hier Frankfurter Rundschau Stand:21.11.2023, Von: Andreas Niesmann
Pendeln im (Verbrenner-)motorisierten Individualverkehr wird weiter subventioniert.
Bündnis bewertet die Subvention als unsozial und unökologisch
Die Entfernungspauschale sei sozial ungerecht und blockiere den Klimaschutz im Verkehrssektor. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Kurzstudie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS), die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vorliegt. Auftraggeber sind die Klima-Allianz Deutschland, der Deutsche Caritasverband und der WWF Deutschland
Laut der Studie fördert der Staat den Weg zur Arbeit mit bis zu sechs Milliarden Euro jährlich. Besserverdienende profitierten von dem Steuerrabatt überproportional: So flossen 40 Prozent der Subvention an die 30 Prozent mit den höchsten Einkommen. Besserverdienende hätten tendenziell längere Arbeitswege, pendelten häufiger und wiesen auch sonst höhere Werbungskosten auf, so die Studie weiter. Knapp zwei Drittel der Steuerpflichtigen hingegen profitierten gar nicht von der Pendlerpauschale, da sie unter dem Werbungskostenpauschbetrag blieben, der unabhängig von konkreten Ausgaben angesetzt werden kann.
Auch ökologisch stellt die Studie der Pendlerpauschale keine gute Bilanz aus. Über 80 Prozent der Mittel kämen Pendlerinnen und Pendlern zugute, die mit dem Auto unterwegs sind, heißt es. Mit einer Reform ließen sich rund 2,4 Millionen Tonnen CO2 jährlich einsparen.
„Die Pendlerpauschale setzt massive ökologische Fehlanreize und bindet wichtige Haushaltsmittel für die aktuell bedrohte Finanzierung wichtiger Klimaschutzmaßnahmen“, erklärt Stefanie Langkamp, Politische Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland. Sie fordert die Bundesregierung auf, die Pendlerpauschale abzuschaffen. „Gerade vor dem Hintergrund der Kürzungen bei der Klimafinanzierung durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist es jetzt umso dringender, klimaschädliche und sozial ungerechte Subventionen abzubauen“, so Langkamp.
Auch Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, hält den Steuerrabatt für überholt. „Die Pendlerpauschale ist in ihrer jetzigen Form klimapolitisch äußerst fragwürdig, und entgegen allen anderslautenden Vermutungen ist sie sozial ungerecht“, sagt Welskop-Deffaa. Die Studie zeige, dass es sozial gerechte und klimafreundlichere Alternativen gebe. „Von einer gut ausgebauten Bahn- und Businfrastruktur mit dichter Taktung in der Fläche profitieren alle, insbesondere auch die sozialen Einrichtungen und Dienste in ländlichen Räumen. Sie haben zunehmend Schwierigkeiten, Personal zu finden, wenn sie keine anständige Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr haben“, erklärt Welskop-Deffaa.
Viviane Raddatz, Leiterin des Klima- und Energiebereichs beim WWF Deutschland, erinnert die Ampel-Regierung an ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, eine sozial-ökologische Neuordnung der Pendlerpauschale voranzubringen. „Die Bundesregierung hat hier bisher nicht geliefert und mit der Erhöhung der Pendlerpauschale fossile Strukturen sogar weiter gefestigt“, sagt Raddatz. „Um die Klimaziele im Verkehrssektor einhalten zu können, brauchen wir dringend eine Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene“, so ihre Forderung.
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