Montag, 13. Januar 2025

Kalifornische Waldbrände: Reichtum hilft nur begrenzt, wenn die Katastrophe zuschlägt

Der Rationalist  hier Eine Spiegel- Kolumne von Christian Stöcker  12.01.2025,


In Kalifornien gab es durch die Großbrände Tote und Verletzte, Tausende Gebäude wurden zerstört, auch Luxushäuser reicher Superstars. Hier zeigt sich: Vor den Auswirkungen der Klimakrise kann man sich nirgends verstecken.


In den sozialen Medien machte in der vergangenen Woche ein Satz die Runde, der ursprünglich wohl von einem schottischen Punkfan auf X stammt:


 »Der Klimawandel wird sich als Abfolge von Katastrophen auf Handybildschirmen manifestieren, mit Videos, die näher und näher kommen, bis du selbst derjenige bist, der filmt.« 

Die Chancen stehen gut, dass daraus eine Art Sprichwort wird.

Zum Autor

Christian Stöcker, Jahrgang 1973, ist Kognitions­psychologe und seit Herbst 2016 Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW). Dort verantwortet er den Studiengang Digitale Kommunikation. Vorher leitete er das Ressort Netzwelt bei SPIEGEL ONLINE.


Dass die multiple Brandkatastrophe, die im Großraum Los Angeles mindestens zehn Menschen das Leben kostete, Tausende Häuser und die Prominentenenklave Pacific Palisades zerstörte, durch die Klimakrise wahrscheinlicher wurde, ist weitgehend unstrittig. In der Gegend hat es seit acht Monaten praktisch nicht geregnet, alles war trocken wie Zunder.


Dazu kam, dass die sogenannten  Santa-Ana-Winde  aus den Bergen, auch »Teufelshauch« genannt, aufgrund der extremen Wetterbedingungen dieses Jahr besonders heftig ausfielen. So konnten Löschhubschrauber tagelang nicht aufsteigen, die Feuer wurden wie von einem gigantischen Blasebalg immer weiter angefacht. Die Folge waren Großbrände, die es in dieser Dimension noch nie gegeben hat. Die Katastrophe vom Januar 2025 wird wohl als bislang teuerster Großbrand in die Geschichte Kaliforniens eingehen, das an Großbränden wahrhaftig nicht arm ist.

Von nass zu trocken zu nass, viel zu schnell

Situationen wie in Kalifornien, wo die Bedingungen sich binnen weniger Jahre von »viel zu trocken« zu »viel zu nass« und wieder zurückentwickelt haben, werden überall auf der Welt durch die Klimakrise nachweislich immer häufiger. Forschende sprechen von »Peitschenhieb«-Phänomenen des Hydroklimas. Sie stellen »furchterregende Bedrohungen für die menschliche Gesundheit, die öffentliche Sicherheit, die Versorgung mit Nahrung und Wasser sowie die Infrastruktur« dar, heißt es in einer diese Woche in »Nature Reviews Earth and Environment« erschienenen Überblicksstudie . Die Zahl von Extremwetterkatastrophen  nimmt seit Jahrzehnten immer stärker zu. Rückversicherer schlagen Alarm, bislang weitgehend ohne Effekt.

Vor Ort schlagen sich diese immer häufigeren Extrembedingungen im Moment vor allem in einer Form nieder: Die bestehenden Katastrophenschutzsysteme sind vollkommen überfordert, selbst in reichen Industrienationen. Das trifft auf die Katastrophenfluten zu, von denen es allein in Europa und allein im vergangenen Jahr bereits Dutzende gab . Und es trifft ebenso auf Brandkatastrophen wie die aktuelle in Kalifornien zu.

In Los Angeles bestand ein Teil des Problems darin, dass die Löschwasserreservoirs für das Ausmaß und die Menge der Monsterbrände schlicht nicht ausgelegt waren . Mancherorts kam ab einem bestimmten Punkt einfach kein Wasser mehr aus den Hydranten. »Wenn das zur Norm wird, werden wir neu darüber nachdenken müssen, wie Systeme gestaltet sind«, sagte ein ehemaliger Chefingenieur  des Los Angeles Department of Water and Power der »New York Times«.

Es trifft auch die Klimawandelleugner

Dass auch die viele Millionen Dollar teuren Häuser zahlreicher Hollywoodgrößen zerstört wurden, die teilweise seit vielen Jahrzehnten sicher und unbehelligt in Pacific Palisades gewohnt hatten, zeigt einmal mehr: Vor den katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise kann man sich nicht verstecken. Auch Orte, die gestern noch sicher schienen, können sich morgen in Katastrophengebiete verwandeln.

Die Klimakrise nimmt weder auf Immobilienpreise noch auf die Gesinnung der Einwohner Rücksicht. Zerstört wurde das Haus des durchaus klimakrisenbewussten Komikers Billy Crystal (»Harry und Sally«), und zunächst sah es so aus, als habe es auch das Haus des nach ganz weit rechts abgekippten Schauspielers James Woods getroffen.

Als ein X-Nutzer Woods auf die Ironie hinwies, dass das Haus des Klimawandelleugners vermeintlich dem Feuer zum Opfer gefallen war, reagierte der Schauspieler auf die typische Art der desinformierten amerikanischen Rechten: mit Aggression und noch mehr Realitätsverweigerung: »Dieses Feuer kommt nicht vom ›Klimawandel‹, du ignorantes A-Loch. Es liegt daran, dass linke Idioten wie du linke Idioten wie Gavin Newsom und Karen Bass wählen.« Bass ist die demokratische Bürgermeisterin von Los Angeles, Newsom der kalifornische Gouverneur. Mittlerweile ist klar: Woods Haus steht noch.

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