Langsam aber sicher wird der Klimawandel zum Wirtschafts-Faktor. Die Versicherungsbranche merkt es als Erste und schlägt Alarm. Gut so! Denn der Faktor der "starken Wirtschaft" baut immer noch auf alten Mythen auf, die längst nicht mehr gelten, aber in den Köpfen unerbittlich festsitzen.
hier Frankfurter Rundschau Die Kolumne „Gastwirtschaft“ von Julia Symon.
Versicherungswirtschaft: Fossile Risiken
Die EU-Kommission muss zügig handeln, um die Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Versicherungsbranche angesichts des Klimawandels zu sichern.
Die EU hat 2015 das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet. Sechs Jahre später trat das EU-Klimagesetz in Kraft, das die Union rechtlich dazu verpflichtet, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Dazu müssen unsere Volkswirtschaften schrittweise ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen abbauen. Bei diesem Wandel werden Vermögenswerte in der Öl-, Gas- und Kohleindustrie unvermeidlich an Wert verlieren. Das Risiko von Verlusten, die mit dem wirtschaftlichen Übergang weg von fossilen Brennstoffen verbunden sind, wird als Transitionsrisiko bezeichnet und ergänzt die Risiken durch klimabedingte Ereignisse (physisches Risiko).
Die Versicherungsbranche steht an vorderster Front bei physischen und Transitionsrisiken.
Als einer der größten Investoren in die Wirtschaft sind Versicherer häufig fossilen Brennstoffen „ausgesetzt“ und dürften wahrscheinlich Verluste bei diesen Investitionen erleiden. Gleichzeitig belasten steigende Schadensforderungen durch Naturkatastrophen die Fähigkeit der Branche, der Wirtschaft und den Bürgern zu dienen.
Um dieses Risiko anzugehen, hat die Europäische Aufsichtsbehörde (Eiopa) eine Untersuchung durchgeführt, um zu prüfen, ob die Vorschriften für Versicherer Transitionsrisiken korrekt bewerten. Die Ergebnisse waren eindeutig: Erhöhte Risiken im Zusammenhang mit dem Wertverlust fossiler Brennstoffe werden im Regelwerk nicht ausreichend berücksichtigt. Als Reaktion schlug Eiopa vor, die Kapitalanforderungen für Versicherer, die in fossile Brennstoffe investieren, zu erhöhen.
Wäre diese Maßnahme umgesetzt, müssten Versicherer mehr Eigenmittel besitzen, um künftige Wertverluste bei den Investitionen in Öl-, Gas- und Kohleindustrie abzudecken und die Versicherten vor Risiken zu schützen. Dies würde eine präzisere Bepreisung von klimabezogenen Risiken im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen fördern und die de facto bestehende „Subvention“ beseitigen, die fossile Brennstoffe heute im Vergleich zu Investitionen in saubere Energien genießen.
Eiopa übermittelte ihren Bericht an die Europäische Kommission, die nun agieren muss. Sie sollte gezielte Änderungen am EU-Regelwerk für Versicherer, Solvency II, vorschlagen. Es ist entscheidend, dass die Kommission zügig handelt, um die Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der EU-Versicherungsbranche angesichts des Klimawandels und des grünen Wandels zu sichern.
Die Autorin ist Head of Research and Advocacy der NGO Finance Watch.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen