Spiegel hier 27.12.23
Gasheizungen: Die Grünen warnen vor Einbau – wegen GebäudeenergiegesetzAb Januar gilt das neue Heizungsgesetz. Die Grünen nehmen das zum Anlass, vor neuen Gasheizungen zu warnen. Ihr Kostenrisiko sei hoch – auch wenn es weiter »rechtliche Optionen« für den Einbau gebe.
Kurz vor dem Start des sogenannten Heizungsgesetzes haben die Grünen vor dem Einbau neuer Gasheizungen gewarnt. »Es ist wichtig zu wissen, dass ab dem 1. Januar 2024 der Einbau einer neuen Gasheizung ein erhebliches Kostenrisiko mit sich bringt«, sagte Fraktionsvize Julia Verlinden dem SPIEGEL.
Die Installation einer neuen Gasheizung, in der Hoffnung diese später mit Wasserstoff zu betreiben, könne sich als Kostenfalle entpuppen. »Das Risiko hoher Preise für fossile Brennstoffe sowie für die verpflichtenden erneuerbaren Ersatzbrennstoffe ist groß und deren zukünftigen Verfügbarkeit fraglich«, sagte Verlinden.
Grüner Wasserstoff sei eine wichtige Säule im Energiemix, werde aber dringend für Flugzeuge, Schiffe und die Industrie, beispielsweise für die Herstellung von Stahl, benötigt. »Für das Heizen von einzelnen Gebäuden sehen die meisten Studien Wasserstoff nicht als Lösung – zumal das von erheblichen Infrastruktur-Investitionen abhängig wäre.«
Die neue Beratungspflicht soll laut Verlinden Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen schützen. Allerdings sieht das Gesetz nicht zwingend einen klassischen Energieberater vor, auch der Rat von Schornsteinfegern und Heizungsinstallateuren soll zählen. Ob diese immer im Sinne des Kunden entscheiden, ist fraglich. Denn häufig ist es im Eigeninteresse sowohl der Schornsteinfeger als auch vieler Heizungsbauer, wenn weiter fossile Heizungen verbaut werden.
Ab dem 1. Januar 2024 können nicht mehr ohne die Erfüllung von Bedingungen überall neue Gasheizungen eingebaut werden. Eigentümer müssen zunächst einen Blick auf die kommunale Wärmeplanung werfen. Sie gibt vor, welche Heiztechnologien künftig in einzelnen Straßenzügen zur Verfügung stehen werden und welche nicht. Der Gesetzentwurf dazu sieht vor, dass Großstädte ihre Pläne zur Wärmeversorgung bis 30. Juni 2026 vorlegen müssen. Für Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern soll die Frist bis Mitte 2028 laufen.
Wenn die Wärmeplanung für das betroffene Haus künftig ein Wärmenetz oder Wärmepumpen vorsieht, darf ab dem Zeitpunkt grundsätzlich keine neue Gastherme mehr installiert werden. Allerdings können Haushalte, deren alte Heizung irreparabel kaputtgeht, bis zu fünf Jahre lang eine fossile Übergangslösung nutzen.
Wer ab dem kommenden Jahr eine neue Gasheizung einbauen lässt, obwohl der Wärmeplan in seiner Kommune noch nicht fertig ist, der muss künftig gewisse Ökoquoten erfüllen: Von 2029 an muss die Heizung die Wärme zu mindestens 15 Prozent mit Biomethan, grünem oder blauem Wasserstoff oder dessen Derivaten erzeugen. Der Anteil soll im Jahr 2035 auf mindestens 30 Prozent steigen, 2040 dann auf 60 Prozent.
Grünen-Fraktionsvize Verlinden spricht in diesem Zusammenhang von einer »zumindest rechtlichen Option«, sich für eine auf Wasserstoff umrüstbare Gasheizung zu entscheiden. Eigentümer gingen damit jedoch ein finanzielles Risiko ein, denn alle Heizungen, die ab 2024 ausgetauscht oder neu verbaut werden, müssen kurz- oder mittelfristig die 65 Prozent Erneuerbaren Anforderungen zum Klimaschutz erfüllen.
Verlinden verweist auch auf die hohe staatliche Förderungen. »Zum Beispiel sind für den Einbau einer Wärmepumpe bis zu 70 Prozent Förderung möglich, das ist die höchste Heizungsförderung in der Geschichte der Bundesrepublik.« Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Investitionskosten sollen bei 30.000 Euro für ein Einfamilienhaus gedeckelt sein – demnach gäbe es höchstens 21.000 Euro Förderung. Bislang bekommen Eigentümer bestehender Häuser 25 bis 40 Prozent als Zuschuss für die neue Wärmepumpe – und zwar für Kosten von bis zu 60.000 Euro pro Wohneinheit. Maximal winken also 24.000 Euro
Lesen Sie hier mehr über die neue Förderstruktur.
