hier Frankfurter Rundschau 23.01.2025, Von: Joachim Wille
Donald Trumps Anti-Energiewende ist eine Chance für die EU
US-Präsident Donald Trump hat seine Energiewende rückwärts gleich am Tag der Amtseinführung eindrucksvoll inszeniert.
Nach seinen Ankündigungen sackten die Aktienkurse von Windkraft-Unternehmen ab, während zum Beispiel nordamerikanische Kerntechnik-Firmen Aufwind bekamen.
Energie-Fachleute hierzulande warnen Deutschland und die EU nun davor, von den eigenen Klimazielen abzurücken und wie Washington zurückzurudern; Sie sehen in der neuen Lage sogar Chancen für die deutsche Wirtschaft.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin erwartet, dass die bisher gültigen US-Klimaziele, wie sie im Rahmen des Pariser Weltklimavertrags aufgestellt wurden, unter der zweiten Präsidentschaft von Trump immer weiter in die Ferne geraten. Unter Vorgänger Joe Biden wurden die erneuerbaren Energien laut einer jetzt vorgelegten Analyse des Instituts zwar ausgebaut, gleichzeitig erlebte das Land aber einen Boom von Fracking-Gas und -Öl.
Unter Trump könnten die internationalen Bemühungen, den Klimawandel einzudämmen, Schaden nehmen, warnt das DIW. „Trump wirft uns im internationalen Klimaschutz um mindestens vier Jahre zurück“, bilanziert die Co-Autorin der Studie, Claudia Kemfert. Sie sieht darin allerdings auch die Chance, dass Deutschland und die EU in den Clean-Tech-Sektoren wie Solarenergie und Windkraft an alte Wettbewerbsvorteile anknüpfen und diese zurückholen könnten. Dazu müsste hierzulande, anders als in den USA, politische Verlässlichkeit garantiert sein.
„Deutschland und die EU dürfen sich nicht auf einen klimapolitischen Unterbietungswettlauf einlassen und sollten stattdessen finanzielle Anreize für grüne Märkte erhöhen“, sagte Kemfert, Leiterin der DIW-Energieabteilung. Unter Biden wurde in den USA ein gigantisches Klima -und Energie-Programm verabschiedet. Der Inflation Reduction Act (IRA) schafft mit Steuervergünstigungen Anreize etwa für die Ansiedelung von Solarfabriken – mit ein Grund, dass die Branche in Deutschland Kapazitäten abbaute. Jetzt biete sich die Chance, Unternehmen aus den USA anzulocken oder zurückzuholen.
Die EU hatte als Antwort auf Bidens IRA das Programm „Important Projects of Common European Interest“ aufgelegt, mit denen Unternehmen aus Zukunftsbereichen wie Erneuerbare Energien, Batterieherstellung sowie Smart- und Clean-Technologien unterstützt werden – allerdings ohne vergleichbare Wirkung.
Das DIW fordert nun, die „Projects“ auszuweiten. Die Technologien seien weltweit gefragt. Investitionen in emissionsfreie Technologien trügen zur dringend notwendigen Modernisierung der Industrie bei. So würden Wettbewerbsvorteile und zukunftsfähige Jobs geschaffen. Auch andere Fachleute erwarten, dass Trump der US-Wirtschaft im Energiesektor längerfristig eher schadet.
So betont Professor Carl-Friedrich Schleussner von der Humboldt Universität Berlin, dass die Biden-Regierung in großem Stil in klimafreundliche technologische Innovation „Made in USA“ investiert habe, insbesondere in republikanischen Bundesstaaten wie Texas. „Dreht Trump die Uhr zurück, wird das langfristig dem amerikanischen Wirtschaftsstandort schaden“, meint der Klimaexperte. Er erwartet, dass der Markt für fossile Energieträger global schrumpfen wird und daher die Risiken für „Stranded Assets“ der Unternehmen zunehmen.
Ähnlich sieht es Wolfgang Obergassel vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Anders als behauptet, werde Trumps Politik die Energieversorgung in den USA nicht billiger machen, sondern verteuern, denn Wind und Solarenergie sowie zunehmend auch Batteriespeicher seien bereits günstiger als fossile Energie. Zudem beschneide Trumps Politik die Exportchancen der USA. „Es werden nun noch mehr als bisher China und andere Anbieter sauberer Technologie den Weltmarkt unter sich aufteilen“, sagte er.
Hier Von Gregor Honsel 23.01.2025,Seit Donald Trump den Ausstieg der USA aus dem Klimaabkommen von Paris in die Wege geleitet hat, sieht es düster aus in der internationalen Klimapolitik. Doch es gibt trotzdem noch Grund zur Hoffnung.
