Freitag, 26. April 2024

Vertikale Photovoltaik als Eierlegende Wollmilchsau?

Sollte es dieses rätselhafte mystische Wesen, bekannt aus zahlreichen Erzählungen, tatsächlich doch noch geben? Wenn es dem Fortschritt im Sinne des Energiewandels nützen würde - umso besser!

hier Merkur

Pilotprojekte in Gilching und Unterbrunn

Gautinger Unternehmer startet mit vertikaler Fotovoltaik weltweit durch - Lösungen für den Mittelstand

links: Symbolbild  hier


Lange hat Philipp Sinn vor allem eins getan - geforscht. Das fing mit seiner Promotion 2014 an, bei der er nachwies, dass sich aus Meereswellen Strom erzeugen lässt (was deutlich komplexer ist, als es klingt). So ging das ein paar Jahre, bei Konferenzen und Podiumsdiskussionen war der Gautinger mit seinem Wissen und seinen Visionen ein gern gesehener Gast. „Aber irgendwann war ich es leid, das Zirkuspferd zu spielen, das seine Kunststückchen macht, während die anderen Prosecco trinken.“

Jetzt soll es deshalb mit Volldampf an die Umsetzung gehen: Seinen vertikalen Fotovoltaikanlagen, die sich bei Starkwind in die Horizontale legen können und auf die er das weltweite Patent besitzt, dürfte die Zukunft gehören. Zwei von drei Demo-Anlagen kann man demnächst im Landkreis sehen, nämlich auf dem Jais-Weihers in Gilching und auf einem Acker in Unterbrunn. Der dritte Anwendungsfall, nämlich auf einem begrünten Hochhausdach, wird in in der Nähe von Stuttgart erprobt. „Jetzt fühle ich mich als das, was ich immer sein wollte“, sagte er. „Als Unternehmer.“

Sinn (45) sprach auf Einladung der Ortsgrünen, die sich am Montag im Bosco – nach den Themen Geothermie und Windkraft – jetzt der neuartigen Technik widmeten. ......

Sinn selbst - Sohn von Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des Insituts für Wirtschaftsforschung - bezeichnet sich als leidenschaftlichen Ingenieur. „Schon als Jugendlicher hatte ich das schnellste Moped in Gauting, bis mich die Polizei aufgehalten hat“, erzählte er. Sein Unternehmen an der Germeringer Straße sei in drei Ländern vertreten (Deutschland, Griechenland, Türkei) und beschäftige 40 Mitarbeiter. Der Markteintritt ist kürzlich erfolgt. „Wir konzentrieren uns voll auf den Mittelstand und bieten Unternehmen wie Brauereien und Kieswerken, die einen großen Energieverbrauch haben, maßgeschneiderte Lösungen an.“ In der Wissenschaft sei er gut vernetzt. „Ich weiß ziemlich genau, wo gerade was erforscht wird.“ Außerdem gehört er dem Mittelstandsbeirat der Bundesregierung an und berät Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Die vertikalen Module bezeichnete der Ingenieur und Geschäftsmann als „eierlegende Wollmilchsau“, einfach, weil sie allen Ansprüchen genügen. Da ist zum einen der Flächenverbrauch, der gegen Null tendiert und aus genau diesem Grund auf wertvollen Böden weiterhin Bewirtschaftung durch die Landwirte zulässt. Da ist zum anderen die Möglichkeit, durch die Ost-West-Ausrichtung die Morgen- und Abendsonne zu nutzen, anders als die bislang üblichen Freiflächenanlagen, die dem Netz das berüchtigte „Mittags-Peak“ bescheren (die Vergütung morgens und abends ist deutlich höher). Und da ist der große Vorteil, dass die Anlagen nicht metertief in den Boden gerammt werden müssen, wodurch sogar eine Nutzung in einem Wasserschutzgebiet möglich ist. Übrigens: Man muss sich keine Sorgen machen, dass die Module extremen Windgeschwindigkeiten nicht standhalten: Auch der Jahrhundertsturm kurz vor Weihnachten konnte ihnen auf einer Testfläche bei Sindelfingen nichts anhaben.....

Sinn, der sich als Fan von „Cleantech“ (saubere Technologie) made in Germany bezeichnete, hat für Deutschland eine Sorge: Dass das Gleiche passiert wie in den 2000er-Jahren, als deutsche Patente komplett nach China verkauft wurden. „Das darf uns nicht wieder passieren“, sagte er. Er für seinen Teil schloss kategorisch aus, seine Erfindungen meistbietend an den Mann zu bringen. „Sicher könnte ich mir ein paar schicke Autos kaufen und den Rest meines Lebens auf Mallorca verbringen. Aber das werde ich auf keine Fall tun.“

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