Montag, 30. Dezember 2024

Das zermürbende Jahr 2024 geht zu Ende - und ein paar Sonnenstrahlen zeigen sich

2024 war ein richtiges Horror-Jahr - das sitzt fest in meinem Kopf. Oder vielleicht doch nicht?


Kurz vor Weihnachten ploppten plötzlich ganz neue Hoffnungsschimmer auf: Eine mögliche Wende bei der Deutschen Bahn rückt ins Bewusstsein, im Naturschutz und bei der Biodiversität zeichnet sich eine neue Ersthaftigkeit ab, Wärmepumpen, Speicher und Netzausbau sind im Aufwind und möglicherweise wird 2025 auch die e-Mobilität zunehmen. .....

Infos, mit denen sich gefestigt in das neue Jahr schreiten lässt. Um Mut zu fassen für ein sicherlich ebenso schwieriges neues Jahr 2025.


Standard hier  Jakob Pallinger  26. Dezember 2024

Fünf Dinge, die für Klima und Umwelt in diesem Jahr auch positiv waren

Immer mehr Strom aus Erneuerbaren, mehr Naturschutz und der Aufstieg der E-Mobilität: 2024 hat auch Gründe zur Zuversicht gegeben. Was das für die Zukunft bedeutet

Es ist leicht, auf die Dinge zu blicken, die für das Klima und die Umwelt in letzter Zeit weniger gut gelaufen sind: die erneute Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten etwa, die UN-Klimakonferenz in Baku, die viele Erwartungen gerade in Entwicklungsländern enttäuscht hat, oder das kürzlich verhandelte Plastikabkommen, bei dem kein klares Ergebnis herauskam.

Dennoch hat das Jahr auch viele positive Entwicklungen gebracht. Sie alle aufzulisten würde hier den Rahmen sprengen. Ein paar besondere Beispiele zeigen jedoch, dass es auch beim Klima und der Umwelt viele Gründe für Optimismus und Zuversicht gibt.
Immer mehr Erneuerbare

2024 brachte für erneuerbare Energien weltweit erneut einen großen Schub. Angetrieben wird dieser vor allem von PV-Anlagen. Im gesamten Jahr dürften laut einer Analyse weltweit neue Solaranlagen mit einer Leistung von 600 Gigawatt gebaut worden sein – das ist rund ein Drittel mehr als noch im vergangenen Jahr. Besonders groß war der Ausbau in Indien, den USA und China. Auch in der EU hat die Stromproduktion aus Solar- und Windenergie im ersten Halbjahr 2024 zum ersten Mal jene aus fossilen Energien übertroffen.

Das führt dazu, dass (zumindest in Teilen der Welt) mehr Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Seit 2007 hat sich die Stromproduktion aus Kohlekraftwerken in den OECD-Staaten bereits halbiert. In den USA etwa ist die Kohlestromproduktion in diesem Jahr um fünf Prozent gefallen. Großbritannien wiederum – jenes Land, das als erstes Strom aus Kohlekraftwerken nutzte – nahm in diesem Jahr sein letztes Kohlekraftwerk vom Netz.

Das Gute ist: Auch in den kommenden Jahren dürfte der Ausbau erneuerbarer Energien immer weiter voranschreiten – und zwar mit immer höherem Tempo. Die Internationale Energieagentur prognostiziert, dass 2030 die Produktion an erneuerbarem Strom im Vergleich zu 2022 um fast das Dreifache gestiegen sein wird.

Unterstützung bekommen Solar- und Windanlagen wiederum von immer besseren und günstigeren Batterien, die Strom für jene Zeiten am Tag speichern können, an denen dieser am meisten gebraucht wird. Allein von 2022 auf 2023 hat sich die globale Batteriespeicherkapazität mehr als verdoppelt. Große Batteriespeicher, die mit dem Stromnetz verbunden sind, dürften Prognosen zufolge bis 2030 um das Zehnfache zunehmen, was Ländern immer mehr Flexibilität im Umgang mit erneuerbarem Strom gibt.

