Mittwoch, 22. November 2023

Klimageld: Energiewende für alle

Frankfurter Rundschau  hier  Stand:21.11.2023, 

Das Klimageld soll den Bürgerinnen und Bürgern helfen, steigende Energiepreise abzufedern.

Europa braucht ein Klimageld. Es ist das beste Instrument für Wohlstand, Demokratie und Frieden. Der Gastbeitrag von Katrin Langensiepen und Michael Bloss (beide Grüne).

Die Ampelkoalition steht vor ihrer größten Herausforderung. Das Bundesverfassungsgericht hat den Klima- und Transformationsfonds gekippt. 60 Milliarden Euro für den Klimaschutz und Entlastungen von Bürger:innen sind weg. Gerade jetzt, wo mit der kalten Jahreszeit auch wieder die Debatte über Heizkosten und Energiearmut aufkommt.

Klar ist: Der Ausstieg aus fossilen Energien schützt langfristig nicht nur Klima und Umwelt, sondern befreit uns auch von außenpolitischen Abhängigkeiten. Und vor allem sind erneuerbare Energien langfristig günstiger und die Grundlage für zukünftig blühende Klima-Industrien.

Genau deswegen begrüßt die überwältigende Mehrheit (85 Prozent) der Menschen in Europa die Energiewende und wünscht sich massive Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz – trotz aller Sorgen angesichts aktuell steigender Preise, Inflation und Lebenshaltungskosten! Dabei stecken nicht nur viele Deutsche in der Finanzklemme, sondern fast jeder vierte Mensch in der Europäischen Union ist von sozialer Ausgrenzung und Armut bedroht.

Das Wohlstandsversprechen der Europäischen Union darf aber nicht nur für die Reichsten gelten. Der Green Deal muss auch sozial gerecht sein. In der Transformation müssen die Staaten deswegen den Menschen unter die Arme greifen. Wer sich die Hausdämmung, das Elektroauto, das Zugticket oder die Wärmepumpe nicht leisten kann, dem muss geholfen werden. Es braucht finanzielle Unterstützung. Nur wie?

Lasst uns endlich das Klimageld realisieren!

75 Prozent der Deutschen wünschen sich ein Klimageld für alle. Die Schweiz und Österreich haben es bereits. Es wird als fester Betrag pro Jahr und Kopf ausgezahlt, um die steigenden Kosten für Heizen, Strom und Mobilität auszugleichen. Wer viel CO2 verbraucht, zahlt drauf. Wer wenig verbraucht, profitiert sogar. Auf diese Weise kommt das Klimageld gerade ärmeren Menschen zugute. Sie zahlen weitaus weniger CO2-Preisaufschläge als die reichen SUV-Fahrer und Jetsetter mit ihrer 150-Quadratmeter-Penthouse-Wohnung.

Klimageld schafft eine ausgleichende soziale Klimagerechtigkeit. Das ist wissenschaftlich belegt. Mit der angespannten Haushaltslage in Deutschland rückt das Klimageld in weite Ferne. Aber es gibt eine Möglichkeit, es dennoch zu verwirklichen.

Die Chance, das Klimageld umzusetzen, ist jetzt da: Sie kommt aus Brüssel.

Der Europäische Emissionshandel ist unser stärkstes Instrument, um Treibhausgase zu senken. 2027 kommt er europaweit für Gebäude und Verkehr. Das spült zusätzliche Milliarden in die Kassen der EU-Mitgliedstaaten.

2026 soll damit schon der neue EU-Klima-Sozialfonds finanziert werden. Zum ersten Mal in der Geschichte haben wir damit einen EU-Fonds, der speziell den etwa 34 Millionen von Energie- und Mobilitätsarmut betroffenen Menschen helfen soll.

Allerdings ist das Volumen knapp bemessen. Die EU-Mitgliedstaaten konnten sich nur dazu durchringen, weit weniger als ein Drittel der Einnahmen in den Sozialfonds fließen zu lassen. Das wird nicht reichen, weder um wirklich Armut zu bekämpfen, noch um dem wachsenden Populismus den Saft abzudrehen.

Wir müssen unbedingt alles dafür tun, die Energiewende für alle zu ermöglichen und bestehende Ungleichheiten nicht weiter zu verschärfen. Deswegen fordern wir die Einführung eines EU-Klimageldes. Das ist eine konkrete Lösung für die konkreten Probleme der Menschen.

Würden sich die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, die Einnahmen des ausgeweiteten Emissionshandels direkt umzuverteilen, wäre das fair und wirksam. Dann wird die soziale Fairness des Emissionshandels wirklich für alle sicht- und spürbar.

Es wäre ein unmittelbarer Ausdruck, dass Europa als Wirtschafts-, Klima- und Sozialunion zusammenwächst. Der EU-Klima-Sozialfonds ist essenziell, um Menschen aus der Armut zu führen. Das EU-Klimageld aber ist substanziell, um die Menschen in Europa in dieser wichtigen und schwierigen Phase der Transformation zusammenzuführen. Nicht Spaltung durch postfaktischen Populismus, sondern Stärkung durch bare Münze – das ist die Antwort auf alle Anfeindungen gegen Demokratie, Menschenrechte und Klimaschutz.


Katrin Langensiepen (Grüne) ist Vizevorsitzende des Sozialausschusses des Europaparlaments und Mitverhandlerin des EU-Klima-Sozialfonds.

Michael Bloss ist Verhandlungsführer der Grünen im EU-Parlament zum EU-Emissionshandel. Er hat den Koalitionsvertrag der Ampel für die Bereiche Klima, Energie und Industrie mit ausgehandelt.

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