Und das boykottiert Maco Buschmann?
Pressemitteilung vom 7.2.24Deepfakes und Dickpics: EU schützt Frauen vor digitaler Gewalt
Wichtiger Schritt gegen geschlechtsspezifische digitale Gewalt: Die ungewollte Verbreitung sexualisierter Deepfakes, Cyberstalking, Belästigungen im Netz sowie das unaufgeforderte Versenden von pornografischen Inhalten werden europaweit strafbar. Dies wurde gestern von den Verhandler*innen der neuen EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt bekannt gegeben. Die gemeinnützige Organisation HateAid setzt sich seit Jahren für einen besseren Schutz vor bildbasierter sexualisierter Gewalt ein – ein Phänomen digitaler Gewalt, von dem besonders weiblich gelesene Personen betroffen sind. Diese Forderung wurde in den Verhandlungen jetzt explizit thematisiert.Nach fast zwei Verhandlungsjahren schafft die „Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ EU-weit einen gemeinsamen Mindeststandard für den Schutz vor geschlechtsbezogener Gewalt. HateAid begrüßt dies als einen notwendigen Fortschritt für besseren Schutz von Frauen im digitalen Raum. Frauen sind besonders stark von sexualisierten und oft gewaltvollen Angriffen betroffen, die sie einschüchtern und zum Rückzug zwingen sollen. Insbesondere die nicht einvernehmliche Verbreitung von KI-generierten Deepfakes und anderen Formen der bildbasierten sexualisierten Gewalt sind nach der Erfahrung von HateAid zu einer Gefahr für Frauen geworden. Der Fall von Weltstar Taylor Swift, deren sexualisierte Deepfakes kürzlich im Internet massenhaft verbreitet wurden, zeigt das mögliche Ausmaß dieses Problems.
Dazu Josephine Ballon, Geschäftsführerin von HateAid:
„Geschlechtsspezifische digitale Gewalt ist ein Massenphänomen und als Teil eines antifeministischen Backlash zu verstehen. Durch frauenfeindliche digitale Gewalt sollen Frauen erniedrigt, eingeschüchtert und aus dem öffentlichen Diskurs verdrängt werden.
Mit der neuen Richtlinie als Mindeststandard für künftige Gesetzgebung in Europa erkennt die EU an, dass Angriffe gegen Frauen unsere Gesellschaft als Ganzes bedrohen. Nun liegt es an den Mitgliedstaaten, die Richtlinie umzusetzen und durchzusetzen. Bisher hängt der Schutz vor geschlechtsspezifischer digitaler Gewalt erheblich von dem jeweiligen EU-Mitgliedsstaat ab, in dem Betroffene leben. Für Deutschland bedeutet die neue Richtlinie zum Beispiel, dass neue Gesetze gegen bildbasierte digitale Gewalt erforderlich sind.“
HateAid hat sich im politischen Prozess zur neuen Richtlinie für einen umfassenden Schutz vor geschlechtsspezifischer digitaler Gewalt eingesetzt. Die Kernforderung: Die Verbreitung nicht einvernehmlicher sexualisierter Deepfakes und das unaufgeforderte Versenden von Nacktbildern sollten strafbar werden. Diese Forderung wird durch die Richtlinie adressiert. Darüber hinaus kündigten die Verhandler*innen erhebliche Verbesserung in der Ausstattung und Schulung von Strafverfolgungsbehörden an – eine weitere Forderung, für die sich HateAid eingesetzt hatte. Hierbei konnte HateAid auf Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit spezialisierten Cybercrime-Einheiten in Deutschland zurückgreifen, die den Opferschutz und die Strafverfolgung im Internet erheblich verbessert haben.
Der neue Rechtsrahmen der EU ist dringend erforderlich, da fast jede dritte Frau in der EU bereits Gewalt im Internet erfahren hat. Neben den gravierenden Konsequenzen für die Betroffenen – darunter Angst, Stress und Depression – hat die Gewalt immense Auswirkungen auf die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen. Bereits jetzt trauen sich 52 Prozent der Frauen in der EU aus Angst vor Hass nicht mehr, ihre Meinungen online zu äußern. Digitale Gewalt verdrängt Frauen aus dem Internet, einem unserer wichtigsten Debattenräume, und gefährdet somit unsere Demokratie.
Die Richtlinie umfasst geschlechtsspezifische Formen von Gewalt sowohl im digitalen als auch im analogen Raum. Die Verabschiedung des neuen Rechtsrahmens im letzten politischen Trilog ist Ergebnis von kontroversen Verhandlungen – unter anderem über die Kriminalisierung von Vergewaltigung, die unter den Mitgliedsstaaten äußerst umstritten war.
Details der endgültigen Einigung werden in den kommenden Tagen bekannt werden und höchstwahrscheinlich Gegenstand weiterer Diskussionen und Kritik sein. Es ist noch nicht klar, wie weitreichend die neuen Schutzbestimmungen sein und welchen Einschränkungen sie unterliegen werden. Den EU-Mitgliedsstaaten wird eine Umsetzungsfrist eingeräumt, um die EU-Richtlinie in ihre nationalen Rechtssysteme zu übernehmen.
