsweise schon seit mehr als zehn Jahren gesetzliche Einschränkungen für den Einbau fossiler Kessel und zeigt mit seinem umfassenden Fernwärmenetz und kommunalen Wärmeplänen, wie erneuerbare Energien erfolgreich sozialverträglich integriert werden können. Frankreich hingegen bietet ein Vorbild für gezielte Förderprogramme wie 'MaPrimeRénov'', die Haushalte bei der Umstellung auf klimafreundliche Heizungen sozial unterstützen und technologischen Fortschritt vorantreiben.
Mit „Heizungsgesetz“, Wärmeplanungsgesetz und einer historisch attraktiven Förderung von bis zu 70 Prozent für den Heizungstausch steht die Wärmewende aktuell in den Startlöchern für einen Lauf in die richtige Richtung.“
Fazit: Wenn die nächste Bundesregierung das Heizgesetz überarbeiten will, gibt es also durchaus Ansatzpunkte, wie sich die Wärmewende weiter vorantreiben lässt. Den Experten zufolge sollten dabei eine sozial gerechtere Förderung, Planungssicherheit und langfristige Ziele handlungsleitend sein. Denn: Länder wie Dänemark zeigen, wie mit klaren Rahmenbedingungen und einem politischen Mix aller Instrumente der Weg in eine klimafreundliche Heizungszukunft gelingen kann.
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