Samstag, 18. Januar 2025

Die oft beschworene Technologieoffenheit steht bereits im Gesetz, allerdings gibt es nahezu keinen Markt für entsprechende Brennstoffe.

 hier  Merkur  Artikel von Matthias Schneider • 16.1.25

Ohne Heizungsgesetz droht der Kostenschock: Das blüht Verbrauchern mit dem CDU-Plan

Union will Gesetz abschaffen: Über das Heizungsgesetz ist leidenschaftlich gestritten worden. Kaum ist es in Kraft, soll es wieder fallen: Die CDU will die Verordnung im Falle des Wahlsiegs streichen.

Das Ringen um das Heizungsgesetz hört nicht auf. Doch selbst ohne die ungeliebte Verordnung spricht vieles gegen eine Renaissance von Öl- und Gasheizungen. Für Eigentümer ist die Lage denkbar schlecht: Während die meisten noch auf die Wärmeplanung ihrer Kommune warten müssen, wackeln ihre Fördergelder. Und der CO₂-Preis steigt.

Das Heizungsgesetz der Ampel: Das steht 2025 zu den Heizungen drin

Bestandsheizungen dürfen anstandslos weiterbetrieben werden. Wer eine neue Heizung einbaut, muss diese seit diesem Jahr zu mindestens 65 Prozent mit klimaneutraler Energie betreiben. Die Technologie ist relativ egal, der Staat übernimmt bis zu 70 Prozent der Kosten für den Umbau. Der Gedanke: Heute ist es oft noch rentabler, eine fossile Heizung statt einer Wärmepumpe zu betreiben. Mit der Förderung kann die Wärmepumpe aber häufig günstiger sein, zeigen verschiedene Berechnungen (oft auch ohne). Dazu gibt es Förderprogramme für Dämmmaßnahmen. Auch Öl- und Gasheizungen dürfte man theoretisch neu einbauen, sofern sie mit grünen Brennstoffen betrieben werden. Die oft beschworene Technologieoffenheit steht bereits im Gesetz, allerdings gibt es nahezu keinen Markt für entsprechende Brennstoffe.

CDU und CSU wollen das Heizungsgesetz ändern: Was könnte sich ändern?

Unions-Spitzenkandidat Jens Spahn stellt sich gegen das Gesetz und seine Förderungen, auch Fraktionschef Friedrich Merz will „definitiv Änderungen“ vornehmen. Und mit über 30 Prozent Wählerzustimmung in den Umfragen dürfte die Union gute Chancen auf eine wesentliche Regierungsbeteiligung haben.

Aus ihrem Wahlprogramm lässt sich bislang wenig Konkretes ableiten. Klar ist nur: Man will das Heizungsgesetz abschaffen. Darüber hinaus will man „technologieoffen emissionsarme Wärmelösungen fördern“, auch das Heizen mit Holz gehöre dazu.

Wie sich die Union damit differenzieren will, ist unklar: Bereits im von der Ampelregierung beschlossenen Heizungsgesetz werden die Energieträger Strom, Wasserstoff, Biomasse – auch Holz ist Biomasse – und Fernwärme gleichberechtigt gefördert (siehe Tabelle). Möglich wäre, den Einbau neuer, fossiler Öl- und Gasheizungen länger zu erlauben oder die Förderung zu kürzen.

Förderungen für den Heizungsgesetz „die attraktivste, die es je gab“

„Die Heizungsförderung, die wir heute haben, ist die attraktivste, die es je gab“, konstatierte Thomas Heim, Geschäftsführer der inzwischen verkauften Heizungssparte von Viessmann, jüngst gegenüber dem Handelsblatt. Er ist gegen eine Rückabwicklung des Heizungsgesetzes. In der Tat sind die Förderungen üppig: Wer bis 2028 zuschlägt, bekommt mindestens 50 Prozent Zuschuss. Selbstnutzende Eigentümer mit einem Jahreseinkommen von unter 40.000 Euro können noch einmal 30 Prozent bekommen. Der Zuschuss ist auf 70 Prozent der förderfähigen Kosten gedeckelt.