Spiegel hier Von Henning Jauernig 26.12.2023
Neues Heizungsgesetz ab 1. Januar: Wärmepumpe, Gas – oder lieber noch mal abwarten?
Der Heizungsstreit hat Deutschland in diesem Jahr tief verunsichert. Ab Januar gelten nun neue Regeln. Wie Eigentümer jetzt am besten vorgehen – und wie viel Förderung es im neuen Jahr gibt.
......Mittmann wollte nicht länger warten. Im Sommer beschloss er kurzerhand, alle Türen und Fenster auszutauschen. Gut 17.000 Euro zahlte er dafür. »Ich hatte das Geld übrig und wollte nicht, dass es der Inflation zum Opfer fällt«, sagt er. Außerdem steigere die Investition den Wert seines Hauses und sei sein »kleiner Beitrag zum Klimaschutz.«
Gut 15 Prozent der Primärenergie wird diese Maßnahme einsparen. So hat es Energieberater Stefan Bolln ausgerechnet, der an einem regnerischen Dezemberdienstag bei Mittmann im Wohnzimmer sitzt. Aus seiner Sicht hat Mittmann genau richtig gehandelt. Viele Eigentümer hätten in diesem Jahr vor lauter Panik noch funktionierende Gasthermen durch neue fossile Geräte ausgetauscht, bevor dies ab Januar nicht mehr ohne Weiteres möglich sein wird.
»Das dürfte sich häufig als Fehlinvestition erweisen«, sagt Bolln. Denn die meisten Hausbesitzer vergleichen nur die Anschaffungskosten und sehen, dass Gaskessel um gut die Hälfte günstiger sind als Wärmepumpen. Die wenigsten aber vergleichen die Kosten über die Laufzeit der Anlage, die mehr als 20 Jahre betragen kann.
Das Energieberatungsunternehmen 42watt hat für den SPIEGEL Beispielrechnungen erstellt (siehe Grafik). Im besten Falle ist die Wärmpumpe über die gesamte Betriebsdauer halb so teuer wie eine Gasheizung, im schlechtesten Falle ist sie immerhin 20 Prozent günstiger. Gerade in Verbindung mit einer Fotovoltaik-Anlage kann sich eine Wärmepumpe auf Dauer lohnen, auch wenn die Installationskosten deutlich höher sind. Bei den Energiepreisen haben die Fachleute eher konservativ gerechnet, mit einem hohen Strompreis und einem nur leicht ansteigenden Gaspreis.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam jüngst das Schweizer Beratungsunternehmen Prognos.
Über die Betriebszeit von 15 Jahren sei eine neue Wärmepumpe immer wirtschaftlicher als eine neue Gasheizung. Berechnet wurden demnach für ein energetisch relativ ungünstiges Haus der Energieeffizienzklasse F die Kosten einer neuen Luft-Wasser-Wärmepumpe mit drei angedachten Förderkategorien. Je nachdem, wie stark sie gefördert wird, kann sich die Wärmepumpe schon nach wenigen Jahren amortisieren.
Um teuren Fehlentscheidungen vorzubeugen, ist künftig eine Energieberatung verpflichtend. Die fachkundige Person soll aber nicht zwingend ein klassischer Energieberater sein, auch der Rat von Schornsteinfegern und Heizungsinstallateuren soll zählen. Ob diese immer im Sinne des Kunden entscheiden, ist allerdings fraglich. Denn häufig ist es im Eigeninteresse sowohl der Schornsteinfeger als auch vieler Heizungsbauer, wenn weiter fossile Heizungen verbaut werden.
»Erst mal Ruhe bewahren«
Die Heizung ist ohnehin nur ein Baustein bei der Sanierung eines Hauses – und zwar in der Regel einer der letzten. »Es gilt erst einmal Ruhe zu bewahren und sich den Status quo des Hauses anzusehen«, rät Fachmann Bolln. Eigentümer sollten zunächst die bestehende Anlage optimieren, bevor sie sich Gedanken machen, auf welche Alternative sie setzen. Dann gelte es, den Energieverbrauch durch geeignete Sanierungsmaßnahmen zu senken. Neben einem Fenstertausch kommt etwa die Dämmung der Decken, Wände und des Dachs infrage.
Energieberater Bolln hat in den vergangenen Wochen eine Reihe von Eigentümern beraten, die ihren Heizverbrauch durch Dämmmaßnahmen massiv senken konnten. In den meisten Fällen brauchte es einen Heizungstausch gar nicht. »Oftmals ist dieser gar nicht nötig«, sagt er. Zumal das Gebäudeenergiegesetz eine Übergangsfrist von fünf Jahren bei einer irreparablen Heizungshavarie vorsieht. Auch Mittmann wird erst einmal seine alte Gastherme weiter betreiben.
