Mittwoch, 29. November 2023

Klima-Monitoringbericht 2023 der Bundesregierung: Die Folgen der globalen Erderwärmung verschärfen sich - und Deutschland ist davon in besonderem Maß betroffen.


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Monitoringbericht 2023 zur deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Weitere Informationen und der komplette Bericht auf den Seiten den Umweltbundesamtes hier


Tagesspiegel hier Von Christopher Schade 28.11.2023

Klimawandel in Deutschland: Sterbende Wälder und weniger Wasser

Das Umweltbundesamt hat seinen neuen Monitoringbericht zu den Folgen des Klimawandels in Deutschland vorgestellt. Ministerin Steffi Lemke warb für Klimaanpassungsmaßnahmen.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Dirk Messner, Leiter des Umweltbundesamts, haben am Dienstag den dritten Monitoringbericht zu den Folgen des Klimawandels in Deutschland vorgestellt. „Die Klimakrise verursacht enorme Schäden. Der Monitoringbericht zeigt die Fakten für Deutschland“, sagte Lemke bei der Vorstellung. Bis Ende 2024 möchte die Bundesregierung ihre Klimaanpassungsstrategie auf den Weg bringen.

Der diesjährige Monitoringbericht ist bereits der dritte seiner Art. Die Berichte sollen alle vier Jahre erstellt werden. Der letzte erschien somit im Jahr 2019. Im neuen Bericht hat das Bundesumweltamt anhand von 117 Indikatoren untersucht, welche Auswirkungen der Klimawandel auf das Leben in Deutschland hat.

Die Temperaturen in Deutschland haben sich seit 1881 bereits um 1,7 Grad erhöht. Das sind mehr als der weltweite Anstieg von 1,1 Grad, weil die Temperaturen an Land stärker steigen als über dem Meer. „Die letzten Jahre waren die heißesten Jahre, seitdem wir überhaupt über Wetterdaten verfügen“, sagte Messner.

Mehr Hitze und extremes Wetter

Die Zahl der Hitzetage ist in Deutschland inzwischen mehr als dreimal so hoch wie noch vor 70 Jahren. Das Umweltbundesamt hat errechnet, dass in den Jahren 2018 bis 2020 etwa 19.300 Menschen aufgrund von extremer Hitze gestorben sind. Anpassungsmaßnahmen wie der Hitzewarndienst des Deutschen Wetterdienstes hätten aber geholfen, sodass es nicht noch mehr Todesfälle gab.

19.300 Hitzetote gab es in Deutschland von 2018 bis 2020

Besonders betroffen von der Hitze sind Großstädte. Dichte Bebauung und Flächenversieglung führen beispielsweise in Berlin und Frankfurt zu besonders vielen heißen Tagen und Tropennächten. Mit mehr Grün- und Wasserflächen könnten sich die Städte laut Bundesumweltamt besser auf den Klimawandel eingestellt werden. Die Flächen könnten Starkregen besser aufnehmen und hätten einen kühlenden Effekt bei Hitze.

Extremwetterereignisse wie die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 seien durch die steigenden Temperaturen um das 1,2- bis 9-fache wahrscheinlicher, das haben Forschende der „World Weather Attribution“ errechnet. Obwohl es widersprüchlich klingt, werden sowohl Dürren als auch Hochwasser durch den Klimawandel wahrscheinlicher.

Weniger Wasser und sterbende Wälder

Lemke und Messner zeigten sich besonders besorgt über den Zustand des Wassers und der Wälder. „Deutschland verliert jedes Jahr 2,5 Kubikkilometer Wasser. Wenn man das über 20 Jahre hochrechnet, dann ist das die Menge, die der Bodensee umfasst“, erklärte Messner. Damit gehört Deutschland zu den Regionen mit dem höchsten Wasserverlust weltweit. Die Folgen sind unter anderem niedrige Grundwasser- und Pegelstände.