Darum sollten Hausbesitzer keine neu Öl- oder Gas-Heizung kaufen

Mittelfristig sprechen zwei Punkte gegen fossile Heizungen, die eine Bundesregierung nicht direkt beeinflussen kann. 2021 beschloss das Bundesverfassungsgericht, dass die, ebenfalls aus dem Grundgesetz abgeleitete, Reduktion der CO₂-Emissionen nicht unbestimmt auf die Zeit nach 2030 verschoben werden darf. Ohnehin reißt eine Gasheizung, die heute eingebaut wird, bereits die Klimaneutralitätsziele in Deutschland (2045) und Europa (2050). Eine Bundesregierung wird Übergangsfristen also nicht unendlich strecken können.

Dazu kommt ökonomischer Druck: In der EU gilt ein CO₂-Handelssystem. Für jede ausgestoßene Tonne CO₂ muss der Inverkehrbringer ein Zertifikat erwerben. Preis derzeit: 73 Euro. Dieser wird am Markt gebildet. Es ist das wichtigste Klimaschutzinstrument der EU. Denn die Kommission verknappt die Emissionsrechte sukzessive, um die Emissionen bis Netto-Null zu reduzieren. Um die verbleibenden Zertifikate entsteht ein immer härterer Bieterwettbewerb, der die Preise steigen lässt. Die EU muss den Mechanismus, will sie ihre Glaubwürdigkeit als Gesetzgeber nicht irreparabel aufs Spiel setzen, entsprechend weiterführen. Auch die Union will explizit auf die Wirkung des CO₂-Preises im Wärmebereich setzen. Deshalb sind künftig steigende CO₂-Kosten quasi sicher.

CO₂-Preis steigt: Wie teuer wird das Heizen in den nächsten Jahren?

Für Verbraucher gilt in Deutschland aktuell ein CO₂-Preis von 55 Euro die Tonne. Diese Zertifikate sind nicht handelbar, sie haben einen Festpreis. Das wird sich 2027 ändern: Dann wird der nationale mit dem europäischen CO₂-Handel fusioniert. Je nach Nachfrage – und Zertifikatverknappung, werden die Preise steigen. Konkret heißt das: Pro Kilowattstunde Gas werden 0,20088 Kilogramm CO₂ gerechnet, pro Liter Heizöl 2,6763 Kilo. Bei einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden Gasverbrauch – etwa für ein großes Einfamilienhaus – sind das heute vor Steuer rund 221 Euro.

Einen marktlichen CO₂-Preis von 200, 300 oder mehr Euro halten Experten künftig aber durchaus für realistisch. Für die europäischen Klimaziele muss es entsprechende Verknappungen geben. Genaue Prognosen sind wegen der Unsicherheiten bei EU-Politik und Nachfrage aber schwierig. Hier liegt auch das Risiko für Eigentümer.

Grüne Gase in der bestehenden Öl- und Gas-Heizung: Wasserstoff ist unseriös

Vor allem Jens Spahn (CDU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler), die lautesten Kritiker des Heizungsgesetzes, haben sich wiederholt dafür starkgemacht, grünen Wasserstoff oder grünes Heizöl zu nutzen. Der durchaus charmante Gedanke: Die alte Heizung einfach weiternutzen und sich den Umbau für die Wärmepumpe sparen. Das wäre mit dem heutigen Heizungsgesetz legal, die Wasserstoffheizung würde sogar gefördert. Aber: Das Heilsversprechen der günstigen Verbrenner-Heizung ist unseriös. Das liegt an den Gesetzen der Physik. Stark vereinfacht gilt: Strom ist die wertvollste, weil vielfältigste, Energieform. So kann eine Wärmepumpe aus einer Kilowattstunde Strom im Schnitt drei Kilowattstunden Wärme gewinnen. Aus einer Kilowattstunde Gas wird bestenfalls eine Kilowattstunde Wärme.

Aber: Grüner Wasserstoff und synthetisches Öl werden unter Aufwendung von Strom hergestellt. Und das derzeit unter hohen Umwandlungsverlusten. Synthetischer Wasserstoff – oder Öl – muss deshalb zwingend teurer sein, als der für die Erzeugung genutzte Strom – ohne die Fähigkeit, mehr Wärme zu heben, als drinsteckt. Man bräuchte also eine vielfache Menge an Strom, um die gleiche Menge Wärme zu erzeugen. Aus physikalischer Sicht wäre es deshalb sogar günstiger, Warmwasser mit einem Tauchsieder zu erhitzen, als mit grünem Gas. Das zeigt sich an den Preisen.

