Morgenpost hier 16.1.25 Von Jason Blaschke
Wärmepumpe: Simple Rechnung ermittelt StromverbrauchWer eine Wärmepumpe einbaut, sollte Stromverbrauch und -kosten einkalkulieren. Wie man das konkret ermittelt, erklärt uns ein Fachmann.
Neben den Anschaffungskosten gilt es, bei einer Wärmepumpe die Stromkosten einzukalkulieren
Wer sich die Anschaffung überlegt, kann mit einer simplen Rechnung den Energieverbrauch ermitteln
Wie sinnvoll dynamische Stromtarife sind und warum sich ein Anbieterwechsel lohnen kann, lesen Sie hier
Wer seine Gas- oder Ölheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt, spart sich die Brennstoffkosten. Viele unterschätzen allerdings die Nebenkosten wie den Stromverbrauch. Ein häufiger Fehler kann schnell zur teuren Preisfalle führen. Energie-Experte Jan Ossenbrink rät, die variablen Kosten für Wartung und Strom in eine Preiskalkulation einzubeziehen, sofern die Installation einer Wärmepumpe möglich ist.
Wir haben den Energieexperten und Mitgründer des Wärmepumpen-Start-ups Vamo gefragt, wie hoch der Stromverbrauch einer Wärmepumpe ist und wie Verbraucher die laufenden Kosten niedrig halten können.
Effizienz einer Wärmepumpe: Die richtige Größe ist entscheidend
Ein guter Richtwert bei der Suche nach der passenden Wärmepumpe ist laut Ossenbrink der Energieverbrauch von der bisherigen Heizung. „Ist die Wärmepumpe zu klein oder zu groß, läuft sie ineffizient“, erklärt der Experte. Daher sei es wichtig, den individuellen Wärmebedarf so genau wie möglich zu berechnen.
Simple Rechnung ermittelt Stromverbrauch der Wärmepumpe
Eine einfache Schätzmethode besteht darin, den Heizenergieverbrauch in Kilowattstunden (kWh) aus der bisherigen Öl- oder Gasrechnung zu entnehmen. Bei Gas sei der Verbrauchswert bereits in kWh angegeben, heißt es im Wärmepumpen-Ratgeber der Verbraucherzentrale. Beim Öl müssen Verbraucher die Literanzahl mit zehn multiplizieren, um einen ungefähren kWh-Wert zu erhalten. Anschließend teilt man den Verbrauch durch die erwartete Jahresarbeitszahl (JAZ) der Wärmepumpe.
Auch Online-Tools wie der JAZ-Rechner vom Bundesverband Wärmepumpe können bei der Schätzung helfen. Sowohl die eigene Schätzrechnung als auch Online-Rechner bieten allerdings nur eine grobe Einschätzung des voraussichtlichen Stromverbrauchs einer Wärmepumpe.
Ein wichtiger Faktor – die Effizienz – bleibt dabei unberücksichtigt. Ossenbrink empfiehlt daher eine zweite, detailliertere Berechnung, die die spezifischen Gegebenheiten des Gebäudes berücksichtigt. Dazu zählen unter anderem der Grundriss, die Fensterflächen, sowie die Anzahl und Größe der Heizkörper. Die aufwändigere Rechnung kann ein Energieberater oder Heizungsbauer aufstellen.
Beispielrechnung: So hoch sind die Stromkosten bei einer Wärmepumpe
Zusammen mit der Schätzrechnung lässt sich so ein ungefährer Wärmebedarf und Stromverbrauch ermitteln. Eine pauschale Vorhersage bleibt jedoch schwierig, da die variablen Kosten individuell unterschiedlich ausfallen können. Eine Wärmepumpe ist letztlich eine strombetriebene Heizung und neben dem E-Auto einer der größten Stromverbraucher im Haushalt. Daher ist es umso wichtiger, dass die Heizung so effizient wie möglich arbeitet.
In einer Beispielrechnung zeigt Ossenbrink, wie hoch die monatlichen Stromkosten tatsächlich sein könnten: Er verwendet dabei einen Strompreis von 30 Cent pro kWh, einen jährlichen Wärmebedarf von 16.000 kWh und eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von vier. „In diesem Szenario liegen die Stromkosten bei rund 100 Euro pro Monat“, fasst er zusammen.