80 Prozent der Bäume in unseren Wäldern sind beschädigt

Dirk Messner, Leiter des Umweltbundesamts

Dass das bisher zu keinem großen Problem geführt hat, liegt daran, dass der Wasserverbrauch seit den 1990er Jahren gesunken ist. Industriebetriebe und Stromerzeuger konnten ihren Bedarf stark absenken und auch die Privatverbraucher sind etwas sparsamer geworden. Seit 2007 werden weniger als 20 Prozent des sogenannten Wasserdargebots genutzt, was als nachhaltig gilt.

Der Zustand der Wälder hat sich seit 2018 erheblich verschlechtert. Dabei spielen mehrere Faktoren eine Rolle, die sich gegenseitig verstärken, wie Trockenstress und Käferbefall. 

„80 Prozent der Bäume in unseren Wäldern sind beschädigt.“, so Messner, „Im Jahr 2020 haben wir gesehen, dass 20 Mal so viele Fichten abgestorben sind wie in den Jahren von 2010 bis 2019.“ Auch die zunehmende Gefahr von Waldbränden belaste die Wälder.

Nicht zu handeln, wäre teuer

Die Effekte des Klimawandels werden im Bericht für zahlreiche weitere Lebensbereiche unter die Lupe genommen. Dabei sind die Folgen nicht immer negativ. Manchmal gibt es auch keinen signifikanten Trend oder sogar positive Auswirkungen: In der Landwirtschaft wird der Anbau von bestimmten Sorten einfacher, darunter die Rebsorten Merlot und Cabernet Sauvignon, und an Nord- und Ostsee gibt es mehr Badetage. Insgesamt überwiegen laut Messner jedoch die negativen Effekte: „Bis Mitte des Jahrhunderts kommt man selbst bei konservativen Schätzungen auf Größenordnungen von 280 bis 900 Milliarden Euro an Schäden durch den Klimawandel, die durch eine kluge Anpassungspolitik vermieden werden können.“

Steigende Meeresspiegel erfordern besseren Küstenschutz. Tropische Arten wie die Tigermücke kommen vermehrt nach Deutschland und verbreiten Krankheiten. Niedrige Wasserstände beeinträchtigen die Binnenschifffahrt. Beschäftigte leiden unter der Hitze und sind weniger produktiv. Die Liste der Herausforderungen ist lang, aber wohl noch zu bewältigen.

Steigen die Temperaturen jedoch immer weiter, so werden auch die Kosten für die Anpassung in immense Höhen schnellen. Ohne Klimaschutzmaßnahmen würden die Temperaturen in Deutschland bis Ende des Jahrhunderts um bis zu weitere 4,7 Grad Celsius steigen, so die Voraussagen des Berichts. Deshalb fordert Steffi Lemke: „Wir müssen Klimaschutz und Klimaanpassung zusammenbringen.“


ARD hier Stand: 28.11.2023

Wasserverlust in Deutschland: Seit der Jahrtausendwende ein Bodensee weniger

Durch Hitzewellen und Dürren verliert Deutschland so viel Wasser wie kaum ein anderes Land. Das geht aus dem Klima-Monitoringbericht der Bundesregierung hervor. Er fordert Anpassungsstrategien.

Die Folgen der globalen Erderwärmung verschärfen sich - und Deutschland ist davon in besonderem Maß betroffen. Zu diesem Ergebnis kommt der dritte Klima-Monitoringbericht der Bundesregierung, den Umweltministerin Steffi Lemke und der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner, jetzt vorgestellt haben.Laut dem Bericht hat sich die Lufttemperatur in Deutschland im Jahresdurchschnitt um 1,7 Grad erhöht - verglichen mit der vorindustriellen Zeit. Dieser Wert liegt demnach um 0,6 Grad Celsius höher als der globale Temperaturanstieg im selben Zeitraum. Und Deutschland gehört zu den Regionen mit dem höchsten Wasserverlust weltweit: Seit 2000 verliert das Land laut dem Bericht 2,5 Kubikkilometer Wasser pro Jahr - und damit seit der Jahrtausendwende rechnerisch in etwa die Menge des Bodensees."Die verheerenden Folgen der Klimakrise nehmen in erschreckendem Ausmaß zu", sagte die Grünen-Politikerin Lemke. Dies zeige der Bericht "überdeutlich".

