Sonntag, 10. März 2024

Wunderwerke am Feldrain - die Hecke soll zurück

 hier NTV  Von Oliver Scheel  09.03.2024

Alles außer nutzlos: 720 Meter Hecke kompensieren die Treibhausgasemissionen, die ein Mensch innerhalb von zehn Jahren ausstößt.

Vielfach dienen Hecken als Flurstück-Grenze. Doch in den vergangenen Jahrzehnten verschwanden Zehntausende Kilometer von ihnen. Inzwischen hat sich der Blick auf die Hecke gewandelt. Ihre Rückkehr ist dem Bund einen dreistelligen Millionenbetrag wert.

Manche Sachen sind ganz einfach - auch beim Klimaschutz. So sind Hecken ein unterschätzter Helfer beim Kampf gegen die Erderwärmung. Sie helfen der Natur und dem Menschen gleich dreifach: Sie speichern CO2, sind enorm wichtig für die Artenvielfalt sowie den Erhalt der Böden. Damit sind Hecken auch für die industrielle Landwirtschaft von Nutzen.

Doch jahrzehntelang wurden Hecken im großen Stil aus der Landschaft genommen. Sie standen im Weg und störten die Bauern schlichtweg auf ihren Äckern. Und weil die Landmaschinen immer größer wurden und die Landwirtschaft immer effizienter, wurden die Äcker auf die maximal mögliche Größe ausgedehnt. So wurden nach Recherchen der Riffreporter seit den 1950er-Jahren in Deutschland rund 90.000 Kilometer Hecken entfernt.

Weit mehr als nutzloses Gestrüpp

Schon lange aber hat man den Nutzen dieser als Gestrüpp verschrienen Gehölze wieder erkannt. Denn nicht nur Moore und Wälder helfen bei der Speicherung von CO2, sondern auch die Feldgehölze. 720 Meter Hecke kompensieren die Treibhausgasemissionen, die ein Mensch innerhalb von zehn Jahren in Deutschland ausstößt. In einem neuen Hektar Hecke werden 380 Tonnen mehr CO2 gebunden als auf einem Hektar Acker, wie das Thünen-Institut, eine Forschungseinrichtung für ländliche Räume, Wald und Fischerei mit Sitz in Braunschweig, ausgerechnet hat. Zusätzlichen Kohlenstoff bindet die Hecke auch als Humus im Boden. Und spätestens damit ist sie auch für die Bauern interessant. Denn gesunder Boden ist die Basis für gute landwirtschaftliche Erträge.

Boden wird in großem Ausmaß unfruchtbar

Aber die Hecke kann noch mehr: Sie ist ein hervorragender Windbreaker, bremst also den Wind aus und arbeitet somit gegen die Bodenerosion. Außerdem ist sie ein guter Wasserspeicher und hält den Boden feucht. Und nicht zuletzt liefern Hecken der Landwirtschaft auch ohne großen Aufwand Feldfrüchte. Denn besonders die heimischen Arten Holunder, Brombeere, Weißdorn oder Schlehe bringen Früchte hervor, die für die Landwirtschaft durchaus von Nutzen und Ertrag sein können. Mit Marmelade für den Hofladen, frischem Obst für den Markt, Tee und sogar Schnaps können Landwirte ihr Sortiment breiter aufstellen.

Für die Artenvielfalt unverzichtbar

Mehr noch als für die Landwirtschaft sind Hecken unverzichtbar für die Artenvielfalt. Der Verein Heckenretter sagt, dass in Hecken mehr als 7000 heimische Arten nachgewiesen worden seien. Die Feldgehölze bieten das ganze Jahr über Schutz, Nahrung und Brutplätze. Hecken spenden Schatten und Feuchtigkeit und schützen die Tiere vor Wind und Wetter. Kleine und große Tiere steuern Hecken an. Dort leben Spinnen, Käfer, Würmer und unzählige kleine und große Insektenarten. Wo neue Feldgehölze angepflanzt werden, kehren Hasen, Rebhühner und Fasane zurück. Viele Vogelarten brauchen Hecken bei der Nahrungssuche und der Aufzucht ihrer Jungen. Schmetterlinge und Amphibien schätzen das günstige Mikroklima. Wo Hecken sind, ist die Tierwelt meist intakt.

Auch die Politik hat den Wert der Hecken erkannt und fördert die Wiederanpflanzung sogar. Bundesumweltministerin Steffi Lemke stellt aus dem Klimatransformationsfonds (KTF) 100 Millionen Euro zur Verfügung. Das Geld soll zwischen 2025 und 2027 eingesetzt werden, um das Landschaftsbild in Deutschland mit Knicks, Hecken und Baumpflanzungen zu ändern. Nach aktuellem Stand bleiben die Fördermengen bei den Maßnahmen zum natürlichen Klimaschutz trotz des Urteils aus Karlsruhe zum Haushalt fast vollständig erhalten. Somit können Landbesitzer also Fördergelder für neue Hecken erhalten.

Quelle: ntv.de

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