Doch nicht immer können Hausbesitzer den Heizungstausch auf die lange Bank schieben. Oft reichen die Dämmung der Wände und der Einbau neuer Fenster nicht aus, um den Energieverbrauch genug zu senken. Es kann auch sein, dass die alte Heizung in diesen Tagen den Geist aufgibt, dann müssen Eigentümer schnell entscheiden.
In diesem Fall sollten Eigentümer zunächst einen Blick auf die kommunale Wärmeplanung werfen. Sie gibt vor, welche Heiztechnologien künftig in einzelnen Straßenzügen zur Verfügung stehen werden und welche nicht. Der Gesetzentwurf dazu sieht vor, dass Großstädte ihre Pläne zur Wärmeversorgung bis 30. Juni 2026 vorlegen müssen. Für Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern soll die Frist bis Mitte 2028 laufen.
Wenn die Wärmeplanung für das betroffene Haus künftig ein Wärmenetz oder Wärmepumpen vorsieht, darf ab dem Zeitpunkt grundsätzlich keine neue Gastherme mehr installiert werden. Allerdings können Haushalte, deren alte Heizung irreparabel kaputtgeht, bis zu fünf Jahre lang eine fossile Übergangslösung nutzen.
Wer ab dem kommenden Jahr eine neue Gasheizung einbauen lässt, obwohl der Wärmeplan in seiner Kommune noch nicht fertig ist, der muss künftig gewisse Ökoquoten erfüllen: Von 2029 an muss die Heizung die Wärme zu mindestens 15 Prozent mit Biomethan, grünem oder blauem Wasserstoff oder dessen Derivaten erzeugen. Der Anteil soll im Jahr 2035 auf mindestens 30 Prozent steigen, 2040 dann auf 60 Prozent.
Diese Quoten zu erfüllen, kann schwierig werden, falls in der jeweiligen Region kein Wasserstoffnetz entsteht und das Angebot an Biomethan nicht deutlich wächst. In diesem Fall müssten Besitzer ihre Gasheizung mit anderen klimafreundlichen Heizungssystemen wie einer Wärmepumpe oder Holzpelletheizung kombinieren. Es drohen dann also weitere Investitionskosten.
In den meisten Fällen wird es laut Energieberater Bolln deshalb auf die Wärmepumpe hinauslaufen. Auch bei seinem Kunden Mittmann in Hamburg hält er ein solches Gerät langfristig für die beste Option. Aus seiner Sicht könnte das Gerät im Schuppen vor dem Haus platziert werden, es braucht lediglich eine Leitung in die Küche. Eine Perspektive, die Mittmann gar nicht bedacht hatte.
Für Eigentümer wie Mittmann kann sich das Abwarten lohnen. Denn Wärmepumpen werden ständig weiterentwickelt, könnten in einigen Jahren deutlich kleiner sein als heute. Noch dazu könnten sie wegen des Aufbaus einer Massenproduktion deutlich günstiger werden. Auf diesen Effekt hofft auch die Bundesregierung.
Andererseits kann sich ein schnellerer Heizungstausch lohnen, weil er vom Staat derzeit üppig gefördert wird. Bis zuletzt schnürten die Verhandler der Ampelparteien das entsprechende Förderpaket immer wieder auf. Die Verhandler schufen Programme mit knackigen Namen wie »Speed-Bonus« und »Konjunktur-Booster«, mit denen die Wärmewende in Deutschland endlich wieder an Fahrt aufnehmen sollte. Ein Großteil der Maßnahmen wurde beim Wohnungsbaugipfel im September beschlossen. Doch im Zuge des Haushaltsstreits wurden die jüngsten Ausweitungen des Förderprogramms wieder gestrichen.
Wie viel Förderung es ab 2024 gibt
Dennoch wird die Grundförderung höher ausfallen als bislang. Vom 1. Januar 2024 an steigt sie für Heizungen mit erneuerbaren Energien von 25 auf 30 Prozent, auch der Fernwärmeanschluss wird künftig mit 30 Prozent gefördert (siehe Tabelle).
Die maximal förderfähigen Investitionskosten sind bei 30.000 Euro gedeckelt. Bei der Förderung sollen die 70 Prozent nicht überschritten werden. Es winken also bis zu 21.000 Euro.
Nicht immer ist man mit der neuen Förderrichtlinie besser dran als bisher, rechnet Energieberater Bolln vor: Wenn man etwa beim Einbau einer größeren Wärmepumpe auf Kosten von 60.000 Euro kommt, bekommt man nach der alten Richtlinie einen maximalen Zuschuss von 40 Prozent, also 24.000 Euro. In diesem Fall sei es ratsam, den Antrag noch in diesem Jahr zu stellen.
Für die meisten Eigentümer dürfte aber gelten: Die Zuschüsse für den Heizungstausch werden üppiger. Die neue Förderrichtlinie soll am 29. Dezember im Bundesanzeiger veröffentlicht werden und ab 1. Januar gelten.
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