Wichtig: Je niedriger die JAZ, desto höher sind die Stromkosten, da die Wärmepumpe dann weniger effizient arbeitet. Heizkörper spielen hierbei eine entscheidende Rolle: Kleinere Heizkörper führen zu einer geringeren Effizienz der Wärmepumpe im Vergleich zu größeren.
Was ist die JAZ einer Wärmepumpe?
Die Jahresarbeitszahl (JAZ) zeigt, wie effizient eine Wärmepumpe arbeitet. Sie gibt an, wie viel Wärmeenergie im Verhältnis zum Strom erzeugt wird. Eine JAZ von vier bedeutet, dass die Wärmepumpe aus einer Kilowattstunde Strom vier Kilowattstunden Wärme erzeugt. Je höher die JAZ, desto effizienter und kostensparender arbeitet die Wärmepumpe im Jahresdurchschnitt.
Kostenfalle bei der Wärmepumpe: Dazu rät Experte allen Kunden
„In einigen wenigen Fällen kann sich der Austausch einzelner Heizkörper lohnen“, erklärt Ossenbrink. Daneben hilft auch der Austausch einzelner Fenster, die JAZ einer Wärmepumpe und damit den Stromverbrauch zu senken. Größere Sanierungen wie eine neue Dach- oder Fassadendämmung seien oftmals aber nicht nötig. Die Maßnahmen zur Senkung der variablen Kosten müssen zudem nicht unbedingt vor der Investition in eine Wärmepumpe erfolgen. Wer über mehrere Jahre investiert, kann die Sanierungskosten aufteilen.
Einen wichtigen Hebel zur Reduzierung der variablen Kosten vergessen Verbraucher laut Ossenbrik aber oft: den Stromtarif. „Wir raten jedem unserer Kunden, seinen aktuellen Stromtarif zu wechseln“, empfiehlt der Energie-Experte. Eine Berechnung von Verivox im Frühjahr ergab, dass deutsche Haushalte insgesamt rund fünf Milliarden Euro zu viel für Strom bezahlen. Viele nutzen nach wie vor die teureren Grundversorgungstarife mit festen Strompreisen. Dabei können sich schon wenige Cent Unterschied pro kWh erheblich auf die Gesamtkosten auswirken.
„Wir raten jedem unserer Kunden,
seinen aktuellen Stromtarif zu wechseln.“
seinen aktuellen Stromtarif zu wechseln.“
Jan Ossenbrink, Vamo
„Mit einer Wärmepumpe holt man sich den größten Stromverbraucher ins Haus“, sagt Ossenbrink. Der Experte rät zu dynamischen Stromtarifen. Diese passen die Strompreise flexibel an die aktuellen Marktbedingungen an und orientieren sich an den Stundenpreisen an der Strombörse. Das bedeutet: Wenn beispielsweise an windigen oder sonnigen Tagen viel erneuerbare Energie verfügbar ist, können die Kosten pro Kilowattstunde sinken.
Dynamische Stromtarife für Wärmepumpen: Was steckt dahinter?
Die Idee hinter den dynamischen Stromtarifen ist eine intelligente Steuerung der Energiezufuhr. So kann die Wärmepumpe zu günstigeren Zeiten mehr Energie beziehen und den Verbrauch bei höheren Preisen minimieren. Diese Funktion wird auch bei E-Autos genutzt.
Experte rät von Wärmepumpen-Stromtarifen ab
Von speziellen Wärmepumpen-Tarifen rät Ossenbrink dagegen ab: „Etliche dieser Tarife werden nach zwei Jahren teurer.“ Rein wirtschaftlich gesehen können zudem keine zwei Strompreise gleichzeitig auf dem Markt existieren. Ossenbrinks Rat: „Der gesamte Stromverbrauch sollte über einen Zähler und einen günstigen Tarif laufen.“
Auch der Heizungsratgeber „heizung.de“ empfiehlt diese Stromtarife nicht pauschal. Wenn die Wärmepumpe effizient arbeite und nur wenig Strom verbrauche, könne ein Allgemeinstromtarif günstiger sein, heißt es dort.
