Freitag, 15. März 2024

CDU vor der Europawahl: Die unerwiderte Verbrenner-Liebe

 hier  DER SPIEGEL

Die CDU will den Ausstieg aus Benzin- und Dieselantrieb stoppen. Damit stößt die Partei auf Widerstand von Parteifreunden – und der Industrie.

Europäische Schwesterparteien von CDU und CSU halten wenig vom Vorhaben der Union, das für 2035 geplante EU-Verbrenner-Aus zu kippen. Konservative aus mehreren europäischen Ländern sowie der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson votierten vergangene Woche in Bukarest gegen den CDU-Vorschlag, den Ausstieg aus dem Verbrenner-Aus im Wahlprogramm der Europäischen Volkspartei (EVP) zu verankern.

Kristersson hat dabei auch die Interessen des chinesisch beherrschten Herstellers Volvo im Blick, der stark auf E-Autos setzt. Gemeinsam drückten die Verbrennergegner durch, dass sich das EVP-Programm lediglich allgemein zum »Prinzip der Technologieoffenheit« bekennt. Der bisherige Ausstiegsfahrplan soll bestehen bleiben.

Nicht einmal die Autolobby steht geschlossen hinter den Plänen

Auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) will nicht an einem der Kernbestandteile ihres Green Deal rütteln lassen. Das gilt auch für das Datum, zu dem die EU das Verbrenner-Aus vereinbarungsgemäß überprüfen will. Berichte, wonach die Beamten den entsprechenden Report um ein Jahr vorziehen könnten, um der Union entgegenzukommen, werden in Brüssel dementiert. »Das Jahr 2026 steht im Gesetz«, heißt es in der Kommission. »Wer das ändern will, muss dafür erst einmal die entsprechenden Mehrheiten zusammenbringen.« Die sind aber nicht zu erkennen.

Auch der Plan der FDP, eine Ausnahme für synthetische Kraftstoffe (»E-Fuels«) durchzusetzen, droht zu scheitern. Zwar hat die Kommission nach monatelangem Streit zwischen Brüssel und Berlin eine entsprechende Verordnung vorgelegt. Doch im zuständigen Gremium des EU-Rats ist Deutschland isoliert, wie es in einem internen Protokoll heißt. Kein anderes Land habe Berlin »bei der jüngsten Sitzung unterstützt«.

Nicht einmal die Autolobby steht geschlossen hinter den Plänen. Für einen späteren Ausstieg gebe es kaum Chancen, heißt es im Verband der europäischen Automobilhersteller. Pkw mit Wasserstoff oder E-Fuels zu betreiben, sei zu teuer; zudem müsste eine zusätzliche Infrastruktur für Produktion, Transport und Vertrieb der Brennstoffe aufgebaut werden. Das sei bis 2035 nicht zu schaffen. »Es macht aus unserer Sicht überhaupt keinen Sinn, jetzt einen Strategieschwenk zu vollziehen«, sagt VW-Konzernvorstand Thomas Schäfer.


hier  Heise  14.03.2024

Das Ende des Verbrennungsmotors: Kommt das Aus vom Aus?

EU-Wahlkampf und Aussagen der Industrie führen bei einigen zu der Annahme, dass das Aus vom Verbrenner-Aus bevorsteht. Doch das ist nicht zu erwarten.

Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, ist im Wahlkampf und verspricht, dass die CO2-Limits 2026 einer Überprüfung unterzogen werden. Das aber ist ein Mechanismus, der von Beginn an genauso im Gesetz stand. Theoretisch kann es zu einer Aufweichung des 100 Prozent-Ziels für 2035 kommen. Ein Revival des Verbrennungsmotors dagegen ist in keiner Konstellation absehbar. 

Das Verbrenner-Aus sei gekippt, behauptet die Kronen Zeitung. Das österreichische Boulevardblatt bezeichnet die Präsidentin der Europäischen Kommission darum als Umfallerin. Ursula von der Leyen (CDU/EVP) wiederum ist im Wahlkampfmodus und verspricht, dass das für 2035 vorgesehene Verbrenner-Verbot 2026 definitiv überprüft werde. Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Mercedes-Benz Group AG, sagt in der Wochenzeitung Die Zeit, er kenne "den Zeitpunkt für den letzten Verbrenner schlichtweg nicht". Kommt das Aus vom Aus tatsächlich? Bei sorgfältiger Betrachtung: Nein, denn vorstellbar ist lediglich eine Aufweichung des Ziels. Eine Umkehr im Sinn eines Revivals des Verbrennungsmotors streben weder die Autoindustrie noch die Politik an....

Planungssicherheit für die Autoindustrie

...Obwohl es eine konservative Mehrheit sowohl im Brüsseler Parlament und als auch im Rat gibt, wurden die CO₂-Flottenvorgaben verabschiedet. Das ist bemerkenswert, weil nicht nur in Deutschland, sondern in vielen anderen Staaten in ganz Europa eine relevante Autoindustrie existiert. Die Vorstellung, dass hier gegen den radikalen Widerstand von Verbandsvertretern entschieden wurde, ist nicht plausibel. Vielmehr ist anzunehmen, dass es ein Einvernehmen und eine stille Zustimmung gab: Die Autoindustrie mag Planungssicherheit und hat sich auf die Umstellung zum Elektroauto eingelassen.

Revision von Beginn an vorgesehen

Wenn die Präsidentin der EU-Kommission jetzt öffentlichkeitswirksam die Überprüfung der Vorgaben für 2026 fordert, mag sich das nach der Ankündigung des Aus vom Aus anhören. In Wahrheit schildert Ursula von der Leyen lediglich die bestehende Gesetzeslage: Ab 2026 wird im Zweijahres-Rhythmus überprüft, ob die Lebenswirklichkeit mit dem Ziel für 2035 mithält....

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