Schon vor Trumps Amtsübernahme war das Klimaabkommen von Paris praktisch tot. 2024 war im Schnitt 1,6 Grad wärmer als im Vergleichszeitraum. Damit ist das Pariser Ziel von 1,5 Grad de facto gerissen, denn es gibt keinerlei Grund zur Annahme, dass die Welt in den nächsten Jahren eine Wende schafft. Im Gegenteil: Läuft alles weiter wie bisher, steuert sie bis 2100 auf eine Erwärmung von 3,1 Grad zu, schätzt das UN Environment Programme. Selbst wenn alle Länder ihre Klimaversprechen einhalten würden, liefe es auf 2,6 bis 2,8 Grad hinaus.
Mit anderen Worten: Trotz jahrzehntelanger Klimadiplomatie ist der CO₂-Ausstoß nicht nur nicht gesunken, sondern hat sogar stark zugenommen. Und diese Zahlen stammen noch aus der Zeit vor Trumps Wahlsieg. Seitdem dürfte sich die Prognose nicht gerade verbessert haben.
Unumkehrbare Entwicklungen in der Klimapolitik
Nun kann man argumentieren, dass es ohne die Klimakonferenzen vielleicht alles noch viel schlimmer gekommen wäre. Und dass es nicht nur darum geht, die Erderwärmung zu bremsen, sondern auch darum, Schwellenländern dabei zu helfen, mit den Folgen fertig zu werden. Mag sein. Doch zumindest für den ersten Punkt ist das Instrument ist offenbar ausgereizt, ob mit oder ohne die USA.
Immerhin hat die Klimapolitik eine Entwicklung angestoßen, die selbst Trump nicht mehr aufhalten kann: Wind und Sonne sind mittlerweile meist günstiger als alle anderen Stromquellen, selbst wenn man die nötigen Stromspeicher mitrechnet. Der Zubau in den USA verlangsamte sich in Trumps erster Amtszeit zwar zeitweise, trotzdem nahm die installierte Leistung insgesamt um mehr als 100 Gigawatt zu. Und mittlerweile ist die Kostenschere zwischen fossilen und erneuerbaren Energien noch weiter aufgegangen.
Positive Klima-Kipppunkte gezielt herbeiführen
Solche Kipppunkte kommen allerdings nicht einfach so. Sie lassen sich gezielt herbeiführen, beispielsweise mit dem deutschen EEG oder mit Joe Bidens Inflation Reduction Act. Er sollte drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die US-Wirtschaft ankurbeln, die Abhängigkeit von China senken und die Erneuerbaren Energien voranbringen. Davon haben auch viele konservative Bundesstaaten wie Texas profitiert.
Natürlich kann man solche Fortschritte mit ausreichend bösem Willen und/oder Inkompetenz sabotieren, beispielsweise durch hohe Einfuhrzölle für chinesische Ware oder durch massive Bevorzugung der fossilen Energien, wie Trump es plant. Beides wäre schon aus Eigeninteresse völlig hirnrissig und würde vor allem China nutzen. Ich halte die Maga-Bewegung („Make America Great Again“) zwar durchaus für hirnrissig genug, alles kurz und klein zu schlagen, wenn es sich nur richtig anfühlt oder die richtigen Leute ärgert.
Aber ich glaube auch, dass selbst die hartleibigsten Konservativen rechnen können. Wenn es ans Geld geht, dürfte ihnen das ganze Maga-Gedöns irgendwann zu bunt werden. Auf diese wirtschaftliche Eigendynamik setze ich jedenfalls deutlich mehr Hoffnung als auf die nächste Klimakonferenz.
"An E-Autos und Wärmepumpen kann auch Trump nicht rütteln"
Donald Trump dreht die Zeit zurück. Erneuerbare Energien und Klimaschutz waren gestern, die Zukunft gehört Öl und Gas. Vorerst.
Gernot Wagner ist überzeugt, dass es sich um einen dramatischen, aber vorübergehenden Rückschritt handelt: "Die fundamentalen Trends, die Physik und auch die Ökonomie zeigen nur in eine Richtung", sagt der austro-amerikanische Ökonom aus New York im "Klima-Labor". Selbst Ölmilliardäre fürchten den grünen Kapitalismus: "E-Autos, Wärmepumpen oder auch Induktionsherde sind bessere Technologien, die nicht einfach schlechter werden."
Auch für Deutschland hat Wagner lobende Worte übrig. "Ihr installiert Solaranlagen mittlerweile als Gartenzäune!", schwärmt er. Gleichzeitig erkennt der Ökonom auf dem "alten Kontinent" strukturelle Probleme. Er plädiert für massive, aber gerechtfertigte Investitionen in ausgewählte Industrien, denn: "Technologieoffenheit ist ein Feigenblatt, um die Förderung alter Energien zu verdecken."
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