Schwäbische Zeitung hier Von Philipp Richter
Regionalplan ist jetzt gültig - Wie es mit Vorhaben in Grund und dem Protest weitergeht
Die umstrittene Kiesgrube in der Nähe des Vogter Ortsteils Grund im Kreis Ravensburg steht kurz vor dem Genehmigungsverfahren. Bis Wald gerodet wird und gegraben werden kann, wird es allerdings noch eine ganze Zeit lang dauern. Denn noch fehlt der wichtigste Baustein für den Aufschluss der neuen Grube: die Genehmigung. Außerdem klagen die Gemeinden Baienfurt und Baindt gegen den Regionalverband Bodensee-Oberschwaben, weil sie mit der Kiesgrube nicht einverstanden sind.Im nächsten Jahr wird es einen weiteren Schritt in Richtung Kiesabbau im Altdorfer Wald geben, denn das Kiesunternehmen „Meichle und Mohr“, zu dem die Kiesgesellschaft Karsee in Grenis gehört, hält weiter an seinem vor Jahren gefassten Plan fest. „Wir möchten nächstes Jahr mit dem Genehmigungsverfahren beginnen“, sagt „Meichle und Mohr“-Geschäftsführer Oliver Mohr auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“.
Nachdem das Unternehmen im November 2017 ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren beim Regierungspräsidium Tübingen gestartet hat, ließ es dieses zunächst ruhen, nachdem der Protest in der Bevölkerung immer größer wurde. Mit diesem Verfahren wollte das Unternehmen einen frühzeitigen Baubeginn noch vor Fertigstellung des neuen Regionalplans erwirken. Damals hieß es vonseiten des Unternehmens: Sobald der neue Regionalplan gültig ist, wolle man mit dem üblichen Genehmigungsverfahren starten.
Das ist jetzt der Fall. Nachdem das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen in Stuttgart den umstrittenen Regionalplan im September mit Verzögerung genehmigt hat, gab es erstmals grünes Licht für den Kiesabbau, da die neue Kiesgrube weiterhin Bestandteil des Regionalplanes ist. Mit der Veröffentlichung im Staatsanzeiger am 27. November ist der neue Regionalplan nun gültig und verbindlich, wie Regionalverbandsdirektor Wolfgang Heine sagt. „Erweiterungen oder neue Gruben mussten lange ruhen. Im Allgäu gab es deswegen bereits Engpässe. Jetzt können diese in die Genehmigungsverfahren einsteigen“, so Heine.
Kiesunternehmer Oliver Mohr erklärt, dass er am bisher bekannten Konzept für die neue Kiesgrube im Altdorfer Wald festhalten will. Geplant ist eine Kiesgrube auf einem rund elf Hektar großen Gelände im Altdorfer Wald bei Vogt-Grund. Angedacht war auch, die im Altdorfer Wald gebrochenen Steine ins Kieswerk nach Grenis zu transportieren, um sie dort aufzubereiten. Dort steht auch eine für die Region bedeutsame Asphaltmischanlage, die mit dem Kies beliefert wird. Auch gegen diese Anlage gibt es Protest.
„Wir stehen hier aber noch ganz am Anfang“, sagt Mohr. Sämtliche Umweltthemen, aber auch Auflagen und die Pflicht zur Rekultivierung der abgebauten Fläche werden im Genehmigungsverfahren beim Landratsamt Ravensburg abgearbeitet. Wie lange dieses Verfahren dauern wird, ist noch nicht abzuschätzen. Mohr geht von circa zwei Jahren aus, „ein Jahr wäre wirklich sehr sportlich“. Abhängig sei die Dauer einerseits vom Untersuchungsrahmen, den die Genehmigungsbehörde festsetzt, und auch von den Gutachtern, die derzeit auch wegen der vielen Windpark-Projekte stark ausgelastet sind. Das heißt, schätzungsweise wird sich in Grund vor 2026 nichts tun.
Für die Waldbesetzer, die sich seit Februar 2021 mit einem Baumhauscamp gegen den Kiesabbau positionieren, ist aber klar, dass sie trotz allem bleiben werden. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir bleiben, bis die Kiesgrube verhindert ist oder der Wald hier für das Projekt gerodet wird. Notfalls bleiben wir bis zum bitteren Ende, auch wenn wir natürlich hoffen, dass wir einfach so gehen können“, sagt Samuel Bosch, einer der Begründer des Baumhauscamps. Das heißt, freiwillig werden sie ihr Camp nicht räumen. Deswegen ist aus heutiger Sicht wohl mit einem größeren Polizeieinsatz im Altdorfer Wald zu rechnen, wenn die Rodung ansteht.
Dies wird kein einfaches Unterfangen sein. Über die vergangenen knapp drei Jahre haben die Klimaaktivisten, die gegen die Kiesgrube protestieren, mehrere Baumhäuser in dem betroffenen Waldstück bei Grund gebaut. Inzwischen ist eine Art Infrastruktur im Wald entstanden. Auch Aktivisten aus anderen Teilen Deutschlands sind in den vergangenen Jahren an- und wieder abgereist. Bosch: „Für uns ist dies nicht nur ein Ort zum Absitzen, sondern auch ein Ort zum Austausch für die Klimabewegung.“
Vor allem gehe es ihnen um die Öffentlichkeit. „Auch wenn es so aussieht, als ob unser Protest keine Wirkung hat, ist es so nicht. Uns geht es nicht nur um diesen Wald, sondern um das Thema Klimagerechtigkeit und Bauen allgemein“, sagt Samuel Bosch. Die Aktivisten kritisieren, dass immer noch zu viel mit CO2-intensivem Beton gebaut werde. Und zur Herstellung von Beton benötigt man unter anderem Kies. „Wir geben nicht auf und wollen jetzt nach Fledermäusen suchen, die wir hier täglich sehen“, sagt Bosch. Sie wollen Argumente dafür liefern, dass der Wald doch nicht gerodet werden darf.
Auch wenn der neue Regionalplan jetzt gültig und verbindlich ist, laufen derzeit noch Klagen. So ziehen die Gemeinden Baienfurt und Baindt vor den Verwaltungsgerichtshof (VGH) nach Mannheim, um gegen den Regionalverband Bodensee-Oberschwaben zu klagen. Beide Gemeinden beziehen ihr Wasser aus den Quellen Weißenbronnen in der Nähe der geplanten Kiesgrube und befürchten negative Auswirkungen durch den Kiesabbau. „Wir sind der Meinung, dass bei der Regionalplanung Aspekte der Geologie und der Hydrogeologie nicht ausreichend berücksichtigt worden sind“, sagt etwa Baienfurts Bürgermeister Günter A. Binder. Außerdem wird kritisiert, dass der Regionalverband ein Ausschlussgebiet für Kiesabbau im alten Plan in ein Vorranggebiet für Kiesabbau im neuen Plan umgewandelt hat.
Mit einer Entscheidung ist nach Einschätzung des VGH allerdings erst in ein bis zwei Jahren zu rechnen.
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