Sonntag, 9. April 2023

Klimaschutz: SPD fordert parlamentarische Kontrolle der Regierung bei Klimazielen

Zeit hier Von Fabian Reinbold  7. April 2023,

Der Klimaschutzstreit belastet die Koalition. Nun will die SPD-Fraktion das Einhalten der Klimaziele überprüfen. Sie geht auf Distanz zur FDP – und zum Bundeskanzler.

Am Klimaschutzgesetz hat sich der größte Streit der Ampel-Koalition entzündet. SPD und FDP setzten im Koalitionsausschuss zum Ärger der Grünen eine Lockerung der Regeln durch: Die Obergrenzen für einzelne Sektoren wie das Verkehrswesen oder den Bausektor, die die Klimaziele in den vergangenen zwei Jahren gerissen hatten, wurden aufgeweicht.

Die SPD-Fraktion will dem Bundestag nun stärkere Kontrollrechte beim Klimaschutz einräumen. Beim Klimaschutzgesetz brauche es mehr Verbindlichkeit, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch ZEIT ONLINE: "Bislang hatte das Parlament keine Handhabe, wenn die Bundesregierung einfach kein Klimaschutzsofortprogramm vorgelegt hat. Da braucht es zusätzliche Hebel für das Parlament."

Miersch widersprach der Kritik der Grünen: "Es scheint in der Klimadebatte nur gut oder böse zu geben. Hier müssen alle Seiten verbal abrüsten. Wir müssen unser Klima schützen. Dabei ist das Klimaschutzgesetz unser zentrales Werkzeug", sagte Miersch. "Mit uns gibt es kein Aufweichen der Klimaziele." Zuletzt hatte Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) die Auswirkungen der Beschlüsse auf den Klimaschutz heftig kritisiert. Im Interview mit ZEIT ONLINE sagte der Wirtschaftsminister: "Ich gebe kein Geheimnis preis, wenn ich sage, dass die dort verabredeten Maßnahmen in keinem Fall dazu führen, dass Deutschland seine Klimaziele im Verkehrsbereich einhalten kann. Die verabredeten Maßnahmen reichen in der Summe nicht, um die Lücke zu füllen."

Der Vorstoß der SPD ist auch eine Reaktion auf Kritik wie diese. Wie genau die Fraktion dafür sorgen will, dass der Bundestag die Bundesregierung in der Frage stärker kontrollieren kann, ließ Vizechef Miersch offen: Man stehe "am Anfang der parlamentarischen Beratungen". Zunächst muss Wirtschaftsminister Habeck eine Gesetzesnovelle vorlegen. Unklar ist, ob der Bundeskanzler das Ziel seiner SPD-Fraktion teilt. Denn es war Olaf Scholz, der in den Verhandlungen im Koalitionsausschuss die Sektorenziele zwischenzeitlich sogar vollständig streichen wollte, wie ZEIT ONLINE berichtete.

In seiner bisherigen Form kennt das Klimaschutzgesetz keine Sanktionsmöglichkeit des Parlaments. Das Gesetz schreibt jährlich verbindliche Ziele und Emissionsmengen für den Energiesektor, die Industrie, die Gebäude, den Verkehr, die Landwirtschaft und die Abfallwirtschaft vor. Werden die Obergrenzen gerissen, muss das zuständige Bundesministerium nacharbeiten. Lediglich ein Expertenrat für Klimafragen prüft die Nachbesserungen. Sind diese ungenügend, folgt daraus jedoch nichts.

SPD-Politiker Miersch geht auch in einem weiteren Aspekt des Klimaschutzes auf Distanz zur FDP. Miersch kritisierte Forderungen der Liberalen, mittels einer vorgezogenen CO2-Bepreisung die Sektorziele zu erreichen. "Klimaschutz mittels Emissionshandel oder CO2-Preis klingt abstrakt und harmlos, hat aber gravierende soziale Folgen: Es sorgt dafür, dass sich Wohlhabende einfach weiter jede Klimasünde leisten können, während das Leben von Normalverdienern unbezahlbar zu werden droht." Die FDP hatte vorgeschlagen, den Emissionshandel schon im kommenden Jahr beginnen zu lassen. Die daraus resultierenden höheren Preise für Kohlendioxid sollen Anreize bieten, im Verkehrs- und Baubereich stärker als bisher Emissionen einzusparen.

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