Warum wir nicht mit Wasserstoff heizen werden: Kosten sehr schwer abschätzbar

Die Erzeugungskosten für Strom lagen 2024 bei 8 Cent die Kilowattstunde. Die Wissenschaftler der Forschungsstelle für Energiewirtschaft erwarten „ganz langfristig“ Wasserstoffkosten von 10 Cent die Kilowattstunde, davor dürfte er teuer sein. Die Prognose leitet sich vor allem aus den Strompreisen her. Zum Vergleich: Erdgas kostet derzeit vier Cent im Großhandel, vor dem Ukraine-Krieg waren es nur 2 Cent. Weil die Technologie bislang kaum großtechnisch angewendet wird, ist noch etwas unklar, wie teuer Importe und – aus Erdgas gewonnener – blauer Wasserstoff werden.

Natürlich ist es möglich, dass Innovationen die Kosten senken. Bis sie kommen – falls sie kommen – wären Verbraucher aber mit steigenden CO₂-Preisen konfrontiert. Wie der Einsatz grüner Gase ökonomisch trotzdem Sinn machen kann, zeigt das Beispiel Biogas. Das ist auch teuer, weshalb es in Bayern zu über 90 Prozent in Blockheizkraftwerken verstromt wird. Nur die – weit günstigere – Abwärme wird in Wärmenetze eingespeist.

Eine solche Nutzung ist auch für Wasserstoff denkbar, weil der erzeugte Strom in Knappheitsphasen teuer vermarktet werden kann. Denn wenn es kalt ist, steigt auch der Strombedarf der Wärmepumpen. Reine Wasserstoffnutzer müssten zudem mit deutlich höheren Netzentgelten rechnen: Wegen der hohen Kosten würden wahrscheinlich nur wenige Verbraucher den Brennstoff nutzen. Die müssten sich aber die Netzkosten teilen, die heute auf vielen Schultern lasten. Gleiches gilt für das Erdgasnetz, das immer weniger Nutzer tragen müssen. Besonders beim grünen Heizöl stellt sich zudem die Frage, wie viel überhaupt verfügbar ist. Ein Blick über den Tellerrand verheißt wenig Gutes: Die europäische Luftfahrt muss 2030 sechs Prozent klimafreundliche Kraftstoffe nutzen – und bereits heute klagen die Airlines, dass sie die entsprechenden Mengen nicht am Markt erhältlich sind. Weder aus Pflanzenöl, noch aus grünem Wasserstoff. Kurzum: Eine Umstellung auf grüne Brennstoffe ist technisch möglich und heute schon erlaubt. Einfach und günstig ist es aber sicher nicht.

Heizungsgesetz könnte nach der Wahl fallen: Was sollten Eigentümer tun?

Unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl dürfte der Betrieb fossiler Heizungen teurer werden. Die Herausforderung für Eigentümer ist, abzuschätzen, wie sehr und wann sich der Umstieg lohnt. Gleichzeitig ist unklar, wie viel Förderung es unter einer neuen Bundesregierung – mit ebenfalls knappem Haushalt – geben wird. Ohne den üppigen sozialen Ausgleich könnten Wärmepumpen in der Anschaffung zu teuer sein, warnt der Verein Deutscher Ingenieure: „Die Förderung der Transmission des Wärmebereiches (und der Wärmepumpe) ist gerade unter dem Sozialaspekt wichtig“, so ein Statement von VDI-Chef Jochen Theloke. Er kritisiert Jens Spahn und fordert, dass dieser sich mehr auf Zahlen und Fakten stützen sollte.

Eigentümer sollten sich deshalb bei einem guten Installateur oder Energieberater ein individuelles Konzept erstellen lassen und gegebenenfalls noch die günstigeren Förderbedingungen mitnehmen. Denn diese ist „die attraktivste, die es je gab“, wie der Chef der Viessmann-Heizungssparte es gegenüber dem Handelsblatt formulierte. Wichtig: Bis 2028 müssen die Kommunen Wärmepläne aufstellen. Dann wissen Eigentümer, welche Netze sie künftig überhaupt nutzen können – und ob Fernwärme verfügbar wird. Sollten sich die Förderbedingungen in dieser Wartezeit verschlechtern, wäre das ein Bärendienst für die zu Recht verunsicherten Eigentümer.

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