Mittwoch, 5. April 2023

Der grüne Anstrich trügt

 02.04.2023  hier im Südkurier

Um Nachhaltigkeitsversprechen auf Verpackungen kommt man beim Wocheneinkauf kaum noch herum. Die Nachfrage ist da. Viele Menschen wollen nachhaltiger leben und achten darauf, weniger Müll zu produzieren. So greifen viele nach Verpackungen, die nachhaltig wirken. „Darauf haben die Hersteller reagiert“, sagt der Umweltexperte Philip Heldt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Leider nicht unbedingt damit, dass sie wirklich nachhaltige Verpackungen angeboten haben.“ Viele Verpackungen würden stattdessen als nachhaltig tituliert, obwohl sie nicht anders seien als zuvor.

Jeder Hersteller kann sich „zu 100 Prozent recycelbar“ oder „nachhaltig“ auf die Verpackung drucken lassen. „Und da das Ganze für den Verbraucher nicht überprüfbar ist, hat das sehr viel von Greenwashing“, sagt Rolf Buschmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Greenwashing bedeutet, dass etwas als nachhaltig oder umweltfreundlich dargestellt wird, obwohl das gar nicht der Fall ist. Oft stehen Marketinggründe dahinter. Das sind die Greenwashing-Tricks der Hersteller:

  • Nicht alles was grün ist, ist nachhaltig. Die Hersteller stellen vor allem durch die Optik die Verpackung als besonders nachhaltig dar. Ein gängiger Marketing-Trick: grüne und braune Farbtöne. Aber auch eine Papieroptik weckt bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern den Anschein, dass die Verpackung besonders nachhaltig sei. Papier und Plastik hätten jedoch eine sehr ähnliche Ökobilanz, so Philip Heldt. Rolf Buschmann kritisiert Aussagen wie „nachhaltige Verpackung“ oder „100 Prozent recycelbar“ stark: „Das ist in den wenigsten Fällen tatsächlich verifizierbar. Da fehlt es an klaren Vorgaben.“

  • Die Herstellung von Verpackungen verbraucht immer CO2. Und auch Philip Heldt sagt: Der Begriff nachhaltig sei nicht geschützt. „Ich kann das einfach drauf drucken, weil es wird immer eine andere Verpackung geben, die mehr CO2 verbraucht oder einen größeren Umwelt-Fußabdruck hat.“ Bei der Aussage „Die Verpackung ist klimaneutral“ etwa sollte man laut Heldt lieber zweimal hinschauen. Es kann zwar sein, dass das Unternehmen zum Beispiel durch die Unterstützung von Projekten CO2 kompensiert. ....Das heißt, dass eine Einwegverpackung an sich nie wirklich klimaneutral sein kann.

  • „100 Prozent recycelbar“ – geht das überhaupt? Was bedeutet es, wenn „zu 100 Prozent recycelbar“ auf der Verpackung steht? Dann kann es zwar sein, dass die Verpackung theoretisch aus recycelbaren Materialien besteht. In der Praxis wird das laut Buschmann jedoch nicht umgesetzt: „Eine hundertprozentige Recycling-Fähigkeit gibt es eigentlich bei keinem Material. Es wird immer Verluste geben.“ ....

  • Verbundmaterialien sind die Endgegner der Sortiermaschine. Manche Verpackungen können weder vom Verbraucher noch von der Sortiermaschine richtig getrennt werden. Laut Philip Heldt ist Plastik als Verpackungsmaterial bei den Verbrauchern sehr in Verruf geraten. ...

  • So können Sie wirklich Verpackungsmüll sparen. Man kann versuchen, Verpackungen ganz zu vermeiden, etwa bei Obst und Gemüse. Für die Frischetheke empfiehlt Buschmann, eine eigene Dose mitzunehmen. Die Umweltexperten empfehlen, auf Mehrwegsysteme zurückzugreifen. „Mehrwegverpackungen sparen durch ihre höhere Umlaufzahl natürlich immens an Ressourcen ein“, sagt Rolf Buschmann. Weitere Tipps von Philip Heldt: Lieber größere Verpackungen kaufen als viele kleinere. ....

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