20-mal so viele Fichten sterben

Folgen haben die Veränderungen laut dem Bericht in vielen Bereichen: So führt der Wassermangel etwa zu Ernteeinbußen in der Landwirtschaft, durch lange Trockenperioden kommt es zu erheblich mehr und auch großflächigeren Waldbränden und wegen des Trockenstresses und des damit verbundenen Käferbefalls verschlechtet sich auch der Waldzustand deutlich. 2020 starben dem Bericht zufolge 20-mal so viele Fichten wie im Durchschnitt der vorangegangenen zehn Jahre."Immer mehr Stürme, Starkregen, Dürreperioden und Hitzewellen wirken sich auf die Gesundheit der Menschen, die Ökosysteme und die Wirtschaft aus", erklärte Lemke. Die gute Nachricht sei, dass immer mehr Kommunen Vorsorgemaßnahmen mit konkreten Projekten vorantrieben. 



Appell an Stadtplaner für mehr Grün und mehr WasserUBA-Präsident Messner nannte als Beispiel für solche Vorsorgemaßnahmen gezielte Informationskampagnen, mit denen es gelungen sei, die Zahl der Hitzetoten zu verringern. "Auch an der nachhaltigen Bewirtschaftung unserer Wasserressourcen und Böden arbeiten Bund und Länder im Rahmen der Nationalen Wasserstrategie und dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz bereits", so Messner.Er und Lemke mahnten bei der Vorstellung des Berichts weitere, ambitionierte Anpassungsstrategien in allen Bereichen an - unter anderem im Gebäudesektor oder zur Anpassung der Wälder und im Agrarsektor. Messner appellierte auch an die Stadtplanung, mehr für die Schaffung sogenannter Schwammstädte zu tun - also Städten mit viel Wasser und viel Grün. Hintergrund ist, dass es in dicht bebauten Städten deutlich heißer wird als auf dem Land. Laut Messner liegen die Temperaturen dort teilweise um zehn Grad höher als im Umland. Mit guter Städteplanung, dem Verzicht auf Flächenversiegelung könne man dem günstig entgegenwirken.Messner sprach von extremen Kosten, die zumindest teilweise durch eine Strategie zur Klimaanpassung vermieden werden könnten. Ohne dies müssten jährlich Schäden zwischen zehn und 30 Milliarden Euro einkalkuliert werden.

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Der Monitoring-Bericht wird alle vier Jahre in Zusammenarbeit mit Umweltbundesamt und Wissenschaftlern erarbeitet. Er soll die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels in Deutschland und mögliche Instrumente zur Anpassung analysieren.Seit dem letzten Bericht von 2019 gab es eine ganze Reihe von Extremwetter-Ereignissen: Als Beispiele nennt der Bericht das verheerende Hochwasser an den Flüssen Ahr und Erft vom Sommer 2021, bei dem mehr als 180 Menschen starben, oder die Hitze im Juli 2022 bei der erstmals nördlich des 53. Breitengrads in Hamburg eine Temperatur von mehr als 40 Grad gemessen wurden.

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Lemke: Werden Verpflichtungen trotz Urteil nachkommenLemke versprach, dass die Bundesregierung auch nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts ihren zugesagten Zahlungen für den internationalen Klimaschutz nachkommen werde. Deutschland habe sechs Milliarden Euro jährlich für den internationalen Klimaschutz zugesagt. Von diesen Verpflichtungen werde die Bundesregierung nicht zurücktreten können, so Lemke. "Wir stehen zu unseren internationalen Verpflichtungen."Das Bundesverfassungsgericht hatte die Aufstockung des Klima- und Transformationsfonds (KTF) mit ungenutzten Krediten aus der Corona-Pandemie Mitte November für unzulässig erklärt. Damit fehlen der Ampel-Koalition nun 60 Milliarden Euro für Projekte der Energiewende. Lemke sagte dazu, sie könne nicht genau beziffern, wie ihr Ressort durch das Urteil betroffen sei.

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