Abholzung geht (teilweise) zurück

Im brasilianischen Teil des Amazonas-Regenwalds wurde im vergangenen Jahr so wenig abgeholzt wie seit neun Jahren nicht mehr.

Für den Amazonas-Regenwald hat sich schon seit 2023 eine glückliche Trendwende abgezeichnet: Die Abholzung geht immer weiter zurück. Dahinter steckt, dass sich die neue Regierung Brasiliens unter Präsident Luiz Inácio Lula da Silva verstärkt für den Schutz des wertvollen Ökosystems ausgesprochen hat. Von 2023 bis 2024 ist die Abholzungsrate laut Daten des Nationalen Instituts für Weltraumforschung um mehr als 30 Prozent gesunken und hat damit das niedrigste Level seit neun Jahren erreicht.

Auch im Cerrado, Brasiliens tropischer Savanne, die für den Klimaschutz und die Biodiversität extrem wichtig ist, aber zunehmend dem Sojaanbau und der Rinderzucht zum Opfer fiel, ist die Abholzung um ein Viertel zurückgegangen – es ist der erste Rückgang seit fünf Jahren. Die verlorenen Flächen bleiben dennoch gewaltig: Rund 6000 Quadratkilometer Wald verlor der Amazonas im vergangenen Jahr durch Brände, Rodungen und Abholzungen, 8000 Quadratkilometer der Cerrado. Zum Vergleich: Kärnten hat eine Fläche von circa 9500 Quadratkilometern.

Ein weiterer Meilenstein für den Waldschutz ist für viele Umweltschützerinnen und Umweltschützer die EU-Entwaldungsverordnung, die 2023 in Kraft trat und nun nach einer Aufschiebung ab Ende 2025 zunächst für große Unternehmen wirksam ist. Unternehmen und Waldbesitzer müssen demnach belegen, dass es für die Herstellung von Produkten wie Soja, Kakao, Kaffee oder Kautschuk nicht zu einer Entwaldung irgendwo auf der Welt gekommen ist.

Zu tun gibt es freilich noch einiges, damit die 140 Staaten, die vor drei Jahren versprachen, die Abholzung bis zum Ende des Jahrzehnts zu stoppen, ihr Ziel auch erreichen. Denn besonders in Indonesien und Bolivien hat die Abholzung zuletzt wieder zugenommen, heißt es in einem Bericht. Künftig brauche es laut den Forschern vor allem strengere Regeln und mehr Geld für den Waldschutz.

Renaturierung und neue Schutzgebiete

Fast schon wäre die EU-Renaturierungsverordnung gescheitert – es war auch die Stimme von Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler, die den für viele Umweltschützerinnen und Umweltschützer so wichtigen Beschluss doch noch möglich machte

In den kommenden zwei Jahren müssen die EU-Staaten nun Pläne erstellen, wie die Natur in vielen Gegenden im Land wiederhergestellt werden kann: Flüsse wieder natürlich fließen lassen oder etwa die Flächenversiegelung eindämmen. Bis 2030 müssen 30 Prozent, bis 2040 60 Prozent und bis 2050 90 Prozent der Lebensräume in schlechtem Zustand wiederhergestellt werden.

Auch in anderen Gegenden haben Naturschutzmaßnahmen zugenommen. Großbritannien etwa setzt viel auf Rewilding – der Natur in gewissen Gebieten freien Lauf zu lassen. Spanien hat Anfang des Jahres seine Meeresschutzgebiete von zwölf auf 21 Prozent ausgedehnt. Die Azoren, die zu Portugal gehören, haben vor wenigen Wochen das bisher größte Meeresschutzgebiet Europas ausgewiesen. Damit sind 15 Prozent der Gewässer der Inseln vollständig geschützt, was die Fischerei dort verbietet, weitere 15 Prozent sind streng geschützt, was sie stark einschränkt.

