Samstag, 30. Dezember 2023

Hoffnung als treibende Kraft: Die Zuversicht der jungen Generation für eine offene und tolerante Zukunft

Anne-Kathrin Heier·POLITIK & GESELLSCHAFT·31.12.23  hier

Das Buch „Generation Hoffnung“ von Amelie Marie Weber gibt jungen Menschen Hoffnung und hilft der älteren Generation, offen zu bleiben für Neues. Außerdem zeigt das Buch: Ohneeinander schaffen wir es nicht. Wir müssen miteinander ins Gespräch kommen, um echte Veränderung zu bewirken.

Das zentrale Anliegen des Buches “Generation Hoffnung. Wie junge Menschen zwischen Klimawandel, Krieg und Selfie-Sucht die Zukunft gestalten” ist es, eine Verbindung zwischen den Generationen herzustellen und zu zeigen, wie die Jugend die Zukunft trotz Herausforderungen wie Klimawandel, Krieg und Selbstinszenierung formt. Wir trafen die Autorin zum Interview.

Amelie Marie Weber behandelt in ihrem neuen Buch Themen wie Klima, Pandemie, Krieg, Internet, Gesundheit, Diskriminierung und Arbeit, präzise arbeitet sie die Vielfalt und Komplexität der jungen Generation heraus. Die eingebetteten Interviews gewähren Einblicke in das Leben inspirierender junger Menschen und erweitern die Perspektive der Leser*innen. Amelie Marie Weber betont die Notwendigkeit von Gesprächen zwischen den Generationen, in denen deutlich wird: Wir alle haben sehr ähnliche Ziele und erreichen sie schneller, wenn wir gemeinsam für sie kämpfen.

Liebe Amelie, was hat dich dazu motiviert, ein Buch über die Generation Z zu verfassen und welchen Zweck siehst du darin?

„Ich schreibe nicht nur über die GEN Z, sondern einfach über junge Menschen, die in Zeiten schwerer Krisen ins Erwachsenenleben finden – irgendwo zwischen Schulabschluss und Familiengründung. In meiner Rolle als Journalistin und Moderatorin auf TikTok habe ich wiederholt festgestellt, dass viele junge Menschen mit einer eher pessimistischen Perspektive in die Zukunft schauen und auch weniger Nachrichten konsumieren, weil sie alles so runterzieht. Das hat mir zu denken gegeben. Ich selbst habe Hoffnung, ich glaube, dass die Zukunft gut werden kann, wenn wir gemeinsam alles dafür tun. Und ich will diese Hoffnung gerne weitergeben. Deswegen habe ich das Buch geschrieben.“

Dein Buch „Generation Hoffnung“ ist in unterschiedliche Kapitel eingeteilt, zum Beispiel Klima, Pandemie, Krieg, Internet, Gesundheit, Diskriminierung, Arbeit. Möchtest du damit der Tendenz, eine ganze Generation über einen Kamm zu scheren, etwas entgegensetzen?

„Die Vielfalt ist enorm. Auch unter jungen Menschen gibt es solche, die aktiv demonstrieren, und solche, die die AfD wählen, und zwar nicht zu knapp. Es ist wichtig zu verstehen, dass man nicht für die gesamte Generation sprechen kann. ......

In diesen Gesprächen bekommen wir im Buch detaillierte Einblicke in andere Lebenswirklichkeiten. Welche Funktion erfüllen die Interviewparts?

„Insgesamt waren die Interviews extrem bereichernd, weil ich tolle, inspirierende Menschen gefunden habe, die die Perspektive erweitern konnten. Zum Beispiel im Kapitel Diskriminierung war es mir wichtig, mit einer Person zu sprechen, die queer ist, weil ich selbst eben diese Perspektive nicht einbringen kann.

Am meisten im Nachhinein bewegt und beschäftigt hat mich das Interview mit einer jungen Ukrainerin, die vor dem Krieg geflüchtet ist und deren Eltern nach wie vor in der Ukraine leben. Auch sie hat Hoffnung, sie sagt, das Leben gehe weiter und man müsse an jedem Tag das Beste daraus machen.“...

Lanna Idriss, Vorständin von SOS-Kinderdörfer weltweit, hat im EF-Interview gesagt: ,Es ist unsere Aufgabe, der Jugend Platz am Verhandlungstisch zu machen’. Hast du das Gefühl, dass die jungen Generationen unterschätzt werden?

„Vollkommen. Die Arbeitswelt bietet ein besonders anschauliches Beispiel. Wir werden oft als weinerlich, zimperlich und verwöhnt bezeichnet, was paradox erscheint, denn wir sind diejenigen, die in diesem anhaltenden Krisenmodus aufwachsen und wirklich viel aushalten müssen. Dieses Klischee in der Arbeitswelt hat meiner Meinung nach zwei Hauptgründe.

