Die frohe Nachricht ist: Auch bei uns gibt es diese Ansätze schon, es ist gar nicht so weit weg!
Ich durfte vor Kurzem an einer Besichtigung der Markgräflichen badischen Verwaltung in Salem teilnehmen, die bereits auf regenerative Landwirtschaft umgestellt hat. Das hat durchaus Bedeutung, denn sie bewirtschaftet über 700 ha im Umkreis und war schon immer das große Vorbild (im Guten wie im Schlechten) für viele der örtlichen Landwirte.
Es werden neue Ansätze erprobt und verfolgt. Was mich sehr fasziniert hat, war der Ansatz der Bodenimpfung mit Bakterien oder Pilzen. In Salem wird vorrangig mit Pilzen gearbeitet, die im Laubblatt-Kompost, mit Blättern aus dem Wald, heranwachsen. Der große Vorteil: Pilze schließen Nährstoffe im Boden auf, die für die Pflanzen ansonsten nicht erreichbar wären. Herr Straßer und Frau Gindele, die beiden Fachkräfte im Betrieb, erklärten uns, dass bei Bodenproben festgestellte Mängel oft schon dadurch gelöst werden können. Sehr spannend, es geht also nicht darum, ständig weitere Nährstoffe auszubringen, sondern die bereits im Boden enthaltenen Nährstoffe Pflanzen-verfügbar zu machen.
In diesem Zusammenhang wurde auch von der Problematik durch Bodenbearbeitung gesprochen, die die bereits im Boden vorhandenen, erwünschten Pilz-Mycele empfindlich schädigen kann. (siehe dazu auch andere Artikel zur Klimarelevanz von Pilzen hier). Dieses Problem ist bisher noch ungelöst und muss durch ständig neue Impfungen gelöst werden.
Auch das unten erwähnte "Mob Grazing" wird umgesetzt und findet durch eine Zusammenarbeit mit dem örtlichen Schäfer statt.
Das Allerbeste aber ist: Die Verwaltung geht fachlich voran, ist aber ausdrücklich stark am Austausch und an einer Zusammenarbeit mit anderen Organisationen etc. interessiert. Wir werden hoffentlich noch mehr davon erfahren!
NTV hier 13.12.2023,Quelle: ntv.de, geo
Sechs Ideen für gesunde Erde
Die globale Nahrungsmittelproduktion bedroht die Erde: Sie laugt Böden aus, lässt Arten sterben, den Regenwald brennen und befeuert den Klimawandel. Doch das müsste nicht sein. Längst gibt es Mittel und Wege für eine nachhaltige Landwirtschaft. Sechs Beispiele, wie die Lebensmittelherstellung der Zukunft aussehen kann.
Fake-Fleisch
Weltweit basteln Fachleute an Fleisch, in dem kein Tier steckt. In Kesseln, denen in Brauereien nicht unähnlich, wachsen Bakterien, Algen und Pilze als Proteinlieferanten. Andernorts werden pflanzliche Zutaten aus Soja, Erbsen und Weizen zusammengemixt - und zwar sehr erfolgreich: Soja-Steak und Tofu-Nuggets gibt es in fast jedem größeren Supermarkt zu kaufen. Gerade die neueste Generation von Fake-Fleisch, meist aus Erbsenprotein, ähnelt ihren tierischen Vorbildern so sehr, dass bei Blindverkostungen kaum noch jemand den Unterschied herausschmeckt.
Regenerative Landwirtschaft
Die Natur hat unglaubliche Selbstheilungskräfte - wenn man sie nur lässt. Genau das will die regenerative Landwirtschaft erreichen. Anders als die Biolandwirtschaft will sie Böden und Ökosysteme nicht nur erhalten und schützen, sondern sogar verbessern. Sie nutzt dazu Methoden wie No-Till (Verzicht auf Pflügen) oder Direktsaat, die Bodenqualität und Biodiversität erhöhen.
