Samstag, 4. Januar 2025

2024 war ein Erfolgsjahr auf dem Weg zur Klimaneutralität: Weltweit gibt es weit mehr Strom aus PV-Anlagen als aus Atomkraft

Noch eine gute Nachricht aus dem Jahr 2024.
Die Energiewende ist nicht so einfach zu durchschauen,. Insbesondere da man gerne Deutschland alleine fokussiert, dieses aber in das europäische Gesamtkonzept eingebunden ist.
Daher also bitte keine voreiligen  Schnellschüsse verbreiten, bevor man sich informiert hat (wer erklärt das mal bitte Söder und Spahn?)

TAZ  hier  3.1.2025  Von Bernward Janzing

Windräder auf Hochtouren: Neujahr war zu 125 Prozent erneuerbar

Am 1. Januar wurde in Deutschland mehr Ökostrom produziert als insgesamt Strom verbraucht. Warum trotzdem fossile Kraftwerke laufen mussten.

Am Neujahrstag hat Deutschland mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, als im Land insgesamt verbraucht wurde: Einer Nachfrage von 1.160 Gigawattstunden stand eine erneuerbare Erzeugung von 1.196 Gigawattstunden gegenüber.

Vor allem die Windkraft an Land trug mit 915 Gigawattstunden zur Erzeugung bei. So lagen die Erneuerbaren am Mittwoch bei bis zu 125 Prozent des Verbrauchs, wie aus Zahlen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme hervorgeht.

Das aber hieß nicht, dass in diesen Stunden die fossilen Kraftwerke verzichtbar waren. Trotz der bilanziellen Deckung des Verbrauchs durch Ökostrom wurden am Neujahrstag noch immer 268 Gigawattstunden in fossilen Kraftwerken erzeugt. Diese werden nämlich weiterhin gebraucht; zum Beispiel, weil sie oft im Modus der Kraft-Wärme-Kopplung laufen, also neben Strom auch Wärme für ein Fernwärmenetz erzeugen.

Ein zweiter Grund für die fossile Stromerzeugung an solchen Tagen sind die erforderlichen Systemdienstleistungen, die bisher im benötigten Umfang nur diese Kraftwerke bieten können. So geben zum Beispiel die rotierenden Massen der tonnenschweren Turbinen und Schwungräder dem Netz die physikalische Trägheit, die es für seine Stabilität benötigt, um Frequenzschwankungen bei schnellen Laständerungen abzupuffern.

Batterien für stabile Netze
Die Photovoltaik bietet diese Trägheit nicht. Auch Windräder sind trotz ihrer Rotation dazu nicht in der Lage, weil zwischen der rotierenden Masse und dem Netz ein Frequenzumrichter hängt, der den drehzahlvariablen Rotor vom Netz physikalisch abkoppelt. Hingegen können Batterien diese Systemdienstleistung grundsätzlich bieten, was sie auch zunehmend tun werden – etwa mit dem „Netzbooster“, den Energiekonzern EnBW derzeit im Südwesten aufbaut.

Bislang sind die fossilen Kraftwerke auch als Lieferanten von Regelleistung nicht komplett verzichtbar. Sie müssen die Schwankungen der Stromerzeugung von Wind und Sonne sowie Änderungen der Nachfrage abfangen.

Damit ergeben sich zwei Kennzahlen, die es zu unterscheiden gilt: Während die Erneuerbaren am Neujahrstag bis zu 125 Prozent des Verbrauchs deckten, erreichte ihr Anteil an der Stromerzeugung nur maximal 85 Prozent – weil eben zu allen Zeiten mindestens neun Gigawatt fossiler Kraftwerke zur Absicherung der Netzstabilität in Betrieb waren.

Es entstanden also deutliche Überschüsse – und die wurden exportiert. Bis zu 17 Gigawatt flossen ins Ausland, in der Tagessumme waren es 294 Gigawattstunden. Zugleich wirkte sich das große Angebot an Strom auf den Strompreis aus. Am Neujahrstag war er aufgrund der geringen Nachfrage 14 Stunden lang negativ, lag also sogar unter null.

