Donnerstag, 14. März 2024

Trotz Verurteilung: Klimaaktivist Samuel Bosch bleibt Gefängnis fern. Wer hat die Macht, Gesetze zu brechen?

Pressemitteilung am 14.3.2024 

Wie der SWR berichtete (hier), hätte am heutigen Donnerstagmorgen (14.3.2024) der im Ulmer und Ravensburger Raum bekannte Klimaaktivist Samuel Bosch (21) eigentlich seine dreiwöchige Haft (Jugendarrest) antreten sollen. Er hatte im Rahmen einer Kletteraktion (hier) in Augsburg die Regierung von Schwaben wegen einer vorgezogenen Bannwaldrodung (hier und hier) rechtswidrigerweise als "frech" bezeichnet. Nun kündigte er an, der Ladung der Göppinger Jugendarrestanstalt vorerst nicht nachzukommen und sein soziales und politisches Engagement zu priorisieren, während das Bundesverfassungsgericht noch eine von ihm eingelegte Verfassungsbeschwerde gegen die Haftpläne prüft.

▸ Recht und unsere Ordnung sind in Gefahr, wenn Minister gegen das Klimaschutzgesetz verstoßen

"Staatsanwaltschaft, Richter*innen und Polizei sind durch ihre Einschüchterungsversuche mit dafür verantwortlich, dass sich große Teile unserer Gesellschaft nicht trauen, die nötigen Veränderungen anzupacken", so Bosch. "Wenn wir uns weiterhin hinter einem zu simpel gedachtem Prinzip von 'Recht und Ordnung' verstecken, werden wir die Klimakrise nicht lösen, sondern uns nur immer wieder davor drücken, aktiv und konstruktiv an den desaströsen Auswirkungen unseres Handelns zu arbeiten. Unser Recht und unsere Ordnung sind in Gefahr, wenn Minister gegen das Klimaschutzgesetz verstoßen und völkerrechtliche Übereinkünfte wie das Pariser Klimaabkommen nichts mehr zählen."

Bosch bezieht sich dabei konkret auf ein Fachgutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags (hier), das Bundesverkehrsminister Wissing aufgrund steigender CO2-Emissionen im Verkehrssektor Rechtsbruch attestiert. "Beim Brechen von Verträgen oder Gesetzen wird in unserer Gesellschaft offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen", kritisiert Boschs Mitstreiterin Kiki Köffle (21) und folgt damit Carola Rackete und Luisa Neubauer, die schon 2020 fragten: Wer hat die Macht, Verträge zu brechen? (hier). UN-Generalsekretär António Guterres hat dazu eine eindeutige Haltung, er erklärte: "Klimaaktivisten werden manchmal als ‚gefährliche Radikale‘ dargestellt. Aber die wirklich gefährlichen Radikalen sind die Länder, die die Produktion von fossilen Brennstoffen erhöhen" (hier und hier) Sowie: "Klimaaktivisten – angeführt von der moralischen Stimme junger Menschen – haben ihre Ziele auch in den dunkelsten Tagen weiterverfolgt. Sie müssen geschützt werden und wir brauchen sie jetzt mehr denn je." (hier)

▸ Aktivist geht mit Angst um

Mit der Angst, nun jederzeit verhaftet zu werden, geht Bosch um, erklärt er: "Wir wissen, dass unser ehrenamtliches Engagement für Klimagerechtigkeit große persönliche Konsequenzen haben kann", so Bosch. Seine Haltung bleibt eindeutig: "Das eigentlich Gefährliche ist nicht meine Inhaftierung, sondern die Klimakrise mit ihren verheerenden Auswirkungen auf Ökosysteme und alle Lebensbereiche. Dieser Gefahr bin aber nicht nur ich mir bewusst: Trotz der Kriminalisierung von Protest, fragen sich immer mehr Menschen, auf welche Weise sie gegen die Klimakrise aktiv werden können."

▸ Podiumsdiskussion im Ulmer Theater

Für den Freitagabend (15.3.) plant Bosch die Teilnahme an einer Podiumsdiskussion im Ulmer Theater. Dort findet an diesem Abend die Dernière des in Graz uraufgeführten Stücks "Was zündet, was brennt" (hier) statt. "Was ist die eine Geschichte, die erzählt werden müsste, um uns alle in Handlung zu versetzen?", gibt das Theater als Leitfrage des Stücks an. Inhaltlich geht es um zwei Klimaaktivistinnen, die einen Wachmann von ihrer Haltung in Bezug auf die Klimakrise überzeugen möchten.
Im Anschluss an die Aufführung gibt es ein Publikumsgespräch, bei dem neben Bosch und Köffle auch Fabia Tömösy-Moussong (20) auf dem Podium sitzen wird. Tömösy-Moussong studiert in Heidelberg Physik und organisierte erst gestern eine Demonstration für eine Umstellung auf die klimafreundlichere moderne industrielle Holzbauweise und gegen HeidelbergCement (hier).

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