Werden solche Schutzgebiete auch kontrolliert und respektiert und sind sie streng genug, können sich Fisch- und andere Tierpopulationen laut Forschenden innerhalb kurzer Zeit wieder erholen. Auch Fischer müssen nicht leer ausgehen: Wegen des sogenannten Spillover-Effekts können sie außerhalb der Schutzgebiete zum Teil mehr und größere Fische fangen als zuvor, ohne die Fischpopulationen langfristig zu gefährden. Momentan sind jedoch immer noch lediglich rund acht Prozent der weltweiten Meeresfläche Teil von Schutzgebieten, nur knapp drei Prozent sind vollständig oder sehr stark geschützt.

Nachhaltige Mobilität nimmt Fahrt auf

E-Autos haben sich in diesem Jahr noch einmal ein Stück mehr durchgesetzt – und damit nicht nur Emissionen aus Verbrennern reduziert, sondern auch die Luftqualität in vielen Städten verbessert. Das gilt vor allem für China: In dem Land sind 2024 die Verkäufe von E-Autos stark nach oben gegangen, und auch die Ladeinfrastruktur wurden noch einmal ausgebaut. Besonders weit ist die Entwicklung auch in einigen Ländern Europas, allen voran in Norwegen: Dort fahren mittlerweile mehr E-Autos auf den Straßen als Diesel- und Benzinautos. In der EU machten Hybrid- und Elektroautos 2023 laut Eurostat-Daten bereits 48 Prozent aller Pkw-Neuzulassungen aus.

E-Autos allein machen den Verkehr allerdings noch nicht nachhaltig. Immer mehr Städte setzen daher auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Geh- und Radinfrastruktur. Die französische Stadt Montpellier etwa hat Ende vergangenen Jahres den öffentlichen Verkehr gratis gemacht, seither hat sich die Zahl der Fahrgäste laut offiziellen Angaben um mehr als 20 Prozent erhöht.

Wachsende Metropolen wie Pune in Indien wiederum setzen zunehmend auf elektrische Busse. Bereits Ende 2023 startete das indische Ministry of Housing and Urban Affairs eine sieben Milliarden Dollar schwere Initiative, um mehr als zehntausend neue E-Busse in 169 indischen Städten zu etablieren. In den kommenden Jahren will das Land E-Busse zum Hauptverkehrsmittel in den Städten machen. Auch in Europas Städten wird der Dieselbus langsam zum Auslaufmodell.

In einigen Ländern sinken die Emissionen

Zwar sind die globalen CO2-Emissionen auch 2024 wieder um 0,8 Prozent gestiegen, obwohl sie eigentlich schon fallen sollten. In einigen Ländern geht die Entwicklung aber bereits in die richtige Richtung. Von 2022 auf 2023 sind die Treibhausgasemissionen in der EU um 8,3 Prozent gefallen. Vorreiter bei der Energiewende sind vor allem nordische Staaten wie Schweden, Finnland und Dänemark, deren Emissionen zwar global nicht sonderlich ins Gewicht fallen, die es aber allesamt schafften, ihre Ziele zur Treibhausgasreduktion von 2009 umzusetzen. Schweden will seine Treibhausgasemissionen bis 2030 etwa um 59 Prozent reduzieren im Vergleich zu 2005.

Forschende wissen auch immer besser, mit welchen Maßnahmen sich die meisten Emissionsreduktionen umsetzen lassen. Laut einer internationalen Studie von diesem Jahr sind es vor allem die richtigen Kombinationen aus finanziellen Anreizen und Einschränkungen, die zu den größten Einsparungen führen. In Österreich waren das vor allem Reformen wie eine Lkw-Maut und eine höhere Mineralölsteuer.

Dass die Umstellung gelingen kann, zeigen viele Beispiele aus den vergangenen Jahren. Es bleibt nun für die Regierungen der größten CO2-Emittenten der Welt nur noch, sie auch zügig umzusetzen. 

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