Diese Momentaufnahme des 1. Januars steht im Kontrast zur Gesamtbilanz des Jahres 2024, die das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme gerade vorgelegt hat. Mit fast 25 Terawattstunden (Milliarden Kilowattstunden) hatte Deutschland den größten Stromimportüberschuss seiner Geschichte.

Das lag allerdings nicht primär an den knapp 100 Terawattstunden Atomstrom, die in den letzten zehn Jahren weggefallen sind, sondern mehr noch an den 170 Terawattstunden Kohlestrom, die 2024 weniger erzeugt wurden als noch vor zehn Jahren. Deutschland produzierte im zurückliegenden Jahr nämlich so wenig Kohlestrom wie zuletzt 1957.

Zugleich erreichten die Erneuerbaren mit 275 Terawattstunden einen neuen Spitzenwert; vor zehn Jahren hatten sie noch mit 158 Terawattstunden zum Strommix beigetragen. Damit lag der Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Stromverbrauch mit 55 Prozent ebenfalls auf Rekordhöhe – wobei dieser Wert auch dadurch zustande kommt, dass der Stromverbrauch in den vergangenen zehn Jahren um rund zehn Prozent gesunken ist.




hier  Merkur  Artikel von Amy Walker 2.1.24

2024 war ein Erfolgsjahr für die Energiewende – Deutschland braucht die Atomkraft nicht

Strom-Mythen im Check: Die Energiewende ist eine Herausforderung, daran gibt es keinen Zweifel. Und noch ist der Weg bis zur Klimaneutralität lang. Trotzdem war 2024 ein Erfolgsjahr.

Wenn man sich die Debatten um die Energiewende im letzten Jahr anschaut, würde man meinen, es läuft alles falsch. Seit dem Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie wird mehr Strom importiert als exportiert, die Unternehmen ächzen unter hohen Energiepreisen und es droht eine Abwanderung energieintensiver Industrien. Dann kamen im November und Dezember zwei Dunkelflauten, also Tage, an denen die regenerativen Energien keinen Strom produzieren konnten und die Preise in die Höhe schossen.

Doch die Debatten täuschen – und führen teilweise in die Irre. Dass Deutschland Strom importiert, ist kein Zeichen von Versorgungsengpässen, zum Beispiel. Und auch das Klagen der Unternehmen über die Strompreise trifft nicht das ganze Bild. 2024 war auf dem Weg zur klimaneutralen Energieversorgung nämlich im Großen und Ganzen ein Erfolgsjahr.

Mehr Strom aus erneuerbaren Energien als jemals zuvor
2024 kam 62 Prozent der Stromerzeugung in Deutschland aus erneuerbaren Quellen. Das berichtet das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) zu Jahresbeginn 2025. Darin eingeschlossen ist neben dem eingespeisten Strom auch die Energie, die Haushalte und Kraftwerke, die zur Eigennutzung verwendet haben. Gleichzeitig sinkt der Anteil der Kohle am Strommix und lag 2024 bei 23 Prozent.

Damit steht fest: Der deutsche Atomstrom wird nicht vermisst
Es hat keine nennenswerten Engpässe gegeben und die Preise sind nicht in die Höhe geschossen, als die Atomkraftwerke vom Netz gingen. An dieser Stelle wird von einigen Akteuren gerne erwähnt, dass seit dem Atom-Aus die Nettostromimporte in Deutschland gestiegen sind. Das stimmt auch: 2024 hat Deutschland 9,2 Terrawattstunden mehr importiert als exportiert.

Das liegt aber nicht daran, dass hierzulande nicht genug Strom erzeugt werden konnte, sondern daran, dass der Strom in den europäischen Nachbarländern schlicht günstiger erzeugt wurde. Anstatt in Deutschland mehr Kohle zu verbrennen, wurde also günstigerer und häufig erneuerbarer Strom aus Frankreich, Dänemark, der Schweiz und Norwegen importiert. Im Gegenzug exportiert Deutschland auch erneuerbaren Strom in die Nachbarländer, 2024 waren die Annahmeländer vor allem Österreich, Polen, Luxemburg und Tschechien. Dadurch wurde dort also auch weniger Kohle verbrannt.

