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Es ist ein bemerkenswerter Vorgang, dass Deutschlands Einfluss als größtes und wirtschaftlich stärkstes EU-Land von seinen Partnern ausgehebelt wird. Es zeugt davon, dass die EU von der ständigen Enthaltung einer uneinigen Ampel die Nase voll hat.
Gewöhnlich arbeitet die EU-Kompromissmaschine mit zwei Antrieben. Den einen liefert die ständig wechselnde Ratspräsidentschaft, den anderen Deutschland, bei dessen administrativer Expertise viele kleinere Staaten Orientierung suchen und von dem alle immer dann eine praktikable Lösung erwarten, wenn sich alles verhakt hat. Die überraschende Entscheidung zur EU-weiten Regulierung der Plattformarbeit hat nun ein grelles Licht darauf geworfen, dass Deutschland dramatisch an Gewicht und Einfluss verliert.
Die fehlende Zustimmung von Frankreich, Deutschland, Griechenland und Estland reichten in der Gesetzgebung zur Plattformarbeit über Wochen und Monate aus, um mehr Rechte für Uber- und Pizzafahrer zu verhindern. Es ist nur einer von einer ganzen Reihe von Vorgängen, bei denen sich Deutschland enthält, weil die Ampel sich nicht einig ist. Das geht offenkundig immer mehr EU-Staaten derart auf den Keks, dass sie nun an Deutschland vorbei und um Deutschland herum Griechenland und Estland ins Ja-Lager holten, nachdem die FDP den Beschluss torpediert hatte.
Sie tat es ausgerechnet in einer Phase, in der die Schlussabstimmung eigentlich bloße Formsache ist, weil man sich ja zuvor auf einen Kompromiss geeinigt hatte, in diesem Fall sogar zwei Mal. Sinnigerweise wurde die deutsche Enthaltung wirksam umschifft am Abend jenes Tages, an dem sich die FDP als einflussreiche Europapartei zu inszenieren versuchte. Dramaturgisch treffender hätte man einem Akteur kaum den Stecker ziehen können. Doch nicht die FDP allein steht als begossener Pudel auf der Bühne. Es ist die Ampel insgesamt. An Deutschland vorbei Mehrheiten zu organisieren, bedeutet, dass Brüssel Deutschland ausgeampelt hat.
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