SPD-Blatt Vorwärts hier VON FINN LYKO · 7. MÄRZ 2024
Frauen erfahren häufig Hass und Gewalt im digitalen Raum, auch weil sich immer mehr Männer in Online-Foren radikalisieren. Diese Entwicklung wird seit langem unterschätzt. Eine neue EU-Verordnung könnte für Veränderung sorgen.
Denkt man an Hashtag-Kampagnen wie #Aufschrei in Deutschland oder #MeToo in den USA und weltweit, scheint es verwunderlich, dass Frauenrechte im Internet an vielen Stellen bedroht werden. Denn in den 2010er-Jahren war es insbesondere der digitale Raum, in dem das gesellschaftliche Bewusstsein für Sexismus und patriarchale Strukturen in Deutschland gestärkt wurde, und in dem wichtige Aufklärung über sexualisierte Gewalt und über Diskriminierung von Frauen geleistet wurde.
In einem SPD-Webinar zu Frauenrechten in Europa betonte Feministin Anne Wizorek, dass derartige Hashtag-Kampagnen zu mehr medialer Berichterstattung und mehr Recherche zu Fällen von sexualisierter Gewalt geführt haben. Das habe das gesellschaftliche Bewusstsein für derartige Themen gestärkt. Jedes öffentliche Äußern zu Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt, auch online, sorge für weitere Aufklärung und Prävention, sagte Wizorek. Auch Austausch und Vernetzung von Betroffenen und Aktivist*innen untereinander seien durch das Internet wesentlich leichter geworden.
Radikalisierung im Netz
Austausch und Vernetzung wurden jedoch nicht nur für Feminist*innen erleichtert. Ob über Foren wie Reddit, durch „Männlichkeitsinfluencer“ wie Andrew Tate oder Politiker wie den AfD-Euorpaabgeordneten Maximilian Krah in den sozialen Medien – in der sogenannten „Mannosphäre“ werden frauenfeindliche Inhalte verbreitet. In den letzten Jahren ließ sich auch deshalb eine zunehmende Radikalisierung junger Männer im digitalen Raum verzeichnen.
Das kann Auswirkungen auf die Welt außerhalb des Internets haben: So gab beispielsweise der Attentäter des Anschlags in Halle 2019 Frauenfeindlichkeit als eines seiner Motive an, in Toronto kam es 2018 zu einem Anschlag, der vom Täter selbst als Beginn einer „Incel-Rebellion“ bezeichnet wurde. Dabei bezog er sich auf die Internet-Subkultur der sogenannten Incels, die vor allem für ihre frauenfeindliche und gewaltvolle Ideologie bekannt ist.
Doch auch Privatpersonen verüben digital immer mehr sexualisierte Gewalt an Frauen. Eine britische Studie aus dem Jahr 2018 kam zu dem Ergebnis, dass 40 Prozent der befragten Frauen im Alter von 18 bis 36 Jahren bereits ungefragt Penisbilder von Männern zugesandt bekommen haben. Nach deutschem Recht gilt das Versenden solcher Bilder als Verbreitung pornografischer Schriften, und ist somit strafbar.
Die Angst vor Angriffen ist groß
Virtuelle Gewalt würde weiterhin unterschätzt, meint Anna-Lena von Hodenberg, Gründerin der Organisation HateAid, im Interview mit arte. Oft würden eigentliche Straftaten unter dem Argument der Meinungsfreiheit nicht weiter beachtet – auch von Beamt*innen, die eigentlich für die Ahndung verantwortlich wären. Zudem seien viele Opfer ratlos über ihre Handlungsmöglichkeiten.
Die Konsequenzen der Gewalt gegen Frauen im Netz und der Ratlosigkeit darüber sind schwerwiegend, das zeigte bereits 2021 eine Studie von HateAid. Frauen würden sich vermehrt anonymer im Netz bewegen oder sich ganz daraus zurückziehen – 52 Prozent gaben an, aus Angst vor Hass im Netz seltener ihre Meinung online zu äußern. Darunter fallen nicht nur Opfer von digitalem Hass, sondern auch Frauen, die bisher nicht davon betroffen waren.
Frauen sollen sich im Internet sicher fühlen
Der im Februar dieses Jahres in Kraft getretene Digital Services Act, eine EU-Verordnung, soll hier ansetzen, indem er unter anderem Haftungs- und Sicherheitsvorschriften für digitale Plattformen schafft. Konkret bedeutet das, dass alle Plattformen nun verpflichtet sind, dass Beiträge gemeldet werden können und dass große Online-Plattformen wie YouTube, Instagram oder Facebook ihre Algorithmen und andere interne Prozesse offenlegen müssen.
Durch diese Verordnung erhoffe man sich eine höhere Transparenz für Behörden und Zivilgesellschaft, wie auch eine deutliche Verbesserung der gesetzlichen Lage im Interesse (potenzieller) Opfer von Hass im Netz, sagt Anna-Lena von Hodenberg bei einer Pressekonferenz zum Thema Hass im Netz. Ein wichtiger Schritt, damit auch das Internet zu einem gleichberechtigten Ort werden kann.
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