Im Winter exportiert Deutschland mehr als im Sommer, da sich die fossilen Energien in den Wintermonaten eher rentieren – und wir davon viele haben. „Deutschland hat im Gegensatz zu seinen Nachbarländern (Österreich, Schweiz, Frankreich) auch im Winter genügend Kraftwerkskapazitäten, um Strom für den Export zu produzieren“, so das ISE.

Strompreise sinken für die Industrie auf das Vorkrisenniveau – Netzentgelte belasten
Der Handel mit Strom über die Grenzen hinweg ist also insgesamt eine gute Sache, die dazu dient, Verbrauchern und Unternehmen immer das beste Angebot machen zu können. Trotzdem sind die Energiepreise in Deutschland hoch, das beklagen vor allem Unternehmen. So ganz richtig ist diese Erzählung aber nicht, denn die Strompreise für die Industrie sind 2024 wieder auf das Niveau von 2017 gesunken, wie Zahlen des Bundesverbands der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BEW) zeigen:

Die Steuern und Abgaben, die die Industrie 2024 für Strom leisten musste, sind auf den niedrigsten Stand jemals gesunken. Machten diese 2014 noch 8,37 Cent pro Kilowattstunde aus, waren es 2024 nur noch 1,49 Cent/kWh. Der Wegfall dieser Abgaben sorgt also dafür, dass die Unternehmen in erheblichem Maße entlastet werden. Großstromverbraucher und energieintensive Betriebe sind eher die Leidtragenden: Für sie sind die Beschaffungskosten und die Netzentgelte ein Problem.

Solar auf Rekordjagd: Weltweit gibt es weit mehr Strom aus PV-Anlagen als aus Atomkraft
Die Netzentgelte werden auch erstmal nicht so schnell sinken – die Bundesregierung könnte aber mit staatlichen Zuschüssen helfen. Denn der Ausbau der erneuerbaren Energien bedeutet auch, dass die Strominfrastruktur im Land massiv ausgebaut werden muss. Stromtrassen müssen gebaut, Leitungen gelegt, Speicherkapazitäten ausgebaut werden. Die Kosten dafür werden auf alle Verbraucher und Verbraucherinnen umgelegt.

2024 wurde die Solar-Ziele der Bundesregierung wie auch schon im Vorjahr übertroffen. Wie das ISE schreibt, waren 13 Gigawatt PV-Anlagen geplant, tatsächlich dürften es 15,9 GW gewesen sein. Allein bis Ende November waren 13,3 GW eingerichtet. Bei der Windenergie bliebt Deutschland aber hinter den Zielen zurück: Statt den geplanten 7 GW wurden nur 2,4 GW an Land errichtet. Trotzdem war die Windkraft die wichtigste Stromquelle im Land mit einem Anteil von 33 Prozent. Solarenergie machte 14 Prozent aus.

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist auch kein allein deutsches Phänomen. Der Ausbau von Solarenergie allein übertrifft die Atomenergie mittlerweile bei Weitem. Wie die Denkfabrik Environment America im September berichtete, waren Mitte 2024 weltweit 367 GW Atomenergie installiert, während Ende 2023 1600 GW PV am Netz waren. Knapp 600 GW mehr sollen es im Jahr 2024 sein. Der Ausbau der Atomenergie schreitet nicht annähernd so schnell voran, wie PV und Wind. Das hat natürlich ganz praktische Gründe: Der Bau eines Atomkraftwerks kostet ein vielfaches mehr, als der Bau von PV-Anlagen oder Windrädern.

Herausforderungen für 2025: Gebäude müssen saniert werden, Verkehr auf E-Autos umsteigen
Trotzdem gibt es natürlich noch Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität. So ist die Wärmeversorgung noch ein Problem, vor allem in privaten Haushalten. 30 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen stammen aus dem Gebäudebereich. Um das zu mindern, müssen Millionen Gebäude saniert und modernisiert werden – was auch nicht unerhebliche Investitionen bedeuten wird. Weitere Herausforderung ist der Verkehr: Anders als in Norwegen, wo 2025 keine neuen Verbrenner mehr zugelassen werden, sind in Deutschland die Elektroautos noch eher rar gesät. Auch der Schwerlastverkehr dekarbonisiert nur schleppend.

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