Stromtarif für die Wärmepumpe: Finanztip-Test liefert klares Ergebnis
Das Branchen-Magazin Finanztip kommt allerdings zu einem anderen Schluss. Im Juni 2024 analysierten die Experten die Ersparnis mit einem Wärmepumpen-Tarif für 15 Musterhaushalte. Im Test zeigte sich, dass sich ein Wärmestromtarif ab einem jährlichen Verbrauch von 3.000 Kilowattstunden oder mehr durchaus rentiert. Das Fazit: Je mehr Strom eine Wärmepumpe verbraucht, desto eher lohnt sich ein spezieller Wärmepumpen-Tarif.
Das bedeutet auch: Kommt neben der Wärmepumpe zusätzlich Energie aus Photovoltaik dazu, rechnet sich ein Wärmepumpen-Stromtarif unter Umständen nicht mehr. In jedem Fall sollten sich Verbraucher vor dem Wechsel zu einer Wärmepumpe aber mit ihrem Stromtarif auseinandersetzen, um die Kostenfalle zu umgehen.
Erdwärmepumpe langfristiger günstiger? Ein Faktor gilt es zu beachten
Die Art der Wärmepumpe ist aus Ossenbrinks Sicht dabei weniger ausschlaggebend für den Stromverbrauch. Eine Sole-Wasser-Wärmepumpe (Erdwärmepumpe) sei um rund 0,5 Prozent effizienter als eine Luft-Wasser-Wärmepumpe, was auf die konstante Temperatur im Erdboden zurückzuführen ist. Denn je kälter die Umgebung ist, desto mehr Strom verbraucht eine Wärmepumpe. Allerdings verschwindet dieser Effizienzvorteil mit den steigenden Temperaturen und dem Klimawandel.
Aus Sicht von Ossenbrink kann sich eine Erdwärmepumpe dennoch rechnen, wenn mehrere Parteien sie gemeinsam nutzen. Dadurch verteilen sich die Mehrkosten im Vergleich zu anderen Wärmepumpenarten und amortisieren sich schneller. Wichtiger sei mit Blick auf die Stromkosten aber die passende und korrekte Einstellung einer Wärmepumpe. Zusätzliche Hebel seien der Stromtarif und die Erhöhung der Jahresarbeitszahl durch korrekte Einstellung und kontinuierliche Optimierung.
Stromverbrauch der Wärmepumpe: Nicht an der falschen Stelle sparen
Unser Fazit: Wer seine Öl- oder Gasheizung gegen eine Wärmepumpe tauscht, sollte nicht nur Anschaffungs- und Installationskosten berücksichtigen. Eine Wärmepumpe kann bis zu 20 Jahre oder länger in Betrieb sein, daher tragen auch die Stromkosten zum Gesamtpreis bei. Ist die Wärmepumpe zu klein oder zu groß und arbeitet nicht effizient, können sich die eingesparten Anschaffungskosten später bei den variablen Stromkosten rächen.
Es kann also sinnvoll sein, am Anfang etwas mehr Geld auszugeben und in ein Heizsystem zu investieren, das über die Jahre gerechnet effizient und kostensparend läuft. Maßnahmen wie ein Stromanbieterwechsel, das Auseinandersetzen mit dynamischen Stromtarifen oder kleine Sanierungen wie ein größerer Heizkörper oder ein Fenstertausch helfen dabei, den Stromverbrauch langfristig zu senken.
Diese Faktoren sollten Kaufinteressierte auch beim Vergleich von Gasheizung und Ölheizungen mit einer Wärmepumpe beachten. Denn trotz der Förderung für eine Wärmepumpe kostet die Anschaffung und Installation in etwa so viel wie ein neues Gas- oder Öl-basiertes Heizsystem. Der Kostenvorteil der Wärmepumpe zeigt sich erst im Laufe der Jahre über den Effizienzfaktor. Dieser ist umso größer, wenn die Wärmepumpe richtig eingestellt ist und die variablen Kosten so niedrig wie möglich sind.
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