Donnerstag, 30. November 2023

Warnung vor einer Vollbremsung bei der Energiewende

 hier Finanzen

Energiewirtschaft und Banken schlagen zentralen Fonds zur Finanzierung vor – Investitionsbedarf von 600 Mrd. Euro bis 2030

Die deutsche Energiewirtschaft hat an die Politik appelliert, die Rahmenbedingungen für die Finanzierung der Energiewende zu verbessern, und schlägt – gemeinsam mit der Deutschen Kreditwirtschaft – einen zentralen Fonds vor, über den vor allem auch privates Kapital mobilisiert werden kann. Die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Energieverbands BDEW, Kerstin Andreae, verwies am Mittwoch in Berlin darauf, dass bis 2030 Energiewende-Investitionen von 600 Mrd. Euro nötig seien, um die Dekarbonisierungsziele der Bundesregierung zu erreichen

Die Unternehmen der Branche seien finanziell grundsätzlich gut aufgestellt, sagte sie. Doch dies sei "eine Jahrhundertaufgabe". Die Schuldentragfähigkeit und Eigenmittel des Energiesektors reichten hierfür ebenso wenig aus wie die Mittel aus den öffentlichen Haushalten.

Gemeinsam mit Ingbert Liebing, dem Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), betonte Andreae, in der jetzigen Haushaltskrise mit verhängter Ausgabensperre müsse eine "Vollbremsung" bei der Energiewende unbedingt vermieden werden. Wichtig ist es ihrer Ansicht nach daher, vor allem privates Kapital zu mobilisieren. Allein die deutschen Stadtwerke müssen nach den Worten von Liebing ihr jährliches Investitionsvolumen um das Vier- bis Fünffache steigern.

Nach Einschätzung von Hans-Jürgen Walter, Partner der Beratungsfirma Deloitte, müssen 90% der nötigen Energiewende-Investitionen von der Privatwirtschaft gestemmt werden. Aus Sicht von Investoren seien aber die Risiken für solche Investments oft zu hoch und die Renditemöglichkeiten zu gering. Dies müsse von der Politik attraktiver gestaltet werden.

Kapitalmarkt im Fokus

Die Verbände BDEW und VKU legten zusammen mit der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) und Deloitte ein Positionspapier vor, in dem eine ganze Reihe an Maßnahmen aufgelistet sind, wie die deutsche und die europäische Politik sowie die Unternehmen selbst die Finanzierung der Energiewende besser gestalten könnten. Das Papier, das auch schon dem Bundeswirtschafts- und Finanzministerium sowie dem Bundeskanzleramt zugeleitet wurde, enthält unter anderem den Vorschlag, einen zentralen "Transformationsfonds Energiewende" ins Leben zu rufen. Dem Modell nach könnten der Bund über die KfW oder auch die Bundesländer mit ihren Förderbanken als Kapitalgeber auftreten. Private Investoren und Bankinvestoren könnten hier unter anderem über eine Verbriefungsplattform beteiligt werden.

Ein konkretes Volumen für einen solchen Fonds wurde nicht genannt. Deloitte-Experte Walter sprach aber davon, dass die staatlichen Gelder ein Hebel sein könnten, um zehnmal so viel privates Kapital zu mobilisieren. Walter verwies darauf, dass insbesondere Stadtwerke und kleinere Versorger oft keinen Zugang zu Kapitalmärkten haben. Dies könne unter anderem durch die Bündelung von Projekten verbessert werden. Ohne die Kapitalmärkte sei die Energiewende aber nicht zu stemmen. Walter schlug auch öffentlich-private Mischfinanzierungen sowie öffentliche Garantien vor, die die Risiko-Rendite-Profile von Kapitalmarktinstrumenten verbessern könnten.

Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), der derzeit die Federführung in der DK innehat, plädierte in diesem Zusammenhang noch einmal für regulatorische Erleichterungen für die Banken. Aktuell entfielen 135 Mrd. Euro oder 7,2% der gesamten Firmenkundenkredite der deutschen Banken auf die Energiewirtschaft, sagte sie. Sonderbehandlungen für die Branche bei der Kreditvergabe seien aber nicht möglich.

Andreae schlug neben Erleichterungen für Banken bei der Vergabe grüner Kredite auch bessere Abschreibungen vor. Die bereits im Wachstumschancengesetz geplanten Superabschreibungen im Steuerrecht sollten noch ausgeweitet werden.

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