Erstens sprechen wir offener über mentale Gesundheit und sagen auch mal, wenn es uns nicht gut geht. Das ist in meinen Augen eine enorme Stärke, die jedoch von anderen Generationen als Schwäche abgetan wird. Vielleicht sollte man darüber nachdenken?

Der zweite Punkt ist, dass wir uns aktiv für Werte in der Arbeitswelt einsetzen, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie gute Führung. Wir setzen uns so selbstbewusst dafür ein, weil wir es uns leisten können, bedingt durch den Fachkräftemangel. Das mag für diejenigen, die froh sind, überhaupt einen Job zu finden, verstörend wirken, ich verstehe das. Die Arbeitsauffassung unterscheidet sich, aber es ist wichtig zu erkennen, dass wir alle im Grunde für die gleichen Werte kämpfen......

Wenn man sich dann intensiver damit auseinandersetzt, mit Menschen spricht, die bereits aktiv sind, und sich die Zahlen anschaut, die in die richtige Richtung gehen, dann gewinnt man Hoffnung. Ich hatte erwartet, dass es sehr ernüchternd sein würde, und in Teilen ist es das auch. Aber gleichzeitig sieht man, dass bereits Fortschritte erzielt wurden und es Menschen gibt, die sich engagieren. Durch das Schreiben selbst habe ich also auch Hoffnung schöpfen können.”

Ein Kapitel in deinem Buch widmet sich dem Internet, dich selbst bezeichnest du hier als Süchtige. Was wünscht du gerade den jüngeren Generationen im Umgang mit den sozialen Medien?...

Mein Eindruck ist, und das gibt mir Hoffnung, dass gerade junge Menschen, die damit aufgewachsen sind, gewisse Umgangsformen etablieren, die zu einem gesünderen Verhältnis beitragen können. Ich glaube, dass wir mit der Zeit einen Umgang damit finden werden, der gesünder ist als der aktuelle. Wenn man sich beispielsweise jüngere Menschen anschaut, die Real und Snapchat nutzen – das sind Apps, die weniger gefiltert und weniger süchtig machend sind –, dann macht mir das sehr viel Hoffnung. Es muss so sein, denn es ist offensichtlich, wie sehr uns diese mächtige Sucht beeinträchtigt. Da muss sich etwas ändern, und ich glaube fest daran, dass das auch passieren wird.“

Ich habe vor einigen Wochen Gespräch mit einer Frau geführt, die weit über 70 ist. Sie sagte, sie habe das Gefühl, dass sich durch diese digitale Sucht die Beziehungen total verändert haben. Sie wünsche der jungen Generation, dass sie wieder echte Beziehungen führen können.

„Ich würde nicht behaupten, dass wir überhaupt keine echten Beziehungen mehr führen können. Das wäre sehr dramatisch und würde bedeuten, dass wirklich alles verloren ist. Es ist jedoch anders geworden. Besonders im Kontext von Onlinedating wird das deutlich. Wenn ich beispielsweise Tinder öffne, zeigt mir die App an, dass etwa 8000 Männer zur Auswahl stehen. Das ist wirklich verrückt. Wie soll man sich da für jemanden entscheiden, wenn es noch 7999 andere Optionen gibt?

Ich nehme häufig wahr, dass Vertreter*innen verschiedener Generationen das Gefühl haben, man nehme einander etwas weg....

…was aber nur geht, wenn die ältere Generation offen dafür ist, Neues zu lernen. Das ist oft nicht der Fall, wenn ich mir zum Beispiel Kommentare anschaue unter einem Post, in dem gegendert wurde.

Es ist traurig, wenn man nicht mehr dazulernen möchte und Veränderung so viel Angst macht. Und das ist natürlich der große Vorteil der Jugend, dass wir noch diese Offenheit für Veränderungen haben. Und das ist ja das, was Ältere von uns eigentlich gerade lernen können, sich nicht gegen alles zu sperren, was irgendwie neu ist. Ich versuche in dem Buch darüber ohne den erhobenen Zeigefinger zu sprechen, sondern zu erzählen: ,Hey, ich dachte sogar selbst mal, dass Feminismus nicht wichtig ist’. Ich erzähle das ganz bewusst und ich mache mich da ganz bewusst verletzlich, um zu zeigen, auch ich habe dazu gelernt, dann kannst du es auch. Ich komme von dem Punkt, an dem du jetzt vielleicht gerade stehst.

Generation Hoffnung

Das Buch „Generation Hoffnung. Wie junge Menschen zwischen Klimawandel, Krieg und Selfie-Sucht die Zukunft gestalten“ von Amelie Marie Weber



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