Mittwoch, 13. Dezember 2023

Bernhard Straßers Spenden-Coup mit der AfD schlägt hohe Wellen

Schwäbische Zeitung  hier 12.12.2023 Von: Jens Lindenmüller

Nach Demo in Salem:  Bernhard Straßers Spenden-Coup mit der AfD schlägt hohe Wellen

Der Salemer Unternehmer hat nicht nur die AfD, sondern auch das Ihube-Team der Bodensee-Schule überrumpelt. Mitauslöser der Aktion war ein Zitat eines Bürgermeisters.

Nach dem von mehr als 300 Gegendemonstranten gestoppten Aufmarsch von rund 30 AfD-Anhängern vor seinem Bauunternehmen in Salem erhält Bernhard Straßer viel Zuspruch. Vor allem für seinen Coup, die AfD für eine Spende zur Unterstützung einer Berufsschule in Nigeria zu gewinnen.

Was am Samstag ein bisschen untergegangen ist: Zunächst hatte Straßer insbesondere die Kommunen im Bodenseekreis dazu aufgerufen, sich an dieser Spendenaktion zu beteiligen. Eine Zusage hat er am Montag von einem Unternehmen aus Singen erhalten.

Nach einer Kundgebung vor der ehemaligen Markthalle in Mimmenhausen, die demnächst als Unterkunft für Geflüchtete genutzt wird, waren die AfD-Demonstranten am Samstagnachmittag ins Gewerbegebiet Neufrach marschiert. Dort wollten sie Bernhard Straßer am Sitz seines Bauunternehmens zur Rede stellen, denn er vermietet das Gebäude an den Bodenseekreis. Empfangen wurden die Demonstranten dort allerdings von mehr als 300 Menschen, die ihnen den Zugang zum Firmengelände versperrten.

Dabei helfen, Fluchtgründe zu beseitigen

Das Gespräch mit Bernhard Straßer fand deshalb auf der gegenüberliegenden Straßenseite statt - und nahm einen denkwürdigen Verlauf. Der Bauunternehmer kündigte an, die erste Monatsmiete, die er vom Bodenseekreis erhält - aufgerundet 5000 Euro - für das Projekt „Beweg was“ im Rahmen des Ihube-Eine-Welt-Projekts der Bodensee-Schule St. Martin zu spenden. Dahinter verbirgt sich eine Berufsschule in der Region Okigwe in Nigeria.


    Da wurde Bürgermeister Manfred Härle mit den Worten zitiert:
,Wir kapitulieren’. Das hat mich massiv geärgert.
Bernhard Straßer


In diesem Projekt wird genau das getan, was die AfD für sinnvoller als die Aufnahme von Geflüchteten hält: Es wird in Entwicklungshilfe investiert, damit Menschen keinen Grund mehr haben, nach Deutschland zu fliehen. Deshalb forderte Bernhard Straßer nicht nur sämtliche Kommunen im Bodenseekreis dazu auf, seiner Spende zu folgen, sondern auch die AfD. Und die ließ sich darauf ein.

Dieser Spruch hat Bernhard Straßer „massiv geärgert“

Geplant hatte Bernhard Straßer das nicht. Und der zahlreiche Zuspruch, den er seit Samstag für seinen Coup erhält, ist ihm auch fast ein bisschen unangenehm. „Getragen haben diese Aktion die vielen Bürger, die gekommen sind“, sagt er. Die Idee zur Spendenaktion sei ihm spontan gekommen, unter dem Einfluss von zwei aktuellen Ereignissen.

„Am Morgen hatte ich in der Zeitung von der Resolution zur Migrationspolitik gelesen, die die CDU-Fraktion im Kreistag einbringen will. Da wurde Bürgermeister Manfred Härle mit den Worten zitiert: ,Wir kapitulieren’. Das hat mich massiv geärgert“, sagt Straßer.

Am gleichen Morgen hatte Alexandra Jelitte - von Ow ihn über die neuesten Entwicklungen des Ihube-Projekts in Nigeria informiert, denn Straßer finanziert im Rahmen dieses Projekts sechs Patenschaften.

„Handwerker kapitulieren nicht“

Insbesondere berichtete Jelitte - von Ow ihm, dass aktuell eine Herberge für Schüler der 2021 eingeweihten Berufsschule „St. Martin Hope Institute for Technology“ gebaut wird - um ihnen in unruhigen, kriegerischen Zeiten den gefährlichen Schulweg ersparen zu können. „Die einen kapitulieren und die anderen ermöglichen da unten unter widrigsten Umständen Jugendlichen eine Berufsausbildung“, sagt Straßer.


    Für uns ist das natürlich wie ein Sechser im Lotto - oder so,  

als fielen Weihnachten und alle anderen Feiertage zusammen.  

Alexandra Jelitte - von Ow


„Handwerker kapitulieren nicht“, konstatiert Alexandra Jelitte - von Ow, Inhaberin der Schlosserei Hasenfratz im Deggenhausertal und Mitglied im Ihube-Team der Bodensee-Schule. Von Bernhard Straßers Aktion am Samstag sei sie „total überrumpelt“ worden. „Für uns ist das natürlich wie ein Sechser im Lotto - oder so, als fielen Weihnachten und alle anderen Feiertage zusammen“, sagt sie.

Das Ihube-Eine-Welt-Projekt der Bodensee-Schule - benannt nach dem Ort in Nigeria, in dem die erste Schule unterstützt wurde - gibt es seit 2001. Begonnen mit Patenschaften, ist das Projekt im Lauf der Jahre stattlich gewachsen - zuletzt um besagte Berufsschule, in der mittlerweile rund 80 Schülerinnen und Schüler ihr erstes Lehrjahr absolviert haben. Zum Beispiel in Solartechnik, Elektrotechnik oder in einer Klasse für die Berufe Schlosser, Zimmermann und Maurer.

Singener Unternehmen unterstützt Spendenaktion

„Wer dort eine Ausbildung macht, schwimmt nicht übers Mittelmeer“, sagt Bernhard Straßer. Und weil das genau dem Ansatz entspricht, für den die AfD bei ihrer Kundgebung geworben hatte, kam ihm am Samstag spontan die Idee, die Partei für eine Spendenaktion zu gewinnen.

Ob die AfD ebenfalls 5000 Euro locker machen wird, blieb am Samstag unklar, eine entsprechende Anfrage von Schwäbische.de hat der Kreisverband der AfD bislang nicht beantwortet. Ob und in welchem Umfang sich die Städte und Gemeinden im Bodenseekreis der Aktion anschließen werden, ist ebenfalls noch unklar.

Eine Zusage hat Bernhard Straßer am Montag aber aus Singen erhalten, von Bene Müller, Vorstand der Solarcomplex AG. „Ich möchte Ihnen meinen Respekt und Dank ausdrücken für Ihre Haltung. Sich den Krisen dieser Welt mit Vernunft und Menschlichkeit zu stellen, ist das Gebot der Stunde. Aber keine Selbstverständlichkeit“, schreibt Müller in einer E-Mail an den Unternehmer - verbunden mit der Ankündigung, die Aktion mit 1000 Euro zu unterstützen.

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