Samuel Bosch und weitere Klimaaktivisten besetzen den Altdorfer Wald, um dessen Rodung für den Kiesabbau zu stoppen. Foto: picture alliance/dpa | Felix Kästle.
....Eine seiner neueren Aktionen beschäftigte jetzt auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Er hatte die Regierung von Schwaben in Augsburg unter anderem als korrupt bezeichnet. Gegen seine diesbezügliche Verurteilung wegen übler Nachrede hatte er Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a Grundgesetz (GG)) eingereicht. Die Karlsruher Richter gaben Bosch am Donnerstag recht und ordneten eine neue Verhandlung am Amtsgericht (AG) Augsburg an (Beschl. v. 04.04.2024, Az. 1 BvR 820/24), weil das Gericht die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Grundgesetz (GG) nicht hinreichend berücksichtigt habe.
Protest gegen Regierung von Schwaben
Die Protestaktion, um die es hier ging, richtete sich gegen den damaligen Regierungspräsidenten Erwin Lohner. Bosch hatte mit weiteren Aktivisten im Oktober 2022 die Bezirksregierung von Schwaben in Augsburg besetzt und den damaligen Regierungspräsidenten als korrupt bezeichnet. Sie hatten auch ein Banner mit der Aufschrift "Lohwald-Rodung trotz laufender Gerichtsverfahren? Frech!" an der Fassade der Regierung angebracht. Außerdem hatten die Aktivisten Lohner vorgeworfen, den Lohwald zu "verhökern".
Hintergrund der Protestaktion war eine Genehmigung im Zusammenhang mit einer Waldrodung, die von den Aktivisten scharf kritisiert wurde. Zum Zeitpunkt der Rodung war der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit der Prüfung der Rechtswidrigkeit des Rodungsvorhabens beschäftigt. Der Lohwald wurde im Herbst 2022 – trotz der laufenden Klage – für die Erweiterung eines Stahlwerks vorzeitig gerodet.
Für diese Protestaktion war der damals 20 Jahre alte Klimaaktivist im Juni 2023 zusammen mit einer weiteren Angeklagten vom AG Augsburg wegen übler Nachrede gegen Personen des politischen Lebens (§ 188 Strafgesetzbuch (StGB)) sowie Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) verurteilt worden. Das Landgericht (LG) Augsburg bestätigte die Entscheidung. Verurteilt wurde er zu drei Wochen Jugendarrest (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 Jugendgerichtsgesetz (JGG)).
BVerfG: Äußerungen nicht ausreichend an Art. 5 GG gemessen
Vor dem BVerfG hat Bosch nun einen Erfolg erzielt. Das Gericht bemängelte, dass bei der Verurteilung wegen übler Nachrede aufgrund des Korruptionsvorwurfs das Recht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) von den Augsburger Richtern unzureichend geprüft worden sei. Der Beschluss des Gerichts liegt noch nicht vor. Eigenen Angaben der Aktivisten zufolge soll das Gericht ausgeführt haben, dass die Begründung, mit der die Augsburger Gerichte vom Vorliegen einer Tatsachenbehauptung ausgingen – und damit § 188 StGB bejahten –, verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht genüge und damit den grundrechtlichen Schutz der Meinungsfreiheit verkürze. Insbesondere hätten die Gerichte jeweils keinerlei Einordnung in den Kontext vorgenommen.
Das BVerfG hob die entsprechenden Urteile gegen den Klimaaktivisten deshalb auf (§ 95 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG)). Jetzt ist das AG Augsburg wieder an der Reihe und muss erneut entscheiden. Die Karlsruher Richter betonten, dass damit nicht entschieden sei, ob die Aussage über den hohen Regierungsbeamten zulässig gewesen sei. Der Tatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB) sei bislang auch nicht Teil des Verfahrens gewesen. Auf den Aspekt des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) gingen sie in der Entscheidung nicht im Detail ein.....
Nach Angaben der Klimaschützer musste der verurteilte Aktivist wegen der Verfassungsgerichtsentscheidung nun vorzeitig aus dem Arrest entlassen werden, den er gerade absaß. Seinen Aktivismus kann er daher jetzt wieder außerhalb der Göppinger Mauern fortführen.
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