Der Anspruch aber ist ganzheitlich. In jeder Ecke einer Farm beobachtet man genau, wie sich die Gemeinschaft der Lebewesen zusammensetzt und was sich wo im Gleichklang pflanzen lässt. Es geht darum, Farmen wieder als Kreislauf zu begreifen, und dazu gehören auch Tiere und Viehzucht: Wenn Stroh zu Futter, Kot zu Dünger, Dünger zu Ernte und zu neuem Stroh wird, wird der Kreislauf geschlossen, den die globale Agrarwirtschaft unterbrochen hat.
Direktsaat
Bei der Direktsaat wird darauf verzichtet, den Boden umzugraben. Stattdessen werden nach der Ernte auf den verrottenden Resten Zwischenfrüchte gepflanzt, etwa Hülsenfrüchte, die den Stickstoffgehalt im Boden erhöhen und so weniger Kunstdünger notwendig machen. Im Frühjahr werden diese Zwischenfrüchte abgehackt.
Spezialmaschinen ziehen wenige Zentimeter tiefe Furchen in die Decke aus organischem Material, in denen die Samen der Hauptfrucht landen. Dazwischen werden oft Untersaaten gepflanzt, die Unkraut verdrängen und keine Lücken auf dem Acker entstehen lassen. Insekten und Vögel naschen von diesem zusätzlichen Nahrungsangebot. So ist das Feld ständig bewachsen oder bedeckt, der Boden bleibt gegen Wasserverlust und Wind geschützt und erhält neue Nährstoffe.
Precision Farming
Über die Felder der Welt ruckelt eine merkwürdige Flotte: Agrar-Roboter, mal groß und kastenförmig wie ein Kühlschrank, mal klein und filigran wie Spielzeug. Sie verspritzen Herbizide so sparsam wie Parfüm, schießen Laserstrahlen auf Unkraut oder wühlen mit Zahnrädern den Boden neben Feldfruchtreihen um. Sie sind Teil jener Präzisionslandwirtschaft, von der sich Experten eine Revolution auf dem Acker versprechen.
Kleinere Landmaschinen können große Traktoren obsolet machen und gesündere Felder mit mehr Artenvielfalt ermöglichen. Präzisionsmethoden geben uns außerdem Augen und Ohren, wo wir sonst keine hätten: Im Boden messen Sensoren, wie hoch der pH-Wert ist, in der Luft erkennen Satelliten, wie viel Biomasse Pflanzen produzieren. Am Ende könnte eine KI entscheiden, wann etwa gewässert werden soll.
Mob Grazing
Es scheint zwar nicht logisch, aber Gras sprießt besser, wenn es ab und zu weggefressen wird. Den Verlust über der Erde gleicht es durch verstärktes Wurzelwachstum aus, auch um konkurrierende Pflanzen zu verdrängen. Nebeneffekt: Der Boden wird nährstoff- und artenreicher und er speichert mehr Treibhausgase.
Rinder, Ziegen und Schafe können so von Klimakillern zu Klimaschützern werden - wenn sie eng beieinanderstehen und immer nur kurz auf einer Weide grasen. "Mob Grazing" wird das genannt, weil die Tiere wie ein Mob über das Land herfallen, dabei Samen in die Erde treten, sie mit ihren Ausscheidungen düngen und dann verschwinden. In einigen Regionen Afrikas versucht man mit Mob Grazing die Wüstenbildung aufzuhalten.
Keyline-Design
Man kann dem Boden auch direkt unter der Krume helfen: Der australische Ingenieur Percival Alfred Yeomans erfand in den 1950ern ein Verfahren, um das rare Regenwasser auf seiner Farm in den Hügeln von New South Wales zu halten. Er identifizierte "Keypoints", an denen der Boden das Nass am besten speichert, und topografische "Keylines", die der Fließrichtung entsprechen. Entlang dieser Schlüssellinien lockerte er den Boden 20 bis 30 Zentimeter tief und hob ihn so etwas an. Die Pflanzen bildeten tiefere Wurzeln und kamen besser an Nährstoffe und Wasser. Der fruchtbare Boden wuchs gleich mehrere Zentimeter pro Jahr. Yeomans "Keyline-Design" wird heute als echte Chance gehandelt, die Landwirtschaft gegen den Klimawandel zu wappnen.
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