Eine gute Nachricht für alle - Norwegen hat es geschafft! Es hat somit Vorbildfunktion für uns.
Der Schluss des Artikels zeigt auf, dass natürlich jedes Land unter anderen Vorzeichen agiert - in jedem Land wird sich der Weg daher unterscheiden und nicht alles ist übertragbar. Bleibt das gemeinsame Ziel.
Focus hier Freitag, 03.01.2025,
Neun von zehn Neuwagen elektrisch: Norwegen hat die E-Auto-Wende geschafft, weil es einen deutschen Fehler vermied
Verbrenner-Autos? Schnee von gestern - zumindest in Norwegen. Neue Zahlen zeigen, wie weit das Land dem Rest Europas beim Umstieg auf die E-Mobilität voraus ist. Ursächlich für den Erfolg war eine konsequente Strategie, sagen norwegische Branchenvertreter - und das Vermeiden eines Fehlers, den auch Deutschland beging.
Tschüss Verbrenner, hallo Elektroauto. Norwegen hat sich als erstes europäisches Land zum Ziel gesetzt, neue Verbrenner von den Straßen zu verbannen - und das zehn Jahre vor dem EU-Verbot für neue Verbrenner im Jahr 2035. Denn: Ab diesem Jahr werden die norwegischen Zulassungssteuern für neue Verbrenner drastisch erhöht. Schon ab April 2025 sollen Plug-in-Hybride satte 3850 Euro mehr kosten, reine Verbrenner 1240 Euro. E-Autos waren lange Zeit von den Zulassungs- und Mehrwertsteuer befreit - und sind es noch, wenn der neue Stromer unter 43.000 Euro kostet.
Und das ist erst der Anfang: Hohe Mautgebühren und Steuern sollen fossile Antriebe aus dem Verkehr drängen. Ein indirektes „Verbot“ über den Geldbeutel - das funktioniert. Und das nicht erst seit gestern. Mittlerweile sind fast neun von zehn neu verkauften Autos in dem skandinavischen Land Elektrofahrzeuge, wie aus am Donnerstag veröffentlichten Daten des Norwegischen Straßenverbands (OFV) hervorgeht. E-Autos sind im ganzen Land mittlerweile Normalität geworden – und das trotz der langen Strecken, dünnen Besiedlung, bergigen Landschaft und dem harten Winter.
Zulassungszahlen in Norwegen
2024 waren 88,9 Prozent der verkauften Neuwagen in Norwegen vollelektrische Autos, während dieser Anteil im Jahr 2023 noch bei 82,4 Prozent lag. Plug-in-Hybride, die sowohl elektrisch geladen als auch mit Benzin betrieben werden können, machten 2,7 Prozent der Neuzulassungen aus. Reine Diesel- und Benzinfahrzeuge erzielten hingegen nur noch einen Marktanteil von 3,1 Prozent.
Norwegen hat die E-Auto-Wende geschafft, weil es einen deutschen Fehler vermied
In Norwegen sind sich die Experten derweil sicher. „Norwegen wird das erste Land der Welt sein, das Diesel- und Benzinfahrzeuge praktisch vom Neuwagenmarkt nimmt“, sagt Christina Bu, Chefin des norwegischen Elektroauto-Verbands, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Denn das Land setzt seit Jahrzehnten auf eine Politik der Verkehrswende.
Die norwegische Erfolgsformel basiert auf einer steuerlichen Anreizpolitik und einem langen Atem. Seit den 1990er Jahren setzt das Land auf Elektromobilität und hat den Wandel mit gezielten Maßnahmen beschleunigt. Eine Strategie, die dank des Durchhaltevermögens aufgegangen ist. Die Fehler, die unter anderem Deutschland gemacht hat, wurden in Norwegen vermieden.
„In anderen Ländern erleben wir oft, dass Steuererleichterungen erst beschlossen und dann wieder zurückgenommen werden“, sagt Bu. Auch die stellvertretende Verkehrsministerin in Oslo lobt die langfristige Strategie: „Das ist die wichtige Lektion: Ein großes Paket an Anreizen schnüren und es langfristig vorhersehbar machen“, sagt Cecilie Knibe Kroglund.
Auch für Michael Kern, Geschäftsführer der Deutsch-Norwegischen Handelskammer (AHK), ist es keine Überraschung, dass Norwegen bei der Verkehrswende weit vorne liegt. Über alle Parteigrenzen hinweg sei Norwegen seit Jahrzehnten auf diesem Weg, sagte er FOCUS online Earth bei einem Besuch in Oslo.
Wie Norwegen den E-Auto-Boom antreibt
Die finanziellen Anreize: 20 Jahre lang waren E-Autos von der Zulassungssteuer und der Mehrwertsteuer (25 Prozent!) befreit. Heute gilt das nur noch für Fahrzeuge unter 43.000 Euro.
Die Privilegien: Keine Mautgebühren, freie Fahrt auf Busspuren und kostenlose Parkplätze machten den Kauf von E-Autos schmackhafter.
Die Flottenumstellung: Taxis in Oslo müssen seit einem Jahr ohne Verbrennungsmotor fahren. Unternehmen setzen auf Elektro-Kleinbusse und nur in landwirtschaftlichen Betrieben brummen noch viele Dieselmotoren.
Die Fehler und Hürden in Deutschland
In der EU und auch in Deutschland schwächelt der Markt für Elektroautos derzeit. Vor allem der Wegfall der Umweltprämie für neue Elektroautos in Deutschland hat die Nachfrage gedämpft. Die Ampel hatte die Prämie Ende 2023 aus Spargründen kurzerhand gestrichen, nachdem das Verfassungsgericht in Karlsruhe die Haushaltspolitik der Ampel für rechtswidrig erklärt hatte.
Das Fehlen einer langfristigen Strategie über Parteigrenzen hinweg erschwert den E-Auto-Boom in Deutschland. Allerdings gibt es in Deutschland auch Bedingungen, mit denen Norwegen nicht zu kämpfen hat:
Es gibt keine eigene Automobilindustrie. Während in Deutschland die Interessen der mächtigen Autokonzerne eine große Rolle spielen, kann Norwegen unabhängig planen. Es gibt keine einheimischen Verbrenner-Marken, die geschützt werden müssen. Das macht es leichter, hohe Steuern auf Verbrenner zu erheben.
Die Kilowattstunde Strom für die E-Autos kostet in Norwegen nicht so viel wie in Deutschland. Dank der sprudelnden Wasserkraft im Land ist der Strom nicht nur billiger, sondern auch fast komplett klimaneutral. Anders als in Deutschland, obwohl auch hier der Anteil erneuerbarer Energien auf stolze 60 Prozent gestiegen ist.
Außerdem nehmen die Norweger für sehr weite Strecken, etwa von der Polarregion bis in den Süden nach Oslo, einfach das Flugzeug, statt zum Autoschlüssel zu greifen.
Die E-Auto-Wende des Öl-Landes
Norwegen ist mit seiner Verkehrspolitik erfolgreich. Dabei kann sich das skandinavische Königreich den Weg zum E-Auto-Boom leisten, weil der Staat auf alle E-Auto-Steuern verzichtet. Denn Norwegen finanziert den Wohlstand seiner 5,5 Millionen Einwohner fossil. Das Land hat einen Staatsfonds, der sich aus allen Öl- und Gasgewinnen im Ausland speist. Mit den fossilen Einnahmen aus dem Ausland lassen sich die klimafreundlichen Rechnungen für Ladeinfrastruktur, E-Auto-Förderung und Stromnetz natürlich leichter bezahlen.
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